Donnerstag, 29. Dezember 2022

Anlagekommentar November 2022 - Schwächere Inflation lässt Anleger jubeln und sorgt für vorübergehende Entspannung

 Wenn eine Vollbeschäftigung herrscht, was derzeit in Europa und den USA der Fall ist, steigt der Tendenz nach die zugrundeliegende Inflation (annäherungsweise erkennbar in der Kerninflation). Sowohl in der Eurozone als auch in den USA war in den letzten Monaten die monatliche Kerninflation aus Sicht der Zentralbanken deutlich zu hoch. Überlagert wird die zugrundeliegende Inflation insbesondere von den Energiepreisen. Rückläufige Preise für Erdöl und in Europa für Erdgas sowie Strom, sorgen hier derzeit für eine Entlastung.

Anders als noch im Frühjahr 2022 haben sich die globalen Lieferketten mittlerweile weitgehend normalisiert. Zudem helfen tiefere Preise für Industriemetalle, den Inflationsdruck etwas zu mildern. Während der Inflationsdruck im Bereich Energie, Rohstoffe und Lieferketten damit nachlässt, ist eine Entwarnung seitens Notenbanken nicht absehbar, da die konjunkturellen Voraussetzungen (schwächere Arbeitsmärkte) dafür noch nicht gegeben sind.

Entwicklung der Anlagemärkte im November 2022

Die Erholung der Kapitalmärkte setzte sich im November fort. So konnte der weltweite MSCI World Index um +6,8 Prozent ansteigen. Eine Unterstützung bekam die Aufwärtsbewegung durch die moderateren Inflationsdaten, sinkende Ölpreise, starke Arbeitsmärkte in der westlichen Welt und Gerüchte, dass China seine Null-Covid-Politik lockere. Die Hoffnung dass die Inflationsrate in den USA und auch in der Eurozone ihren Höhepunkt überschritten habe, sorgte für positive Impulse für die Börsenkurse. So konnten die amerikanischen S&P 500 Index um +5,4 Prozent, Dow Jones Industrial Average Index um +5,7 Prozent und der NASDAQ 100 Index um +5,48 Prozent zulegen.

Die  Gerüchte, das Peking nach anhaltend schwachen Konjunkturdaten einen Kurswechsel seiner strikten Covid-Politik forcieren würde, sorgte beim SSE Composite Index für einen Zuwachs von +8,9 Prozent. Von dieser Entwicklung profitierten auch die europäischen Aktienmärkte. So konnte der deutsche DAX Index um+ 8,6 Prozent zulegen und der französische CAC 40 Index konnte mit +7,5 Prozent auch ein starkes Ergebnis erzielen. Selbst im derzeit krisengeschüttelten Großbritannien schaffte der FTSE 100 Index einen Zuwachs von +6,7 Prozent.

Auch an den Rentenmärkten ging es weiter aufwärts, was sich beim globalen Bondindex mit einem Anstieg um +4,7 Prozent wiederspiegelte. An den Rohstoffmärkten spielte China eine große Rolle und beflügelte dadurch die Kurse. So zogen die Preise für Industriemetalle meist zweistellig an. Gold gewann +8,3 Prozent nach Nachrichten über Zentralbankkäufe. Abwärts ging es dagegen mit dem Ölpreis. Die Gerüchte, dass Saudi-Arabien eine Produktionsausweitung plane, drückten den Preis.

Short Selling - Ob es sich lohnt und wie es funktioniert

Durch den Hype um Meme-Aktien ist das Short Selling (deutsch: Leerverkauf) stärker in den Fokus der Berichterstattung gerückt. War es früher ein Bild von unmoralischen Spekulanten, die ihr Geld damit verdienten, in dem sie andere Firmen zugrunde richten. Aber stimmt dieses Bild noch und können nicht auch Privatanleger „short sellen“? Was spricht dafür und was dagegen? Der Begriff Short Selling ist mittlerweile durchaus einem breiteren Publikum bekannt, es umgibt ihm aber immer noch etwas Mystisches. Es ist dabei grundsätzlich nicht kompliziert: Beim Short Selling setzt ein Anleger darauf, dass der Kurs eines bestimmten Wertpapiers fällt und kann so im Erfolgsfall eine Rendite erwirtschaften.

Andererseits nutzen manche Anleger das Short Selling aber auch, um sich zu „hedgen“, also abzusichern. Damit möchte man mit dem Leerverkauf keinen direkten Gewinn erzielen, sondern mögliche Verluste einer anderen Position des Portfolios begrenzen. So hat man sich für verschiedene Szenarien abgesichert. Diese Anlagestrategie ist insgesamt als sehr spekulativ anzusehen und somit als überaus risikoreich einzuordnen. Deshalb sollte dies nur von erfahrenen Anlegern angewendet werden.

Wie wird eine Shortposition aufgebaut?

Wie der Kauf von Wertpapieren funktioniert, dass wissen sicher die meisten Anleger. Beim Shorten wird es allerdings technisch etwas komplexer. Nicht nur große professionelle Anleger wie Hedgefonds können „short gehen“, auch Privatanleger haben diese Möglichkeit.

Nachfolgend sollen die vier gängigsten Methoden aufgezeigt werden:

  • Der klassische Leerverkauf
    Beim klassischen Leerverkauf leiht sich der Shortseller eine höhere Stückzahl der Aktie, von der er glaubt, dass sie im Wert fallen wird und verkauft diese Aktien dann am Markt für den aktuellen Kurs. Der Shortseller setzt nun darauf, dass der Kurs der Aktie fällt und er sie zu einem geringeren Preis wieder zurückkaufen kann, um seine geliehene Position wieder auszugleichen. Wenn die Wette erfolgreich war, streicht der Shortseller jetzt die Differenz zwischen der ursprünglichen Aktienpositionen und der später gekauften Aktienposition ein. Geht die Wette nicht auf, kann das ziemlich teuer für denjenigen werden, der sie platziert hat, denn er muss trotzdem seine geliehene Position begleichen. Da eine Aktie, zumindest theoretisch, unbegrenzt im Kurs steigen kann, sind auch den Verlusten hier keine Grenzen gesetzt. Diese Methode ist besonders risikoreich und wird in der Regel hauptsächlich von Profis eingesetzt.
  • Optionen
    Anleger können mit so genannten Put-Optionen ebenfalls auf sinkende Kurse wetten. Wer die eine Put-Option kauft, erwirbt damit das Recht, den festgelegten Basiswert zum in der Option festgelegten Preis (Ausübungspreis) zu verkaufen. „Basiswert“ ist in dem beschriebenen Szenario eine Aktie, auf deren Wertverfall der Anleger wettet. Der Basiswert kann allerdings auch eine Währung, ein Rohstoff oder ein Index sein. Wenn der Basiswert über dem Ausübungspreis bleibt, muss der Anleger die Aktie nicht erwerben. Anders als beim Leerverkauf sind die Verluste somit auf die, in der Regel bereits sehr hohen, Kosten für den Optionskontrakt begrenzt. Trotzdem handelt es sich hier um ein spekulatives Finanzprodukt.
  • Futures
    Futures entstammen, ebenso wie die Optionen, aus der Familie der Derivate und sind damit ebenfalls den spekulativen Finanzprodukten zuzuordnen. Als Derivate beziehen sich Futures auch auf einen Basiswert. Anders als bei Optionen sind Futures allerdings verpflichtende Kontrakte. Dies heißt: Wer ein Future erwirbt, muss zum vorher vereinbarten Preis den entsprechenden Basiswert kaufen. Nur durch einen Weiterverkauf des Kontrakts lässt sich das verhindern. Auch hier kann der Anleger auf fallende Kurse setzen, wenngleich das Prinzip etwas abweicht.
  • Contract for Difference (CFD)
    Auch die hoch-spekulativen CFDs gehören zu den Derivaten. Im Kern sind sie nichts anderes als eine Wette zwischen Broker und Anleger. Beachten muss man, dass CFDs nicht an der Börse gehandelt werde, sondern nur über spezialisierte Broker. Der Vertrag beinhaltet den konkreten Differenzwert eines Basiswerts (Aktie, Rohstoff, Index, usw.) im Vergleich vom Vertragsabschluss bis zum Vertragsende. Im Falle eines Shorts profitiert der Anleger entsprechend, wenn der Kurs des Basiswerts fällt. Eine Besonderheit von CFDs ist, dass sie in der Regel mit einem Hebel operieren. Nur ein geringer Teil des letztlich eingesetzten Kapitals kommt vom Anleger selbst, die sogenannte „Security Margin“. Der Rest ist Fremdkapital. Somit kann der Anleger einerseits seinen Gewinn erhöhen, aber eben auch seinen Verlust, der bis hin zum Totalverlust führen kann. Eine Nachschusspflicht, wie sie aus dem klassischen Leerverkauf bekannt ist („Margin Call“), wurde im Jahr 2017 bei CFDs untersagt. Damit sind Verluste über den eigenen Kapitaleinsatz hinaus nicht mehr möglich.

Die Risiken und Nebenwirkungen des Short Selling

Insgesamt ist Short Selling durch seinen spekulativen Charakter mit vielen Risiken verbunden und deshalb mit Vorsicht zu genießen. Eine pauschale Verteufelung ist wiederum genauso wenig sinnvoll, wie ein blauäugiger Umgang damit. Vor allem der klassische Leerverkauf ist durch die Nachschusspflicht gefährlich und mit enormen Verlustrisiken behaftet. Aber auch Derivat-basiertes Short Selling ist mit großen Verlustrisiken verbunden. Auch die Kosten sind ein nicht zu vernachlässigender Faktor.

Viele Anleger fragen sich deshalb: Ist nicht gerade in schwierigen Marktphasen das Short Selling eine gute Möglichkeit, um das eigene Portfolio abzusichern? Antwort: Ja und nein. Sich gegen eine negative Marktentwicklung absichern zu wollen, ist keine schlechte Idee. In unerfahrenen Händen kann eine solche Absicherung dennoch schnell "nach hinten" los gehen. Ausreichend Beispiele, wie man sich damit verspektakulieren kann, lieferte der große Meme-Trader-Boom im Jahr 2020, der sich hauptsächlich über Social-Media-Plattform Reddit abspielte. Wie man bei GameStop, AMC & Co. gesehen hat, agierten viele Anleger mit Hebel und blieben auf der Strecke. Nur wenige konnten am Ende tatsächlich die vollen Gewinne mitnehmen und einige haben sich die Finger verbrannt.

Einfach in Aktien investieren mit Solidvest

Beim Robo-Adviser Solidvest-Vermögensverwaltung wird beispielsweise grundsätzlich von spekulativen Investment-Strategien abgesehen und stattdessen auf ein diversifiziertes Einzeltitel-Portfolio und die taktische Steuerung der Asset-Allokation über die Cashquote gesetzt. Zwar birgt jedes Investment am Kapitalmarkt Verlustrisiken, die Risiken und Kosten für Short Selling sind allerdings ungleich höher.

Ausblick auf die zukünftige Kapitalmarktentwicklung

In den kommenden 12 bis 18 Monaten werden die Bekämpfung der Inflation und die Sicherung der Energieversorgung in Europa, die wesentlichen Herausforderungen bleiben. Für die westlichen Volkswirtschaften sieht das Drehbuch in den Grundzügen eine schwächere Konjunktur vor, gefolgt von Zinssenkungen der Notenbanken, wenn die wirtschaftliche Abschwächung als für die Inflationsbekämpfung ausreichend erachtet wird. Spätestens dann dürfte die Inflationsbekämpfung aus Sicht der Kapitalmärkte beendet sein.

Dieser Prozess dürfte jedoch einige Zeit in Anspruch nehmen und zu einer erhöhten Kapitalmarktvolatilität führen. Das Verhalten der US-Notenbank Federal Reserve System (Fed) wird bezüglicher Entwarnungssignale für die Kapitalmärkte zentral bleiben. Die zur Inflationsbekämpfung nötige Konjunkturschwäche ist dann erreicht, wenn sich die US-Wirtschaft entweder für einige Zeit unterdurchschnittlich entwickelt hat oder in eine ausgeprägte Rezession gefallen ist.

