Donnerstag, 26. September 2024

Nebenwerte-Comeback: Familienunternehmen rücken in den Fokus

 In diesem Jahr schauen viele Anlageexperten mit dem Start der Zinssenkungen insbesondere auf Nebenwerte oder sogenannte Small- und Mid-Cap-Aktien. Die stark ansteigenden Zinsen und Rezessionsängste der letzten beiden Jahre haben dafür gesorgt, dass diese hinter den Aktien großer Unternehmen zurückgeblieben sind. Sie gelten daher aktuell als besonders günstig bewertet. Innerhalb dieses Anlagesegments lohnt es sich besonders, auf familiengeführte Unternehmen zu schauen.

Europäische Small Caps wachsen solide

In den letzten Jahren haben sich an den europäischen Aktienmärkten grundlegende Verschiebungen ereignet. Traditionell galten Aktien von Nebenwerten, also Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung, als profitabler als die von großen Unternehmen. Diese Regel schien jedoch seit September 2021 außer Kraft gesetzt. Der MSCI Europe Small Cap Index, der die Performance kleinerer Unternehmen misst, liegt seitdem fast sechs Prozent im Minus, während der MSCI Europe Large Cap Index, der die großen Unternehmen abbildet, um mehr als 25 Prozent zulegen konnte. Europäische Nebenwerte sind damit aktuell im Vergleich zu großen Unternehmen so günstig bewertet wie zuletzt während der Finanzkrise 2008.

Vergleich Kursindex MSCI Europe Large Cap und MSCI Europe Small Cap

Eine der Ursachen für die schwache Entwicklung der Small Caps war die aggressive Zinspolitik der Notenbanken seit März 2022. Diese führte zu Ängsten vor einer Rezession, die kleinere, oft konjunkturabhängige Unternehmen besonders hart traf. Auch der Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten spielte eine Rolle: Während große Unternehmen leichter an langfristige Anleihen mit festen Zinsen kommen, sind kleinere Unternehmen stärker auf variabel verzinste Bankkredite angewiesen und wurden daher von den Zinserhöhungen härter getroffen.

Die aktuelle Zinssenkungspolitik der Notenbanken könnte jedoch eine Trendwende einleiten

Sinkende Refinanzierungskosten werden vor allem den kleinen Unternehmen zugutekommen. Auch konjunkturell gibt es Hoffnung: Die US-Wirtschaft scheint einer Rezession zu entgehen und auch in Europa gibt es Anzeichen für eine Stabilisierung, was den Nebenwerten zusätzliche Unterstützung bieten könnte. Zudem vermehrt sich die Aktivität von Übernahmen kleinerer Unternehmen durch große Konzerne oder Private-Equity-Firmen, was als weiteres positives Signal gewertet wird.

Besonders interessant sind aktuell die Entwicklungen in den USA, wo sich die Aktienkurse von Unternehmen mit kleiner und mittlerer Marktkapitalisierung stärker erholen als der Gesamtmarkt. Der Russell 2000 Index, der kleine und mittlere Unternehmen abbildet, verzeichnete im Juli einen Anstieg von mehr als neuneinhalb Prozent, während der S&P 500 Index nur um rund anderthalb Prozent zulegte. Die gestiegene Sorge vor Klumpenrisiken bei den großen Technologiewerten hat ganz entscheidend