Bei der Zinsertragskurve, gemessen wird hier die Rendite der Staatsanleihen über 10 Jahre abzüglich 3 Monate, signalisiert derzeit eine Rezession und damit ein Ende der Hochzinsphase etwa 12 Monate vor einer Rezession. Dieses Segment der US-Zinskurve hatte im Oktober 2022 erstmals eine inverse Entwicklung. Ein Rückgang der Inflation auf die Zentralbankziele von 2 Prozent ist demgegenüber für eine Entwarnung seitens der Kapitalmärkte nicht erforderlich, da die Inflation mit einer schwächeren Konjunktur absehbar sinkt, in aller Regel aber deutlich verzögert.

Als Basisinvestments sind in diesem Umfeld dividendenorientierte Anlagen ein Option. Auch ausgewählte Mischfonds gehören dazu. Für längerfristige Anlagethemen ist ein Fokus auf die „Alternde Gesellschaft", die „Digitalisierung", Klimawandel und Infrastruktur aussichtsreich. Im Anleihenbereich sind weiterhin Unternehmensanleihen aus dem Euroraum dem Vorzug gegenüber Staatsanleihen zu geben. Auch Anleihen von aufstrebenden Ländern und Unternehmen in Hartwährungen sowie Wandelanleihen können als Ergänzungsanlage für eine Depotbeimischung dienen. Auch offene Immobilienfonds können wegen ihrer geringen Schwankungsbreite zur Depotstabilisierung beitragen.

Anlagemärkte Entwicklung

wichtiger Hinweis:
Dieser Bericht dient ausschließlich zu Informationszwecken und die Angaben wurden mit Sorgfalt zusammengestellt. Für die Richtigkeit kann jedoch keine Gewähr übernommen werden. Allein verbindliche Grundlage für den Erwerb von Investmentfondsanteilen sind die jeweiligen Verkaufsprospekte und die jährlichen Rechenschaftsberichte. Diese sind Grundlage für die steuerliche Behandlung der Fondserträge. Die auf Fondsebene anfallenden Kosten (z.B. die Verwaltungsvergütung) wurden berücksichtigt. Die auf Kundenebene anfallenden Kosten (Ausgabeaufschlag und Depotkosten) sind ggfs. nicht berücksichtigt. Bei Fremdwährungen kann die Rendite infolge von Währungsschwankungen steigen oder fallen.

Die Informationen sind unverbindlich und stellen weder eine Anlageempfehlung oder sonstige Beratung, ein Angebot oder eine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder Finanzinstrumenten dar. Sie ersetzen kein persönliches Beratungsgespräch. Eine Anlageentscheidung bedarf der individuellen Abstimmung auf die persönlichen Verhältnisse und Bedürfnisse des Anlegers. Die dargestellten Informationen, Analysen und Prognosen basieren auf dem Wissensstand und der Markteinschätzung zum Zeitpunkt der Erstellung. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Daten sowie das Eintreten von Prognosen wird keine Haftung übernommen. Die frühere Wertentwicklung ist kein verlässlicher Indikator für die künftige Wertentwicklung.

Erläuterungen zu den Berechnungsgrundlagen:
Die Entwicklungen bzw. Endbeträge und Volatilitäten werden auf EUR-Basis berechnet. Grundlage für die Berechnung der Volatilität: Monatliche Returns, logarithmiert, annualisiert. Eventuelle Ausschüttungen bei Investmentfonds werden wieder angelegt. Die Wertentwicklung basiert auf 100 Prozent des Kapitaleinsatzes, die Wertentwicklungen p.a. und Volatilitäten werden aus dem gesamten der Auswertung zugrundeliegenden Zeitraum (wie angegeben) bestimmt.

Externe Quellen:

  • Kategorie-Durchschnitte: monatliche Berechnung durch EDISOFT GmbH über das Fondsuniversum der FVBS-Datenbank
  • Zinsen (Festgeld, Sparbuch): monatliche Durchschnittswerte der Dt. Bundesbank aus Meldungen deutscher Kreditinstitute
  • Inflation: monatliche Zahlen des Statistischen Bundesamts
  • Goldpreis: offizieller Feinunzen-Preis/London
  • Bereich “Short Selling - Ob es sich lohnt und wie es funktioniert“ von DJE Kapital AG

Anlagekommentar November 2022 als ePaper lesen

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Freitag, 23. Dezember 2022

Geldanlageausblick 2023 - Das Motto lautet: Schritt für Schritt aus der Krise!

Wie geht es 2023 an den Kapitalmärkten weiter? Liegt der Tiefpunkt an den Aktienmärkten schon hinter uns oder steht uns dieser erst noch bevor? Investieren oder noch warten? Das sind Fragen, die die meisten Anleger derzeit umtreiben. Übersehen wird dabei, dass niedrige Kursbewertungen große Chancen bieten und Untätigkeit häufig die schlechteste Alternative ist. Langfristig gesehen waren antizyklische Investitionsschritte die beste Entscheidung in allen vergangenen Krisen. Wer in der aktuellen Phase nicht „All In“ gehen möchte, kann über kleinere Investitionsschritte oder einen Sparplan das Risiko eines unpassenden Einstiegszeitpunktes merklich verringern. Im Folgenden soll dieses Thema näher beleuchtet werden.

Die Anlagemärkte zeigen aktuell eine Tendenz, die Hoffnung macht

Immerhin klettern die Kurse seit Anfang Oktober wieder und machen Lust auf mehr. Ein Blick in die Statistik zeigt, dass jeder Bär irgendwann mal zum Bullen wird. Oder genauer gesagt: Die ungeliebten Abschwungphasen dauern im Schnitt 9,6 Monate und haben Anlegern im Mittel Verluste von 36 Prozent beschert. Seit 1928 gab es in den USA insgesamt 26 Bärenmärkte, zwischen deren Eintritt durchschnittlich 3,6 Jahre lagen. Aufwärtsphasen, also Bullenmärkte, dauern dagegen im Schnitt 2,7 Jahre an und bringen 114 Prozent Gewinn. Natürlich gibt es auch sie: Die Abstürze an der Börse nach epochalen Ereignissen wie der Weltfinanzkrise von 2008, die erst nach vielen Monaten wieder ausgebügelt sind. Hier wird Anlegern etwas mehr Geduld abverlangt.

Zu den Lichtblicken eines Bullenmarktes gehört, dass die Baisse Unternehmen zwingt, effizienter und kreativer zu werden. Auch die Politik handelt pragmatischer. Das kann nicht nur die Wende für Konjunktur und Börse bringen, sondern auch die Grundlage für einen langfristigeren Aufschwung schaffen. Darüber hinaus können Krisen aber auch als Auslöser für gesamtgesellschaftlich positive Impulse dienen – etwa bei der Energiewende, der Sanierung von Infrastruktur oder der Verbesserung von Lieferketten.

Der Aktienmarkt greift den grundlegenden Trends der Realwirtschaft auch häufig vor. Statistiken belegen für die letzten 60 Jahre, dass die Börse bereits sechs bis neun Monate vor dem Tiefpunkt der Wirtschaft wieder anzieht. Aktienkurse sind damit ein Frühindikator für die Konjunktur.

Wie sich die Börse in der näheren Zukunft entwickeln wird, bleibt schwer vorherzusagen

Geld- und auch geopolitische Entscheidungen werden auch in den nächsten Wochen und Monaten noch große Auswirkungen haben. Einig sind sich die Marktbeobachter aber in einem Punkt: Mit Blick auf die relativ niedrigen Bewertungen wird auf lange Sicht mit wieder deutlich steigenden Kursen gerechnet. Jetzt auf den besten Einstiegszeitpunkt zu warten, wird sich aber voraussichtlich nicht bezahlt machen. Den kennt man immer nur im Nachhinein.

Statt sich – aus Angst vor einem womöglich falschen „Timing“ – gar nicht erst an die Aktienmärkte zu trauen, sollten Anleger über einen schrittweisen Einstieg in die Märkte nachdenken. Die Aufteilung kann dabei variabel sein. So kann in einem ersten Schritt zunächst „nur“ die Hälfte der Anlagesumme direkt investiert und der restliche Betrag auf mehrere Nachinvestitions-Schritte aufgeteilt werden. Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz von monatlichen Sparplänen. So kann das Timing-Risiko gesenkt und gleichzeitig der „Cost-Average-Effekt“ genutzt werden.

Dieser Durchschnittskosten-Effekt funktioniert wie folgt: Wer zu einem festen Betrag regelmäßig Anteile von Wertpapieren mit hoher Schwankung kauft, erhält auch entsprechend schwankende Mengen dieser Wertpapiere. Bei hohen Kursen wird dann nur eine geringere Anzahl Wertpapieranteile gekauft. Sind die Kurse hingegen günstig, werden auch mehr Anteile gekauft. Der durchschnittliche gezahlte Preis pro Anteil ist damit deutlich niedriger als beim regelmäßigen Kauf einer festen Anzahl von Anteilen. Und wie schon die alte Kaufmannsregel besagt: „Im Einkauf liegt der Gewinn!”

Dieser Effekt ist gerade dann am größten, wenn die Schwankungen am Markt besonders hoch sind – also wie in den letzten Monaten. In Zeiten relativ stabil fallender oder steigender Kurse wirkt er sich hingegen nicht mehr positiv aus.

Wichtiger als die Durchschnittskosten beim regelmäßigen Sparen ist aber vermutlich der psychologische Effekt. Der automatisierte Kauf macht es für Anleger leichter die gewählte Anlagestrategie diszipliniert durchzuhalten. Nachweislich der wichtigste Faktor für den Erfolg einer Anlage! Die geringeren Anlagebeträge schonen die Nerven auch bei schwankenden Kursen und Unsicherheit am Markt. Zwischenzeitliche Kursrücksetzer können sogar ein Grund zur Freude sein. Bieten sie doch die Möglichkeit für günstige Nachkäufe aus der noch gehaltenen Liquidität. Dieser psychologische Vorteil ist nicht zu unterschätzen und verhindert einen panikgetriebenen Abschied aus dem Markt. Denn dieser kostet in der Regel die meiste Rendite.

Fazit
Für Anleger, die der aktuellen Markterholung noch nicht so recht trauen oder von der Sorge um den richtigen Einstiegszeitpunkt gelähmt werden, bietet sich ein schrittweises Vorgehen an. In der Börsengeschichte hat sich immer wieder gezeigt, dass sich Investitionen in schwierigen Zeiten besonders lohnen. Dabei sollte aber nicht versucht werden, den „perfekten“ Einstiegspunkt zu treffen. Dies ist nahezu unmöglich und spielt für langfristig denkende Sparer auch nur eine untergeordnete Rolle. Viel wichtiger ist es, mit Geduld und Disziplin bei der Sache zu bleiben. Oder überhaupt erst in den Markt zu gehen. Denn: Untätigkeit in der Krise ist für Anleger keine gute Alternative.

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Montag, 28. November 2022

Anlagekommentar Oktober 2022 - Internationale Anleger kehren China wegen zunehmenden autokratischem Führungsstil den Rücken

 Für die Finanzmärkte war im letzten Monat am unruhigsten die politische Entwicklung in China, was dafür sorgte, dass der Leitindex Shanghai Composite -4,3 Prozent verlor. Der chinesische Präsident Xi hatte auf dem Parteitag der KP Chinas alle reformorientierten Mitglieder des höchsten Machtorgans gegen treue Gefolgsleute ausgetauscht. Dazu wurde der bisherige Präsidenten Hu Jintao medienwirksam aus dem Kongresssaal geführt und Präsident Xi lies sich nach einer Verfassungsänderung ein drittes Mal wählen.

Der zunehmend autokratische Führungsstil und Xis Präferenz, das Sozialwohl vor das Wirtschaftswachstum zu stellen, verunsicherten vor allem die internationalen Anleger, die ihr Geld en masse aus dem Aktienmarkt abzogen. Gleichzeitig bekräftigte Xi seine unnachgiebige Haltung in punkto Null-Covid-Strategie, die Chinas Wirtschaft in diesem Jahr bereits mächtige Einbußen beschert hat und das Wachstumsziel von 5,5 Prozent immer unwahrscheinlicher erscheinen lässt.

Entwicklung der Anlagemärkte im Oktober 2022

Bei den Anlegern war im Oktober 2022 die Hoffnung auf einen gemäßigteren Zinsstraffungszyklus in den westlichen Volkswirtschaften und eine besser als befürchtete US-Quartalsberichtssaison die Grundlage dafür, dass trotz meist schwächerer Konjunkturindikatoren eine Erholung der Kapitalmärkte einsetzte. So konnte der weltweite MSCI World Index in US-Dollar um +7,1 Prozent zulegen. Der marktbreite S&P 500 Index profitierte dadurch auch kräftig und zog um +8,0 Prozent an. Beim technologielastigen NASDAQ Composite Index belasteten die schwächeren Quartalsergebnisse bzw. vorsichtigen Ausblicke einiger US-Technologieriesen wie Alphabet, Amazon oder Meta, so dass es nur zu einem Zuwachs von +3,9 Prozent reichte.

DAX Entwicklung

Deutschlands und Italiens Leitindizes übernahmen mit +9,4 Prozent beim DAX Index respektive +9,7 Prozent beim FTSE MIB Index die Führungsrolle und keiner der europäischen Länderindizes musste Ende Oktober 2022 einen monatlichen Verlust ausweisen. Am schlechtesten entwickelte sich der britische FTSE 100 Index von den wichtigen Indizes in  Europa und stieg mit +2,9 Prozent unterproportional. Am unruhigsten war jedoch die Entwicklung in China. Der chinesische SSE Composite Index verlor -4,3 Prozent. Präsident Xi hatte auf dem Parteitag der KP Chinas den zunehmend autokratischen Führungsstil weiter befeuert.

Globale Staatsanleihen notierten – nach einer wahren Achterbahnfahrt – zum Monatsende relativ unverändert und an den Rohstoffmärkten sorgten die zunehmenden Wachstumssorgen für gemischte Reaktionen. So sank der als wirtschaftlicher Frühindikator angesehene Kupferpreis um rund -2 Prozent und der Goldpreis reduzierte sich um -1,6 Prozent. Der Ölpreis konnte dagegen einen Preisanstieg von fast +10 Prozent verzeichnen.

Schwellenländer sind für eine Markterholung gut gerüstet

Die Schwellenländer stehen derzeit aus unterschiedlichen Gründen sehr stak im Rampenlicht. Dies beginnt mit dem Russland-Ukraine-Konflikt, gefolgt von der Verhängung massiver Lockdowns in China im April, was weltweite Verwerfungen der Lieferketten auslöste. Für Geldanleger waren die Schwellenländer dadurch schon das ganze Jahr über ein Thema. Experten gehen davon aus, dass zahlreiche Schwellenländer von der makroökonomischen Lage und der Dynamik der Rohstoffmärkte künftig stärker profitieren werden als die Industrieländer.

Denn während sich Europa mit einer Energiekrise und steigender Inflation herumschlagen muss und in den USA angesichts der aggressiven geldpolitischen Straffung durch die Fed eine Konjunkturabkühlung unausweichlich erscheint, werden die Schwellenländer die Hauptnutznießer steigender Rohstoffpreise aufgrund des Ungleichgewichts an den Rohstoffmärkten sein. Bei seiner jüngsten Revision im Juli 2022 senkte der IWF seine Wachstumsprognosen für die USA um 1,3 Prozent auf 1 Prozent und in Deutschland um 1,9 Prozent auf 0,8 Prozent für das Jahr 2023. Auch in den Nicht-Industrieländern kam es zu Wachstumseinbußen, die aber bei den Schwellenländern wesentlich geringer als bei den Industrieländern ausfiel.

Die folgende Grafik zeigt das Wachstumsgefälle zwischen den wichtigsten Schwellen- und Industrieländern. Nach einem langfristigen Rückgang des Wachstumsgefälles wird das relative Wachstum der Schwellenländer voraussichtlich stark anziehen und könnte sich den Niveaus annähern, die zuletzt 2014 zu verzeichnen waren.

Schwellen- und Industrieländern - Vergleich der Wachstumsraten

Die Schwellenländer sind heute wesentlich robuster als während des Taper Tantrum im Jahr 2013

Dies kann man an 3 wesentlichen Punkten festmachen:

  1. Viele Schwellenländer haben ihre außenwirtschaftliche Position verbessert. So hat Indien beispielsweise seine Fremdwährungsreserven seit 2012 verdoppelt. Wenngleich seine Auslandsschulden ebenfalls gestiegen sind, geschah dies langsamer, sodass sich das Verhältnis von Fremdwährungsreserven zu Auslandsschulden und damit die Widerstandsfähigkeit des Landes gegen externe Einflüsse verbessert hat. Indien, Mexiko, China und Südkorea ist es gelungen, den Anteil der kurzfristigen Schulden an ihren Auslandsverbindlichkeiten zu verringern.
  2. Die Zentralbanken in Lateinamerika waren schneller als die US-Notenbank bei der Anhebung der Leitzinsen zur Eindämmung der Inflation. Brasilien, Mexiko, Peru und Kolumbien hatten schon 2021 mit der Erhöhung ihrer Leitzinsen begonnen. Dies hat massive Kapitalabflüsse verhindert und die Differenz der Realzinsen gegenüber den USA erhöht, was vor allem die Währungen Brasiliens und Mexikos gestützt hat.
  3. Die heimischen Anleihenmärkte der Schwellenländer sind heute größer als 2013, da ihnen zusätzliche Refinanzierungsoptionen zur Verfügung gestellt werden, insbesondere im Umfeld eines steigenden US-Dollars.

Der wichtigste Aspekt ist jedoch, dass die Unternehmen der Schwellenländer zu Beginn dieses Abschwungs solide Fundamentaldaten und damit eine hohe Stabilität aufwiesen. So lag die Nettoverschuldung zu Beginn dieses Jahres auf einem historisch niedrigen Niveaus. Im Vergleich mit dem Rest der Welt, sind Schwellenländerunternehmen auch weniger verschuldet als ihre Pendants in den USA und Europa. Das soll aber nicht heißen, dass sich alle Schwellenländer vom weltweiten Konjunkturabschwung und dem Anstieg der Finanzierungskosten verschont werden. Mit Sri Lanka, Kenia und Pakistan sind in diesem Jahr auch eine zunehmende Zahl von Ländern unter Druck geraten.

Die Rohstoffmärkte profitieren vom Wandel zu umweltfreundlicheren Alternativen

Die eingeleitete Energiewende erfordert auch eine große Menge an Basismetallen. Kupfer, Nickel und Lithium sind nur einige der Erze, die für grüne Technologien gebraucht werden. Diese Basismetalle kommen vorwiegend aus den Schwellenländern. So stammen beispielsweise 40 bis 45 Prozent des Kupfers aus Chile, Peru und Mexiko, während 50 des Nickels aus Indonesien und von den Philippinen kommen. Die Nachfrage nach Erzen im Zusammenhang mit dem grünen Wandel wird sich bis 2040 voraussichtlich mindestens verdoppeln. Elektrofahrzeuge, die eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der grünen Agenda von Regierungen weltweit spielen, brauchen fast sechs Mal so viele Erze wie normale Autos. Zwischen der Entdeckung von Rohstoffvorkommen und dem Beginn ihrer Förderung liegen drei bis fünf Jahre, was folglich nur eins bedeutet: Höhere Preise.

Ausblick auf die zukünftige Kapitalmarktentwicklung

In einem Umfeld, dass derzeit durch unüblich viele Unwägbarkeiten geprägt ist, fungieren mittelfristige Szenarien als ein Sicherheitsanker. So kann in einem vernünftigen Szenario, bei dem zu Grunde gelegt wird, dass die überhöhte Inflationsphase in spätestens drei Jahren endet, kann eine wirtschaftliche Entwicklung ähnlich wie vor der Pandemie verlaufen. Dies bedeutet, dass das globale Wirtschaftswachstum verhalten ist und die Inflation weitgehend unter Kontrolle ist. Die aktuellen Anleiherenditen in Europa entsprechen etwa diesem mittelfristigen Szenario, während sie in den USA derzeit leicht über dem mittelfristigen Gleichgewichtswert liegen.

An den Kapitalmärkten wird derzeit, anders als noch vor einigen Monaten, davon ausgegangen, dass es den führenden Notenbanken gelingen wird, die Inflation auf ihr Ziel von 2 Prozent zurückführen. Diese veränderte Markteinschätzung zeigt sich etwa im Rückgang der Inflationserwartungen an den Anleihemärkten. Dies kann dahingehend interpretiert werden, dass viele Investoren mittlerweile etwas weniger auf die kurzfristigen wirtschaftlichen Verwerfungen als auf eine Rückkehr von Normalität in der mittleren Frist fokussiert sind.

Deshalb sind die die aktuellen Anleiherenditen im Vergleich zu Geldmarktanlagen interessanter. Zudem haben sich mit der nachlassenden konjunkturellen Dynamik die Aussichten für Anleihen verbessert. Bei Zukäufen sollten kürzere bis mittlere Laufzeiten, mit dem Ziel, Anleihen auf Verfall zu halten bevorzugt werden.

Anlagemärkte Entwicklung

wichtiger Hinweis:
Dieser Bericht dient ausschließlich zu Informationszwecken und die Angaben wurden mit Sorgfalt zusammengestellt. Für die Richtigkeit kann jedoch keine Gewähr übernommen werden. Allein verbindliche Grundlage für den Erwerb von Investmentfondsanteilen sind die jeweiligen Verkaufsprospekte und die jährlichen Rechenschaftsberichte. Diese sind Grundlage für die steuerliche Behandlung der Fondserträge. Die auf Fondsebene anfallenden Kosten (z.B. die Verwaltungsvergütung) wurden berücksichtigt. Die auf Kundenebene anfallenden Kosten (Ausgabeaufschlag und Depotkosten) sind ggfs. nicht berücksichtigt. Bei Fremdwährungen kann die Rendite infolge von Währungsschwankungen steigen oder fallen.

Die Informationen sind unverbindlich und stellen weder eine Anlageempfehlung oder sonstige Beratung, ein Angebot oder eine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder Finanzinstrumenten dar. Sie ersetzen kein persönliches Beratungsgespräch. Eine Anlageentscheidung bedarf der individuellen Abstimmung auf die persönlichen Verhältnisse und Bedürfnisse des Anlegers. Die dargestellten Informationen, Analysen und Prognosen basieren auf dem Wissensstand und der Markteinschätzung zum Zeitpunkt der Erstellung. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Daten sowie das Eintreten von Prognosen wird keine Haftung übernommen. Die frühere Wertentwicklung ist kein verlässlicher Indikator für die künftige Wertentwicklung.

Erläuterungen zu den Berechnungsgrundlagen:
Die Entwicklungen bzw. Endbeträge und Volatilitäten werden auf EUR-Basis berechnet. Grundlage für die Berechnung der Volatilität: Monatliche Returns, logarithmiert, annualisiert. Eventuelle Ausschüttungen bei Investmentfonds werden wieder angelegt. Die Wertentwicklung basiert auf 100 Prozent des Kapitaleinsatzes, die Wertentwicklungen p.a. und Volatilitäten werden aus dem gesamten der Auswertung zugrundeliegenden Zeitraum (wie angegeben) bestimmt.

Externe Quellen:

  • Kategorie-Durchschnitte: monatliche Berechnung durch EDISOFT GmbH über das Fondsuniversum der FVBS-Datenbank
  • Zinsen (Festgeld, Sparbuch): monatliche Durchschnittswerte der Dt. Bundesbank aus Meldungen deutscher Kreditinstitute
  • Inflation: monatliche Zahlen des Statistischen Bundesamts
  • Goldpreis: offizieller Feinunzen-Preis/London
  • Bereich “Schwellenländer sind für eine Markterholung gut gerüstet“ von MainFirst GmbH

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Donnerstag, 17. November 2022

Gesundheitswerte im Anlagedepot können ein Stabilitätsanker sein

 „Gesundheitsaktien“ können gerade in Zeiten von geopolitischer und wirtschaftlicher Unsicherheit ein sogenannter Stabilitätsanker für das Anlagedepot darstellen. Aber auch in der nächsten Erholungsphase sollten Aktien von Biotechnologie-, Pharma- und Medizintechnikunternehmen attraktive Renditen bieten. Die “Healthcare“-Branche profitiert nämlich gleich von zwei Megatrends: demografischer Wandel und Digitalisierung. Für die Erzielung einer breiteren Diversifikation können Gesundheitsaktien daher eine geeignete Beimischung sein.

Corona-Pandemie bringt Biotechnologie- und Pharmaunternehmen mediale Aufmerksamkeit

Die Biotechnologie- und Pharmaunternehmen sind im Zuge der Corona-Pandemie so präsent in den Medien gewesen wie selten zuvor. Die rasche Bereitstellung eines Covid-Impfstoffs wurde zum entscheidenden Faktor in der Pandemiebekämpfung erklärt und gestiegene Forschungsausgaben führten zu Innovationen, die über die aktuelle Virusbekämpfung hinausgehen. Fortschritte bei MRNA-Impfstoffen und Gentherapien sollen zukünftig zum Mittel der Wahl in der Bekämpfung von Krebs werden oder zumindest bisherige Therapien unterstützen.

Biotech-Unternehmen in Deutschland

In 2022 sind diese Aktien aber nicht nur aufgrund von erwarteten Entwicklungssprüngen interessant. Der Ukraine-Krieg, hohe Inflation und steigende Zinssätze lassen Anleger nach einem sicheren Hafen suchen. Hier spielen Gesundheitsaktien ihre Stärken aus: Die Nachfrage nach Medikamenten oder Medizintechnik ist relativ unabhängig von der wirtschaftlichen Konjunktur und die Ausgaben werden in der Regel von Versicherungen übernommen. Die hohen Gewinnspannen des Sektors schützen zudem die Erträge vor den Auswirkungen der Geldentwertung. In der Vergangenheit haben sich Pharmaaktien daher als krisenresistent gezeigt – egal ob in der Finanzkrise 2008/2009 oder zum Höhepunkt der Corona-Pandemie im März 2020. Gleiches gilt für das erste Halbjahr 2022, in dem der Biotechnologiesektor besser abschnitt als der breite Aktienmarkt.

Das heißt aber nicht, dass man Aktien von Biotechnologie-, Pharma- und Medizintechnikunternehmen nur in Krisen oder einem stagflationären Umfeld (Eintrübung des Wirtschaftswachstums bei gleichzeitig hoher Inflation) in das Depot holen sollte.

Gesundheitswerte waren auch schon vor der Corona-Pandemie empfehlenswerte Depotbeimischungen

Die stetige Alterung der Bevölkerung in den westlichen Gesellschaften und die beobachtete hohe Zahl von Zivilisationskrankheiten machen den Gesundheitssektor zu einer sehr vielversprechenden langfristigen Investition. Die Fälle von Gelenkkrankheiten, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Adipositas nehmen mit einer global wachsenden Mittelschicht immer weiter zu und die Behandlung ist kostenintensiv. Nach Angaben der Weltbank wurden in der Europäischen Union im Jahr 2019 pro Kopf etwa 3.500 Euro für die Gesundheitsversorgung ausgegeben. Studien haben gezeigt, dass inzwischen etwa 40 Prozent aller Deutschen an einer oder mehreren chronischen Krankheiten leiden. Fast ein Drittel davon lebt 20 Jahre oder länger mit ihrer Erkrankung. Diese Krankheiten müssen aufwendig behandelt werden, weshalb der Weltmarkt für verschreibungspflichtige Medikamente laut Experten zwischen 2001 und 2026 um durchschnittlich 6,4 Prozent pro Jahr wachsen soll.

Ein zusätzlicher Treiber für diese Entwicklung ist die demografische Entwicklung in den Schwellenländern. In Asien liegen die Gesundheitsausgaben im Vergleich zu Europa bisher noch bei weniger als einem Drittel – Tendenz stark steigend. Die Region ist damit ein gigantischer Wachstumsmarkt. Asien ist Heimat für fast 60 Prozent der Weltbevölkerung. Bereits im Jahr 2050 werden ca. eine Milliarde Menschen in der Region über 60 Jahre alt sein, davon allein in China etwa 500 Millionen. Doch nicht nur die schiere Größe des Marktes ist hier entscheidend, sondern auch der soziale Aufstieg innerhalb der Bevölkerung. Die wachsende Mittelschicht und damit steigende Kaufkraft wirken sich stark auf die Nachfrage nach Arzneimitteln, Therapien und medizinischen Geräten aus. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass in aufstrebenden Volkswirtschaften die Ausgaben für die Gesundheitsversorgung sogar stärker wachsen als das Bruttoinlandsprodukt insgesamt.

Der Anlagemarkt bietet eine breite Palette an Investitionsmöglichkeiten

Für Anleger, die vom langfristigen Wachstum der Branche oder der Robustheit gegen Krisen profitieren wollen, bieten sich am Markt eine Vielzahl von Fondsalternativen. Bei der Auswahl des passenden Produkts gilt es im ersten Schritt die Schwerpunkte der vorhandenen Fonds oder Indizes zu erkennen. Denn inhaltlich können sich diese deutlich unterscheiden: Viele „Biotechnology“-Fonds legen den Fokus beispielsweise auf Pharmazeutika und Medikamentenhersteller. Daneben gibt es aber auch Fondsmanager, die sich auf Produzenten medizinischer Instrumente und von Technologielösungen spezialisiert haben. Dazu gehören etwa chirurgische Operationsroboter oder Analysetools, die auf Basis gigantischer Datenmengen Diagnosen stellen können. Wem dies noch nicht speziell genug ist, kann auch auf Produkte zurückgreifen, die sich der Bekämpfung einzelner Krankheiten wie etwa Krebs verschrieben haben und dafür nur in einen relativ engen Markt investieren. Das genaue Gegenteil sind sogenannte „Healthcare“-, „Life Science“- oder „Healthscience“-Fonds, welche versuchen den Gesundheitssektor möglichst breit abzudecken und zu den oben genannten Bereichen auch medizinische Dienstleistungen dem Anlageportfolio beimischen.

Aktienfonds Biotechnologie, Pharma und Gesundheit

Entscheidend für die Entwicklung der Gesundheitsfonds ist auch die Gewichtung von kleinen Wachstumsunternehmen im Verhältnis zu den großen Playern am Markt. Unternehmen mit marktbeherrschender Position (häufig auch als „Large Caps“ oder „Blue Chips“ bezeichnet) weisen in der Regel stabilere Erträge auf, da sie über eine Vielzahl unterschiedlicher Produkte, hohe Forschungsbudgets und langlaufende Patente verfügen. Kleinere, aufstrebende Unternehmen („Small Caps“) verfügen zwar oft über höhere Wachstumsaussichten, die Aktienkurse unterliegen aber auch größeren Schwankungen. Zudem werden kleinere Firmen auch stärker von steigenden Zinsen getroffen, da sie üblicherweise einen höheren Verschuldungsgrad aufweisen und damit stärker durch zunehmende Finanzierungskosten getroffen werden. Hier gilt es für Fondsmanager, die richtige Balance zu treffen und flexibel auf sich ändernde Zinsniveaus zu reagieren.

Fazit

Die staatlichen Ausgaben für die Gesundheitsforschung erhielten durch die Pandemie einen ordentlichen Schub, weil Covid-19 die Bedeutung von Innovationen im Gesundheitswesen verdeutlichte. Auf absehbare Zeit sollte der Sektor damit vergleichsweise unabhängig von der Konjunkturentwicklung bleiben. Dafür spricht auch, dass die übrigen Treiber wie Alterung der Bevölkerung und steigende Gesundheitsausgaben weiter intakt bleiben werden – egal ob in den Industrienationen oder den Schwellenländern. Die defensiven Eigenschaften und geringe Korrelation zu anderen Branchen machen Gesundheitsaktien damit zu einem geeigneten Mittel, um im aktuellen Umfeld die Diversifikation von Anlegerportfolios zu verbessern.

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Freitag, 4. November 2022

Weltspartag - Ist so was von out oder doch noch mega in?

 Dieses Jahr am 28. Oktober 2022 ist wieder Weltspartag. Allerdings hat die 98 Jahre alte Idee mittlerweile vollends ihren Reiz verloren - zumindest für Sparer. Für jemand der dagegen einen Kredit aufnehmen will, der kann sich über die Minizinsen freuen. Denn die niedrigen Zinsen reduzieren die Darlehensrate. Doch auch bei laufenden Darlehen kann man sparen - was aber die wenigsten tun. Sparen - das Wort hatte früher einen fast magischen Klang. Ist das ist heute anders?

Erinnern Sie sich noch an den Weltspartag in der Kindheit?

Mit Münzen und manchmal auch „kleinen“ Scheinen, die man von Oma und Opa oder zu verschiedenen Anlässen erhalten hat, wurde unser Sparschwein voller Stolz das ganze Jahr über „gefüttert“. Am Weltspartag gingen wir dann mit unseren Eltern zur örtlichen Bank, haben das Sparschwein am Schalter abgegeben und mit großen Augen mitverfolgt, wie der Bankmitarbeiter das darin enthaltene Geld gezählt hat.

Dieser Betrag wurde dann ins Sparbuch eingetragen und wir waren stolz darauf, dass im Büchlein wieder ein paar Mark mehr verzeichnet waren. Und unser Sparfleiß wurde zusätzlich durch ein oder mehrere Geschenke von der örtlichen Bank belohnt. Die Verzinsung - damals deutlich höher als heute - wurde vielleicht nicht allumfassend verstanden, doch haben wir dadurch gelernt, dass sich Sparen lohnt. Auch den Zinseszins-Effekt konnten wir gut verfolgen, spätestens dann, wenn im Folgejahr die Zinsen nachgetragen wurden.

Die attraktiven Zinsen auf dem Sparbuch sind längst passé, der aktuelle Satz liegt bei 0,1 Prozent

Einer Statista Research Erhebung vom 20.09.2022 zufolge haben 37,5 Mio. Bundesbürger ein Sparbuch. 12 Mio. nutzen lt. Statista (Januar 2022) Aktien oder Aktienfonds. Somit ist das Sparbuch immer noch sehr weit verbreitet und es gibt folglich noch viel Aufklärungspotenzial. Erfreulich: Mehr als jeder zweite Bundesbürger spart regelmäßig und könnte mehr aus seinem Geld machen. Die aktuelle Sparquote liegt lt. Statista Research bei 9,7 Prozent (veröffentlicht am 20.09.2022). Die Inflationsrate, die im September mit 10,0 Prozent (vorläufig) veröffentlicht wurde, wirkt auf das Ersparte wie die Hochsommersonne auf ein Speiseeis in der Hand: Es schmilzt!

Durchschnittspreise für eine Kugel Eis in Eisdielen deutsche Großstädte (in Euro)

Eine kühle Rechnung bei heißen Sommertemperaturen geht wie folgt: Zitroneneis kostete vor rund zehn Jahren 1,20 Euro pro Kugel. Im Jahr 2022 kratzt der Preis schon an der 2-Euro-Marke. Eis hat sich also mit einer Inflationsrate von 67 Prozent in nur einem Jahrzehnt verteuert.

Der Inflationsrechner zeigt deutlich und unerbittlich, welche Auswirkungen die Inflation auf die Kaufkraft des Geldes hat

Bei 10.000 EUR und 0 Prozent Verzinsung bedeutet dies, dass bei einer Inflationsrate von 8 Prozent (zum Vergleich in Klammern die Ergebnisse bei 4 Prozent Inflation):

  • nach 1 Jahr nur noch 9.259  (bei 4 Prozent: 9.615 EUR) Kaufkraft übrig bleibt
  • nach 5 Jahren nur noch 6.805 EUR (8.219 EUR)
  • nach 10 Jahren nur noch 4.632 EUR (6.756 EUR)
  • nach 25 Jahren nur noch eine Kaufkraft von 1.460 EUR (3.751 EUR) von der ehemaligen Kaufkraft in Höhe von 10.000 EUR übrig bleibt

Inflationsrechner – Berechnen Sie, wie viel Ihr Geld morgen noch wert ist!

Verlust der Kaufkraft bei verschiedenen Inflationsraten im Zeitlauf

Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es?

Der Inflation mit Fondssparen „die eiskalte Schulter“ zeigen, sonst „macht Ihr Geld die Flatter“.  Was also tun, damit das Angesparte fit und kaufkräftig bleibt? Langfristiges Fondssparen, also immer wieder kleine oder größere Beträge in einen Aktienfonds einzuzahlen, ist eine Möglichkeit. Ihr Vermögen unterliegt dabei Schwankungen. Nach oben und unten. Auf lange Sicht betrachtet, können die Risiken überschaubar bleiben. Denn schaut man in die Vergangenheit, dann hat der deutsche Aktienindex DAX  noch jede Inflation in Deutschland geschlagen. Anleger konnten damit beispielsweise bei einem Investitionszeitraum von 20 Jahren im jährlichen Durchschnitt 8,9 Prozent Rendite erzielen. Langfristig kann das die Chance auf einen Spielraum gegen Jahre wie 2022 bieten, in dem uns die Kaufkraft rasant von der Waffel rinnt wie Zitroneneis, wenn wir nichts dagegen tun.

Sehen Sie in der nachfolgenden Grafik, wie sich verschiedene Fonds mit einem monatlichen Sparplan entwickeln können:

Fazit

Der Weltspartag bleibt mega in – nur die Sparform muss sich ändern.

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Freitag, 28. Oktober 2022

Anlagekommentar September 2022 - Für die Fed hat die Inflationsbekämpfung oberste Priorität und behält deshalb ihren rasanten geldpolitischen Straffungskurs bei

 Für die Inflationsbekämpfung ist zumindest für einige Quartale ein unterdurchschnittliches Wirtschaftswachstum nötig. Dies wird durch eine Kombination aus höheren Zinsen und Inflation entstehen. In den USA wird die Geldpolitik einen wichtigen Teil beitragen müssen, während in Europa der Inflation eine größere Rolle zukommt.

Die US-Notenbank Fed hat im September 2022 die Leitzinsen noch einmal deutlich um 75 Basispunkte angehoben, während der Zinspfad danach allmählich flacher ausfallen wird. Die Herausforderung für die Federal Reserve System (Fed) besteht darin, dass die Wirkung vergangener Zinserhöhungen auf die Wirtschaft einigermaßen gut abgeschätzt wird, um dem Ziel eines Soft-Landings möglichst nahe zu kommen. Zinserhöhungen gab es auch in der Eurozone, der Schweiz und in Großbritannien. Dagegen hat China die Zinsen im August 2022 gesenkt, während in Japan weiterhin keine Änderungen anstehen.

Entwicklung der Anlagemärkte im September 2022

Die Angst vor einer globalen Rezession und zu hohen Zinsen traf die Kapitalmärkte im September mit voller Wucht. In der Folge gab der globale Aktienindex MSCI World Index um -9,5 Prozent nach. Obwohl sich die Wirtschaftsaussichten in der Eurozone stärker eintrübten als in den USA, verloren US-Aktien und US-Anleihen überdurchschnittlich. Die Ursache lag an den überraschend aggressiven Tönen des Fed-Präsidenten Jerome Powell auf dem Notenbanktreffen in Jackson Hole Ende August 2022. Dort standen der geldpolitische Pfad der US-Zentralbank und die Inflationszahlen im Fokus der Anleger.

Der marktbreite S&P 500 Index gab -9,3 Prozent ab und der technologielastige NASDAQ Composite verlor mit -10,5 Prozent sogar zweistellig. In Europa konnten sich die Leitindizes Deutschlands, Frankreichs, Italiens und Großbritanniens mit Verlusten von -4 bis -6 Prozent vergleichsweise gut behaupten. Auch in Asien ging es bergab, was beim NIKKEI 225 Index zu einem Rückgang von -7,7 Prozent führte und der chinesische  Hang Seng Index verlor dagegen noch mehr und landete bei -13,7 Prozent.

DAX Entwicklung

An den Rentenmärkten kamen auch in der Folge der Zinserhöhungen der Notenbanken die globalen Investmentgrade-Anleihen massiv unter die Räder und fielen um 5,1 Prozent. Hauptursache war, dass die US-Notenbank ihren Straffungszyklus mit einem großen Zinsschritt von 75 Basispunkten fort setzte. Die Federal Reserve System (Fed) bekräftigte, den eingeschlagenen schnellen Zinspfad unvermindert beizubehalten, bis sich eine nachhaltige Abschwächung der Inflationsrate zeigt. Für die Marktteilnehmer war die Fed-Aussage, auch eine Rezession in Kauf zu nehmen, um den Preisauftrieb zu brechen, ein starkes Warnsignal. In der Folge stiegen die Finanzierungskosten und die Hypothekenzinsen auf den höchsten Stand seit 2008 und gaben Sorgen vor einer Immobilienkrise und einem heftigen Konjunktureinbruch neue Nahrung.

Auch Großbritannien trug seinen Anteil zu den Verwerfungen der Anleihemärkte bei. Dabei sorgte der neue Finanzminister mit der Aussage, die von der Vorgängerregierung geplante Erhöhung der Unternehmenssteuern nicht zu realisieren, eine Krise am britischen Markt für Staatsanleihen aus. Die Turbulenzen waren so heftig, dass sich Premierministerin Truss in Schadensbegrenzung übte und mehrere britische Immobilienfonds die Rückgabemöglichkeiten einschränkten. Auch die Bank of England war gezwungen, sich Anleihenkäufe in dreistelliger Milliardenhöhe genehmigen zu lassen und verstärkt Staatsanleihen aufzukaufen, um Ausfälle bei britischen Pensionsfonds zu verhindern.

Bei den Rohstoffen stürzte der Ölpreis um fast -11 Prozent ab. Der US-Dollar fungierte in den zunehmend volatileren globalen Währungsmärkten als sicherer Hafen und um +2,5 Prozent gegenüber dem Euro aufwerten. Dagegen konnte Gold seine Sicherheitsfunktion mit einem Abschlag von -3 Prozent im September 2022 nicht erfüllen.

Rentenmärkte - Gut gerüstet in eine neue Zeit in der die Inflation im Mittelpunkt steht

Durch die Turbulenzen an den Rentenmärkten wurden die Anleger auf eine harte Probe gestellt. So war jahrelang für die Kapitalmärkte das Wirtschaftswachstum ein zentrales Thema – jetzt rückt die Inflation in den Mittelpunkt. Und so das Jahr 2022 als das Jahr in Erinnerung bleiben, an dem sich die Rahmenbedingungen an den Rentenmärkten grundlegend geändert haben. In den entwickelten Ländern wurden Inflationsschocks verzeichnet, wie sie seit den Ölpreisschocks der Siebzigerjahre nicht mehr gesehen wurden.

Seit Ende der Neunzigerjahre hatte die Inflation nicht mehr so im Zentrum der gestanden, um im Jahr 2022 dagegen wieder in den Mittelpunkt zu rücken. In der Folge wurden steigende Preise zum wichtigsten Einflussfaktor für die Geldpolitik und die Finanzmärkte. Für manche jüngere Marktteilnehmer fühlt sich dies gänzlich neu an, denn die Rentenmarktindizes mussten im historischen Vergleich außerordentlich hohe Verluste hinnehmen. Im bisherigen Jahresverlauf konnten die Anleger praktisch an keinem Markt für Staatsanleihen auch nur ein bisschen Sicherheit finden.

Entwicklung ausgewählter internationaler Rentenfonds

Die Verluste am Rentenmarkt sind nach wie vor außerordentlich hoch, allerdings hat sich jedoch ihre Struktur im Jahresverlauf in gewissem Umfang geändert. Im ersten Quartal 2022 wurden die Kursrückgänge vor allem dadurch ausgelöst, dass Anleihen sensibel auf Zinsanhebungen reagierten, was auch als „Durationsrisiko“ bezeichnet wird. Die Renditen von relativ sicheren Staatsanleihen und von chancenreicheren Staatsanleihen und Unternehmensanleihen stiegen im Gleichschritt an. Im zweiten Quartal 2022 hielten die Verluste an, weil die Bonitätsrisiken als größer eingeschätzt wurden: Die Differenz zwischen den Renditen für sicherere bzw. riskantere Papiere weitete sich aus, weil erstere sanken und letztere weiter anstiegen.

Derzeit sind keine Anzeichen für ein Abklingen der Marktvolatilität zu erkennen. Dennoch können die Kurzrückgänge für langfristige Anleger eine interessante Einstiegsphase bedeuten.

Ausblick auf die zukünftige Kapitalmarktentwicklung

In einem Umfeld, dass derzeit durch unüblich viele Unwägbarkeiten geprägt ist, fungieren mittelfristige Szenarien als ein Sicherheitsanker. So kann in einem vernünftigen Szenario, bei dem zu Grunde gelegt wird, dass die überhöhte Inflationsphase in spätestens drei Jahren endet, kann eine wirtschaftliche Entwicklung ähnlich wie vor der Pandemie verlaufen. Dies bedeutet, dass das globale Wirtschaftswachstum verhalten ist und die Inflation weitgehend unter Kontrolle ist. Die aktuellen Anleiherenditen in Europa entsprechen etwa diesem mittelfristigen Szenario, während sie in den USA derzeit leicht über dem mittelfristigen Gleichgewichtswert liegen.

An den Kapitalmärkten wird derzeit, anders als noch vor einigen Monaten, davon ausgegangen, dass es den führenden Notenbanken gelingen wird, die Inflation auf ihr Ziel von 2 Prozent zurückführen. Diese veränderte Markteinschätzung zeigt sich etwa im Rückgang der Inflationserwartungen an den Anleihemärkten. Dies kann dahingehend interpretiert werden, dass viele Investoren mittlerweile etwas weniger auf die kurzfristigen wirtschaftlichen Verwerfungen als auf eine Rückkehr von Normalität in der mittleren Frist fokussiert sind.

Deshalb sind die die aktuellen Anleiherenditen im Vergleich zu Geldmarktanlagen interessanter. Zudem haben sich mit der nachlassenden konjunkturellen Dynamik die Aussichten für Anleihen verbessert. Bei Zukäufen sollten kürzere bis mittlere Laufzeiten, mit dem Ziel, Anleihen auf Verfall zu halten bevorzugt werden.

Anlagemärkte Entwicklung

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Erläuterungen zu den Berechnungsgrundlagen:
Die Entwicklungen bzw. Endbeträge und Volatilitäten werden auf EUR-Basis berechnet. Grundlage für die Berechnung der Volatilität: Monatliche Returns, logarithmiert, annualisiert. Eventuelle Ausschüttungen bei Investmentfonds werden wieder angelegt. Die Wertentwicklung basiert auf 100 Prozent des Kapitaleinsatzes, die Wertentwicklungen p.a. und Volatilitäten werden aus dem gesamten der Auswertung zugrundeliegenden Zeitraum (wie angegeben) bestimmt.

Externe Quellen:

  • Kategorie-Durchschnitte: monatliche Berechnung durch EDISOFT GmbH über das Fondsuniversum der FVBS-Datenbank
  • Zinsen (Festgeld, Sparbuch): monatliche Durchschnittswerte der Dt. Bundesbank aus Meldungen deutscher Kreditinstitute
  • Inflation: monatliche Zahlen des Statistischen Bundesamts
  • Goldpreis: offizieller Feinunzen-Preis/London
  • Bereich “Rentenmärkte - Gut gerüstet in eine neue Zeit in der die Inflation im Mittelpunkt steht“ von  Allianz Global Investors GmbH

Anlagekommentar September 2022 als ePaper lesen

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Donnerstag, 27. Oktober 2022

Immobilien befinden sich derzeit in einem schwierigen Umfeld - Worauf muss man achten?

 Die Anlageklasse der offenen Immobilienfonds gehörte in den letzten Jahren zu den schwankungsärmsten Anlageformen am Anlagemarkt. Auch während der Coronakrise konnten sie ihre Robustheit unter Beweis stellen. Derzeit stehen die defensiven Portfoliobausteine aber gleich vor mehreren Herausforderungen: Stark ansteigende Zinsen, hohe Inflation und eine Eintrübung der Wirtschaft. In diesem Beitrag soll der Zustand des Immobilienmarktes näher betrachtet und herausgestellt werden, worauf man bei der Auswahl von Immobilienfonds achten sollte.

Steigende Baukosten und Zinsen lassen den Traum vom Eigenheim für viele Mittelstandsfamilien platzen

Laut einer Meinungsumfrage des Immobilienfinanzierungsvermittlers „Engels & Völkers Finance“ geben zwei Drittel der Deutschen an, dass sie sich ohne eine Schenkung oder Erbschaft nicht in der Lage sehen, eine Immobilie zu finanzieren. Vielen fehlt das notwendige Eigenkapital und für Vollfinanzierungen sind die Hürden deutlich höher geworden. „Die Banken sind bei der Vergabe von Krediten zunehmend restriktiver, sodass Finanzierungen ohne Eigenkapital nur dann bewilligt werden, wenn andere Faktoren die Kreditwürdigkeit positiv beeinflussen“, berichtet Rebecca Scheidler, Geschäftsführerin von Engel & Völkers Finance Germany. Viele Kaufinteressenten strömen daher wieder auf den Mietermarkt. So registrierte das Immobilienportal „Immowelt“ innerhalb eines Jahres eine Abnahme der Kaufanfragen um 17 Prozent. Parallel dazu stieg die Anzahl der Anfragen für Mietimmobilien um 34 Prozent.

Trotz zögerlicher Nachfrage hat sich der Immobilienmarkt aber relativ robust gezeigt. Preiseinbrüche sind ausgeblieben und Experten konnten in der aktuellen Herbstbefragung 2022 sogar eine Aufhellung der zuletzt angespannten Stimmung bei den Immobilienfirmen feststellen. Die Immobilienpreise scheinen zu einem neuen Gleichgewicht zu finden. Die eher zögerliche Nachfrage trifft zunehmend auf ein niedrigeres Angebot. Denn hohe Kosten für Rohstoffe und Finanzierungen treffen aktuell nicht nur Verbraucher, sondern auch Bauunternehmen und Projektentwickler.

Auch am Markt für Büroimmobilien sehen große Anbieter wieder einen gestiegenen Bedarf

Im ersten Halbjahr nahm der Flächenumsatz in den sieben größten deutschen Büromärkten sogar um 45 Prozent zu. Nachdem in der Coronakrise das „Zeitalter des Home-Office“ ausgerufen wurde, zeigt sich nun, dass dies nicht zwangsläufig zu verwaisten Büros und der Rückgabe von Flächen führen muss. Auch wenn viele Unternehmen seit Beginn der Pandemie flexiblere Arbeitszeiten und die Option des Arbeitens von zu Hause bieten, führt dies eher zu größeren Büroflächen. So entstehen etwa zusätzliche Gemeinschaftsbereiche oder Gruppen- und Meetingräume. Im Ausland scheint der Trend ebenfalls wieder in Richtung Rückkehr zum festen Arbeitsplatz zu gehen. Gerade in den USA und China beordern immer mehr Unternehmen ihre Angestellten in die Büros zurück.

offene Immobilienfonds Entwicklung 2016 bis 2022

Die Manager von Immobilienfonds gehen vor diesem Hintergrund mit Optimismus in das zweite Halbjahr. Einige Gesellschaften korrigierten sogar ihre Renditeaussichten leicht nach oben. Immerhin fällt mit den steigenden Leitzinsen auch das leidige Thema Strafzins für die Fonds weg. Immobilienfonds halten nämlich üblicherweise eine höhere Cashquote als andere Fonds, da Mittelzuflüsse nicht unmittelbar in neue Immobilienzukäufe umgesetzt werden können und für Abflüsse immer ein ausreichender Liquiditätspuffer bereitgestellt werden muss. Werden auf diesen Betrag nicht nur keine Zinsen gezahlt, sondern auch noch Gebühren fällig, drückt das selbstverständlich die Rendite. Dies ist Dank gestiegenem Zinsniveau nun nicht mehr der Fall.

Trotzdem sollten Anleger die Herausforderungen für den Immobilienmarkt nicht ignorieren. Dieser ist träge und eine Abkühlung des wirtschaftlichen Umfelds kann sich auch erst mit Verzögerung auf Bewertungen auswirken. Bei der Auswahl des passenden Fonds sollte daher genau hingeschaut und einige wichtige Kriterien berücksichtigt werden.

Beginnen wir mit der schon angesprochenen Liquiditätsquote

Ist diese zu hoch, kann dies das Ergebnis des Fonds verwässern oder dazu führen, dass das Management überhastet in unrentable Immobilien investiert. Ist die Liquiditätsquote aber zu niedrig, müssen Käufe womöglich über (teure) Kredite finanziert werden. Außerdem besteht das Risiko, dass ein Fonds schließen muss, wenn er Mittelabflüsse nicht mehr bedienen kann. Diese Gefahr ist seit einer Gesetzesänderung aus dem Jahr 2018 aber relativ gering. Um Anleger zu schützen, wurden vom Gesetzgeber Haltefristen von zwei und eine Rückgabefrist von einem Jahr eingeführt. Ein kurzfristig eintretender Liquiditätsengpass bei Immobilienfonds ist daher unwahrscheinlich geworden.

Die Beurteilung der Qualität des Immobilienportfolios der Fonds ist für Außenstehende in der Regel schwierig. Einige Rahmenbedingungen können aber gute Anhaltspunkte für Stabilität und Erfolg der Anlage geben. Da wäre zum einen die Größe, also das Fondsvolumen und die Anzahl der Immobilien. Befinden sich nur wenige Immobilien im Portfolio oder haben einzelne Immobilien eine sehr hohe Gewichtung, kann das Gesamtergebnis von nur einer einzigen Fehlinvestition massiv beeinflusst werden. Größere Immobilienfonds können in der Regel eine breite Streuung auf verschiedene Immobilien erreichen und so das Risiko des Portfolios verringern.

Apropos Streuung: Diese sollte nicht einfach nur naiv auf möglichst viele Einzelimmobilien verteilt sein

Wichtig für die Stabilität des Fonds ist auch, dass die Immobilien über verschiedene Regionen verteilt sind. Die geographische Diversifikation verhindert, dass lokale Preisschwankungen sich zu stark auf das Fondsergebnis auswirken. Bei Investitionen im Euro-Ausland sollte aber immer berücksichtigt werden, dass hier Währungsrisiken entstehen können. Diese führen unter Umständen zu Kursschwankungen oder erhöhen die Kosten des Fonds durch teure Währungsabsicherungen. Generell gelten selbstverständlich ähnliche Regeln wie bei Aktien- oder Anleihemärkten. Investitionen in Schwellenländer sind meist mit höheren Risiken verbunden als in den großen Industrienationen.

Vorteile offener Immobilienfonds

Mindestens genauso wichtig wie die Streuung über Regionen ist die Streuung über Gebäudetypen und Nutzungsarten. Wie bereits beschrieben, können sich verschiedene Immobiliensektoren sehr unterschiedlich oder sogar gegenläufig zueinander entwickeln. Grob kann der Immobilienmarkt in Wohn- und Gewerbeimmobilien aufgeteilt werden. Während der Markt für Wohnimmobilien vergleichsweise homogen ist, gibt es im Bereich der Gewerbeimmobilien große Unterschiede bei den Nutzungsarten. Die wichtigste Gruppe sind hierbei die klassischen Büroimmobilien, welche die meisten Portfolios der Immobilienfonds dominieren.

Klare Gewinner waren dabei in den letzten Jahren großflächige Bürogebäude in den struktur- und wirtschaftsstarken Metropolen. Denn wie bei allen Immobilien galt und gilt auch hier die Weisheit: Lage, Lage, Lage!

Neben den Büros können aber auch andere gewerbliche Immobilien eine entscheidende Rolle in den Portfolios spielen

Dazu gehören etwa Shopping-Center, Logistikgebäude oder auch Rechenzentren. Gerade im Handel sind in den letzten Jahren einige Trends zu beobachten. Durch die gestiegene Anzahl der Onlinebestellungen haben Einzelhändler – auch in Toplagen – immer stärker zu leiden. Häufigere Mieterwechsel und Leerstände machen das Segment daher immer unattraktiver für Investoren. Genau das Gegenteil gilt für Nahversorgungszentren mit Fokus auf Lebensmittel- und Drogeriemärkte. Gerade zum Höhepunkt der Coronapandemie wurden diese für essenziell erklärt und die Mieter daher kaum von Einschränkungen betroffen.

Solche krisenfesten Bausteine hat selbstverständlich jeder Manager gerne im eigenen Fonds.
Eine andere Besonderheit bei Gewerbeimmobilien kann gerade in der aktuellen Marktphase wichtig werden. Zum einen sind die Mietverträge mit häufig über 10 Jahren sehr langfristig festgelegt und die Mieten sind in den allermeisten Fällen an die Inflation gebunden. Bei der aktuellen Preisentwicklung können Büroimmobilien daher einen Beitrag zum Schutz des Depots vor Inflation leisten.

Einige Daten zu Immobilienfonds sind für Anleger leider schwerer zugänglich, aber ebenfalls wichtig für die Beurteilung der Qualität eines Immobilienfonds. Dazu gehört etwa die Vermietungsquote der Immobilien in den Portfolios. Denn ohne Mieter auch keine Einnahmen und damit Ausschüttungen an die Anleger. Als geeignete Orientierung sollte hier eine Quote von 95 Prozent nicht deutlich oder längerfristig unterschritten werden. Kurzfristig, etwa aufgrund einer Vielzahl von Neubauten oder umfassenden Sanierungen, kann aber auch ein sehr guter Fonds diese Grenze unterschreiten.

Fazit

Die aktuelle Krise macht auch vor dem Immobilienmarkt nicht halt. Berücksichtigt man aber die genannten Kriterien, können Immobilienfonds ein Depot weiter diversifizieren und zur Stabilität des Portfolios beitragen. Bei der Auswahl des passenden Immobilienfonds sollte die Zusammensetzung des Portfolios und auch die Historie des Fonds umfassend betrachtet werden.

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Bildnachweis

Freitag, 14. Oktober 2022

Geldanlagen im 3. Quartal 2022 - Inflation und Deflation werden gleichzeitig zur Herausforderung – Bestandsaufnahme und Chancen

 Die Herausforderungen für die Bevölkerungen in Europa waren selten größer als derzeit. So werden Menschen und Unternehmen von zwei Seiten in die Zange genommen, einerseits durch Inflation, also Kaufkraftverluste der Einkommen, und andererseits gleichzeitig durch Deflation der Vermögensgegenstände. Für private Haushalte und Unternehmen sind Existenzrisiken als auch Wohlstandsverluste und Verarmungstendenzen sind die Folge.

Der Hintergrund dieser Entwicklungen ist maßgeblich exogener Natur

Der geopolitische Krisenpotpourri, allen voran der Ukraine-Krieg mit seinen Maßnahmenpaketen, ist einer der entscheidenden Treiber der Preisinflation neben der verfehlten Zins- und Geldpolitik der westlichen Zentralbanken in den vergangenen Jahren. Die von den Zentralbanken in diesem Jahr erwarteten entlastenden Basiseffekte im Rohstoffsektor verkehrten sich nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine in Folge der vom Westen veranlassten Sanktionspolitik in das Gegenteil. Sie wurden zu entscheidenden Preistreibern. Zusätzlich belasteten die Lieferkettenprobleme mangels angemessener globaler Investitionstätigkeit in der Phase von 2017 bis heute.

Die Preisanstiege verringern die Kaufkraft der vorhandenen Einkommen in historisch einmaliger Art und Weise sowohl in Deutschland als auch in der Eurozone. Werfen wir zunächst den Blick auf den Wert der laufenden Einkommen, die elementar sind, um das Leben zu bestreiten oder bestreiten zu können. In Deutschland nahmen die Verbraucherpreise zuletzt per Berichtsmonat August um 7,9 Prozent zu. In der Eurozone stellte sich der Anstieg der Verbraucherpreise per August 2022 auf 9,1 Prozent, dem höchsten Anstieg in der bis 1991 zurückgehenden Historie.

Verbraucherpreise in der Eurozone

Bei den Erzeugerpreisen, die sich perspektivisch auf die Verbraucherpreise auswirken, ist das Bild prekär. Per August 2022 stellte sich der Anstieg in Deutschland auf 45,8 Prozent im Jahresvergleich, während sich der Anstieg in der Eurozone per Juli 2022 auf 37,8 Prozent stellte. Wir reden hier von historischen Höchstwerten.

Damit wurde und wird die Kaufkraft der Einkommen massiv in Mitleidenschaft gezogen, denn Löhne oder auch Sozialleistungen werden erst zeitversetzt und voraussichtlich nicht symmetrisch angepasst. Entsprechend nehmen die Stresszustände bei den privaten Haushalten und den Unternehmen zu. Zusätzlich nehmen aus dieser Konstellation Insolvenzrisiken bei Unternehmen zu mit negativen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Staatliche Ersatzeinkommen sind regelmäßig geringer als Arbeitseinkommen. Das wirkt sich auf Konsum und absehbar auf Produktion belastend aus. Sowohl in der Eurozone als auch in Deutschland ist als Konsequenz dieser Konstellation eine Rezession auf der Agenda. Es sind aber nicht nur die realen Einkommensverluste, die das Fundament der Stabilität Deutschlands und der Eurozone erodieren. Diese zuvor dargestellte Inflation trifft gleichzeitig auf eine Deflation bei maßgeblichen Vermögenswerten.

Der DAX-Index sank seit Jahresbeginn um circa 21 Prozent

Wer also im DAX beispielsweise via ETF investiert war, hat einen zusätzlichen Kaufkraftverlust von 21 Prozent. Ähnlich prekär sah es am Anleihemarkt aus. Auch wer Bitcoin als Alternative wählte, war schlecht beraten. Seit Jahresbeginn stellte sich eine negative Performance um circa 53 Prozent gegenüber dem Euro ein. An Immobilienmärkten zeigen sich bezüglich der Preisentwicklung negative Tendenzen im Jahresverlauf. Eine weitere Komponente ist von elementarer Wichtigkeit. Dabei dreht es sich nicht um eine inländische Betrachtung, sondern um die Betrachtung des Außenwerts unserer Währung. Hier stellte sich ein massiver Verlust gegenüber dem USD seit Jahresbeginn in Höhe von circa 13,5 Prozent. Dieser Verlust zeigt sich auch in der Handelsbilanz, die per Berichtsmonat Juli mit einem Defizit in Höhe von 40 Mrd. Euro ein historisch einmaliges Niveau erreichte. Dagegen waren die Defizite während der Eurokrise bei gut 10 Mrd. Euro förmlich „Peanuts“.

Handelsbilanz der Eurozone saisonal bereinigt

Dieser Mix aus hohen Kaufkraftverlusten der Einkommen nach innen und noch mehr nach außen (USD) bei gleichzeitig markanten Wohlstandsverlusten bei klassischen Anlagen, allen voran Aktien und Anleihen, ist für Deutschland und die Eurozone in einem begrenzten Zeitraum von nur sieben Monaten historisch einmalig.

Das Problem der Einkommensverluste lässt sich durch eigene diskretionäre Entscheidungen nicht oder kaum ändern. Sehr wohl kann dem Problem der Wohlstandsverluste der Vermögen durch aktives Handeln und smarte Entscheidungen entgegengewirkt werden. Wie in jeder Krise gibt es nicht nur Risiken, sondern den Risiken stehen Chancen gegenüber. Bezogen auf die globale Ökonomie verteilen sich die Karten neu. Europa inklusive der Ukraine und Russland sind bezüglich Wirtschaftsstruktur und Konjunktur zunächst die Verlierer. Die USA sind im westlichen Umfeld die Gewinner. Der USD hat deutlich an Boden gewonnen. Bei Fortsetzung der Krise oder Eskalation, die derzeit im Raum steht, wird der USD weiter an Boden gewinnen. Sollte es zu einer Deeskalation kommen, drehte sich das Bild. Zunächst sollte der USD international weiter an Boden gewinnen. Ergo sind grundsätzlich Anlagen im USD, beispielsweise am Geldmarkt bei hoher Risikoaversion, zunächst weiter zu bevorzugen.

Länder, die sich nicht an den Russland-Sanktionen beteiligen, bieten perspektivisch Chancen

Aber auch die Länder, die sich nicht an den Russland-Sanktionen beteiligen, das sind gut 60 Prozent der Weltwirtschaft, bieten dank besserer Versorgungssicherheit als in Europa und Preislichkeit dank Discounts auf den Import russischer Rohstoffe perspektivisch Chancen insbesondere nach den Rücksetzern an den jeweiligen Aktienmärkten. Beispielsweise sind die Inflationsdaten in vielen dieser Länder markant niedriger als in westlichen Ländern. So legten die Verbraucherpreise in China um lediglich 2,5 Prozent und die Erzeugerpreise um 2,3 Prozent per August im Jahresvergleich zu. Bei Anlageentscheidungen zu Gunsten dieses Sektors sollte darauf geachtet werden, dass die betreffenden Länder keine nennenswerten Leistungsbilanzdefizite und auch ansonsten stabile Strukturdaten aufweisen. Zu diesen Ländern gehört beispielsweise auch Vietnam.

Gold als Währung ohne Fehl und Tadel hat im Zuge der globalen USD-Präferenz gegenüber dem USD um 8,5 Prozent verloren, aber Gold hat seit Jahresanfang auf Basis der Eurobewertung um 6 Prozent zugelegt. Hier wird deutlich, dass Gold sich in akuten Krisen bewährt. Auch dieser Sektor stellt damit eine Alternative für europäische Investoren dar. Grundsätzlich ergeben sich nach den teilweise massiven Rücksetzern an Aktienmärkten unter mittel- und langfristigen Gesichtspunkten Chancen. Schlussendlich müssen rund 8,5 Milliarden Menschen grundversorgt werden. Mehr noch sind globale Lieferketten wegen globaler Unterinvestition seit 2017 ausgeprägt. Das gibt den produktions- und lieferfähigen Unternehmen die Möglichkeit, hinsichtlich der Preissetzungsmacht von der Krise zu profitieren. Es gibt auch eine „politische Ökonomie“. Dazu gehört beispielsweise der Rüstungssektor, der losgelöst von der Konjunkturlage reüssieren wird (nicht ESG konform). Anders ausgedrückt bedarf es individueller Analyse, um erfolgreiche Sektoren in der Weltwirtschaft zu erkennen und dort Investitionen vorzunehmen.

Fazit

Als Zusammenfassung bietet sich an, die Risiken ernst zu nehmen. Die in den Risiken erkennbaren Chancen gilt es zu nutzen, um Wohlstandsverluste zu vermeiden, entgegenzuwirken oder umzukehren. Die Politik bestimmt die Geschicke massiv. Aus diesem Grund ist ein hohes Maß an Reagibilität an den Märkten erforderlich. Eine Möglichkeit, sich hohe Reagibilität einzukaufen, ist der Erwerb bisher erfolgreich gemanagter aktiver Aktien- oder Mischfonds.

Quartalsbericht Q3 2022

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Freitag, 23. September 2022

Anlagekommentar August 2022 - Fed und EZB zeigen sich geldpolitisch aggressiver und propagieren einen steileren Zinserhöhungspfad

 Auch wenn sich die US-Konsumentenpreisinflation stärker als erwartet auf 8,5 Prozent reduziert hat, kommt vom Chef der US-Notenbank Federal Reserve System (Fed) Jerome Powell auf dem jährlichen Treffen der Notenbanker in Jackson Hole das Statement, dass der Leitzins weiter steigen und für eine längere Zeit auf höheren Niveaus bleiben werde. Viele Marktteilnehmer hatten infolge von Rezessionssorgen moderatere Töne erwartet, so dass eine Flucht aus Anleihen einsetzte und der US-Dollar eine kräftige Aufwertung hinnehmen musste.

Auch in der Eurozone zeigte sich die Europäische Zentralbank (EZB) in der geldpolitischen Herangehensweise aggressiver und propagierte einen steileren Zinspfad, so dass die Marktteilnehmer nun mit einer Leitzinserhöhung um 75 Basispunkte im September 2022 rechnen. Die Inflationsrate stieg weiter an und erreichte mit 9,1 Prozent ein neues Rekordhoch und die Rendite der zehnjährigen deutschen Staatsanleihe verdoppelte sich fast auf 1,5 Prozent.

Entwicklung der Anlagemärkte im August 2022

Die Kombination von weiter steigenden Gas- und Strompreisen und einer abfallenden Unternehmensstimmung fielen die Abgaben an den großen europäischen Aktienmärkten stärker als aus als in den USA. So musste der deutsche DAX Index -4,8 Prozent abgeben und der marktbreite Stoxx Europe 600 Index ging mit -5,3 Prozent nach unten. Auch der weltweite MSCI World Index musste einen Rückgang von -4,3 Prozent hinnehmen. Die US-Aktien konnten sich diesem Trends nicht entziehen, was beim Dow Jones Industrial Average Index zu einem Rückgang von -4,1 Prozent führte und auch die Wachstumswerte wie der NASDAQ 100 Index ging um -5,2 Prozent zurück.

DAX Entwicklung

Lediglich die Börsen in Asien halten sich dank niedrigerer Inflation und staatlicher chinesischer Stützung besser. So konnte der japanische NIKKEI 225 Index um +1 Prozent zulegen und der chinesische Hang Seng Index musste nur einen Rückgang von -1 Prozent hinnehmen.

An den Anleihemärkten setzte sich die Erholung weiter fort. Die Renditen stiegen weiter an, was sich beispielsweise mit der Verdopplung der zehnjährigen deutschen Staatsanleihe auf fast auf 1,54 Prozent widerspiegelte. Neben einer deutlich geringeren Volatilität sorgen die inzwischen wieder positiven Geldmarktzinssätze für einen stabilen Ertrag. Unter dem schwierigeren Marktumfeld litten allerdings die Risikoaufschläge von Unternehmensanleihen.

Dagegen wurden die Rohstoffmärkte vom einem Abwärtssog erfasst, der aus den Wachstumssorgen resultierte. Im Angesicht steigender Realzinsen ging der Goldpreis um -3,1 Prozent zurück. Das Rohöl notierte in Erwartung einer schwächeren Nachfrage um -7,4 Prozent niedriger und die Industriemetalle verloren zwischen 1-9 Prozent. Dagegen konnte sich der Kupferpreis, der gerne als Frühindikator für die wirtschaftliche Entwicklung angesehen wird, mit einem Rückgang von nur -1,1 Prozent gut behaupten.

Wie man mit Innovationen Lieferketten zum Laufen bringen kann

In den vergangenen beiden Jahren kam es bei zahlreichen Gütern zu Engpässen, von Toilettenpapier bis zu Halbleiterchips. Dies sorgte bei Verbrauchern und Unternehmen weltweit für Kopfschmerzen. Die Ursachen dafür sind vielfältig, es reicht von der Coronapandemie bis zur Deglobalisierung in einigen Sektoren und in jüngster Zeit auch noch der Krieg in der Ukraine. In der letzten Zeit waren Anzeichen dafür zu erkennen, dass sich der Druck auf die Lieferketten reduziert. Historisch gesehen bleiben die Belastungen dennoch hoch.

Diese Disruptionsphase hat jedoch auch positive Seiten: In vielen Fällen wird die Innovationen voran getrieben. Denn die Unternehmen möchten ihr Geschäftsmodell zukunftssicher machen und dafür investieren sie häufig in neue Technologien oder überarbeiten jahrzehntealte Lieferkettenstrategien.

Für die Anleger ergeben sich daraus einerseits Herausforderungen, andererseits Chancen

Kurzfristig dürften Die Gewinnmargen der Unternehmen dürften durch die Lieferprobleme kurzfristig unter Druck stehen, vor allem dann, wenn Unternehmen für Kostensteigerungen infolge von Lieferverzögerungen anfällig sind. Dazu gehören beispielsweise Transport- und Logistikunternehmen, Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe und Einzelhändler. Längerfristig eröffnen sich für Anlegern jedoch auch Chancen in verschiedenen Bereichen, von Robotik bis zu einer Diversifizierung der Lieferanten, da die Unternehmen ihr Geschäft krisenfester machen möchten.

  • In Innovation investieren
    Von einer Erhöhung der Lagerbestände bis zu einer effizienteren Verpackung von Lieferungen prüfen die Unternehmen, wie sie ihre Lieferketten durch Automatisierung und intelligente Datennutzung optimieren können. Dazu gehört auch ein stärkerer Einsatz von Robotern. Für viele Unternehmen steigen die Ausgaben im Zuge der Inflationsbeschleunigung. Mit Hilfe von Robotern lassen sich Routineaufgaben wie Lagermanagement und Auslieferungen verschlanken und gleichzeitig Arbeitskosten senken. Das Personal kann dann in Bereichen mit höherer Wertschöpfung eingesetzt werden, wo eine Automatisierung nicht sinnvoll ist. Außerdem besteht weiteres Investitionspotenzial. Derzeit werden laut den jüngsten Zahlen der International Federation of Robotics im verarbeitenden Gewerbe weltweit pro 10.000 Beschäftigte rund 126 Industrieroboter eingesetzt. An wichtigen Produktionsstandorten wie Südkorea und Singapur liegt die Roboterdichte im hohen einstelligen Bereich. Dies deutet auf Aufholpotenzial in Märkten wie China, USA und Frankreich hin, wo die Dichte sehr viel geringer ist.

Dichte von Robotern im verarbeitenden Gewerbe

  • Lebensmittelversorgung
    Auch in der Agrartechnologie finden umfangreiche Innovationen statt. Das Interesse an diesem Sektor ist durch die Sorgen um die Lebensmittelsicherheit gestiegen, welche durch den Ukrainekrieg und Covid-19 noch verschärft wurden. Anfang 2022 kletterten die Lebensmittelpreise auf Rekordhöchststände. Seither sind sie zwar wieder zurückgegangen, aber hohe Düngerpreise, ein ungünstiger Konjunkturausblick und Wechselkursbewegungen könnten die Aussichten belasten. Dies spricht zukünftig für höhere Investitionen in Agrartechnologie und Bewässerungsausrüstung. Die langfristigen Wachstumsaussichten des Sektors haben sich in den vergangenen Jahren verbessert, da immer mehr Länder ihre Lebensmittelversorgung krisenfester gestalten wollen, um nicht so stark von Naturereignissen wie Dürren oder Überschwemmungen in Mitleidenschaft gezogen zu werden, die durch den Klimawandel immer häufiger werden. Wagniskapitalinvestitionen in Agrartechnologie (worunter alles vom Einsatz von Robotern bis hin zu GPS Technologie fällt) schnellten 2021 um 61 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf die Rekordsumme von 11,3 Milliarden US Dollar in die Höhe (Quelle: Investment Monitor unter Rückgriff auf PitchBook-Daten, 8. Juli 2022).
  • Datensammlung
    Moderne Analysetechnologien können für Unternehmen bei der Planung und beim Risikomanagement hilfreich sein. Die jüngsten Lieferkettenverwerfungen haben unter anderem gezeigt, dass nur sehr wenige Unternehmen alle Stationen ihrer Lieferketten im Blick haben. In einer McKinsey-Umfrage aus dem Jahr 2021 zeigte sich, dass Unternehmen, die gut in der Covid-19-Pandemie zurechtgekommen waren, nach eigenem Bekunden mit 2,5-fach so hoher Wahrscheinlichkeit auch schon vorher auf moderne Analysetechniken zurückgegriffen hatten (Quelle: McKinsey, 23. November 2021). Das bedeutet, dass Unternehmen, welche in moderne Analysetechniken investieren, womöglich besser dazu in der Lage sind, mit Umbrüchen und konjunkturellem Gegenwind umzugehen. Weil die Unternehmen mehr und besser aufbereitete Daten benötigen, steigt auch das Interesse an Datenzentren. Aus Anlegersicht bieten Datenzentren Diversifizierungsmöglichkeiten und ein Engagement in Vermögenswerten mit langfristigen Wachstumstreibern.
  • Lieferketten verändern sich
    Über die technologischen Entwicklungen hinaus, werden sich breite angelegte Änderungen der Lieferstrategien einstellen. Durch die jüngsten Verwerfungen können die Unternehmen unter anderem nicht mehr so flexibel auf Veränderungen der Konsumnachfrage oder auf geopolitische Ereignisse wie die handelspolitischen Spannungen zwischen den USA und China, Großbritanniens Ausscheiden aus der Europäischen Union oder den Krieg in der Ukraine reagieren. Deshalb geben einige Unternehmen die seit Jahrzehnten im Supply-Chain-Management geltende Philosophie der Just-in-Time-Produktion auf und setzen verstärkt auf eine Just-in-Case-Strategie, bei der sie umfangreichere Lagerbestände vorhalten. Andere diversifizieren ihre Lieferanten und intensivieren das Nearshoring, verlagern also ihre eigene Produktion näher an die Region, in der die Nachfrage besteht, oder beziehen Lieferungen aus der näheren Nachbarschaft. Durch diesen Trend zum Nearshoring könnte das Interesse an lokalen Lagerhäusern steigen, wenn immer mehr Unternehmen ihre Lieferkette krisenfester gestalten wollen, um sich gegen Engpässe aufgrund geopolitischer Krisen oder eine Neuauflage der coronabedingten Engpässe abzusichern. In manchen Bereichen wollen auch die Regierungen die Abhängigkeit ihrer jeweiligen Länder von wichtigen Bauteilen aus dem Ausland verringern. Im August 2022 wurde in den USA ein Gesetz verabschiedet, das milliardenschwere Subventionen für Halbleiterproduktion und -forschung im Inland vorsieht. Die Europäische Union und andere Regionen haben ähnliche Pläne zum Aufbau einer eigenen Chipindustrie angekündigt. Langfristig kann dies zur Bekämpfung der globalen Engpässe bei Chips beitragen, die sich aus der steigenden Nachfrage nach Autos und anderen Produkten, für die die Chips benötigt werden, ergeben. Unternehmen, die diese Herausforderungen entlang der Lieferketten jetzt meistern, könnten besser positioniert sein, um künftige Disruptionsphasen zu überstehen oder sogar davon zu profitieren.

Zusammenfassend kann man sagen, dass es für Anleger unter strategischen Gesichtspunkten überlegenswert sein kann, was Lieferkettenprobleme für ihr Portfolio bedeuten können. Dies gilt sowohl in Form kurzfristiger Disruptionen als auch längerfristiger Chancen, die sich aus breiteren strukturellen Veränderungen im verarbeitenden Gewerbe und der Logistik und den entsprechenden Technologien ergeben könnten.

Ausblick auf die zukünftige Kapitalmarktentwicklung

In einem Umfeld, dass derzeit durch unüblich viele Unwägbarkeiten geprägt ist, fungieren mittelfristige Szenarien als ein Sicherheitsanker. So kann in einem vernünftigen Szenario, bei dem zu Grunde gelegt wird, dass die überhöhte Inflationsphase in spätestens drei Jahren endet, kann eine wirtschaftliche Entwicklung ähnlich wie vor der Pandemie verlaufen. Dies bedeutet, dass das globale Wirtschaftswachstum verhalten ist und die Inflation weitgehend unter Kontrolle ist. Die aktuellen Anleiherenditen in Europa entsprechen etwa diesem mittelfristigen Szenario, während sie in den USA derzeit leicht über dem mittelfristigen Gleichgewichtswert liegen.

An den Kapitalmärkten wird derzeit, anders als noch vor einigen Monaten, davon ausgegangen, dass es den führenden Notenbanken gelingen wird, die Inflation auf ihr Ziel von 2 Prozent zurückführen. Diese veränderte Markteinschätzung zeigt sich etwa im Rückgang der Inflationserwartungen an den Anleihemärkten. Dies kann dahingehend interpretiert werden, dass viele Investoren mittlerweile etwas weniger auf die kurzfristigen wirtschaftlichen Verwerfungen als auf eine Rückkehr von Normalität in der mittleren Frist fokussiert sind. Die Aktienrallye im Juli belegt zudem, dass am Kapitalmarkt weitgehend auf ein Soft-Landing gesetzt wird.

Deshalb sind die die aktuellen Anleiherenditen im Vergleich zu Geldmarktanlagen interessanter. Zudem haben sich mit der nachlassenden konjunkturellen Dynamik die Aussichten für Anleihen verbessert. Bei Zukäufen sollten kürzere bis mittlere Laufzeiten, mit dem Ziel, Anleihen auf Verfall zu halten bevorzugt werden.

Anlagemärkte Entwicklung

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Dieser Bericht dient ausschließlich zu Informationszwecken und die Angaben wurden mit Sorgfalt zusammengestellt. Für die Richtigkeit kann jedoch keine Gewähr übernommen werden. Allein verbindliche Grundlage für den Erwerb von Investmentfondsanteilen sind die jeweiligen Verkaufsprospekte und die jährlichen Rechenschaftsberichte. Diese sind Grundlage für die steuerliche Behandlung der Fondserträge. Die auf Fondsebene anfallenden Kosten (z.B. die Verwaltungsvergütung) wurden berücksichtigt. Die auf Kundenebene anfallenden Kosten (Ausgabeaufschlag und Depotkosten) sind ggfs. nicht berücksichtigt. Bei Fremdwährungen kann die Rendite infolge von Währungsschwankungen steigen oder fallen.

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Erläuterungen zu den Berechnungsgrundlagen:
Die Entwicklungen bzw. Endbeträge und Volatilitäten werden auf EUR-Basis berechnet. Grundlage für die Berechnung der Volatilität: Monatliche Returns, logarithmiert, annualisiert. Eventuelle Ausschüttungen bei Investmentfonds werden wieder angelegt. Die Wertentwicklung basiert auf 100 Prozent des Kapitaleinsatzes, die Wertentwicklungen p.a. und Volatilitäten werden aus dem gesamten der Auswertung zugrundeliegenden Zeitraum (wie angegeben) bestimmt.

Externe Quellen:

  • Kategorie-Durchschnitte: monatliche Berechnung durch EDISOFT GmbH über das Fondsuniversum der FVBS-Datenbank
  • Zinsen (Festgeld, Sparbuch): monatliche Durchschnittswerte der Dt. Bundesbank aus Meldungen deutscher Kreditinstitute
  • Inflation: monatliche Zahlen des Statistischen Bundesamts
  • Goldpreis: offizieller Feinunzen-Preis/London
  • Bereich “Für die Anleger ergeben sich daraus einerseits Herausforderungen, andererseits Chancen“ von  Allianz Global Investors GmbH

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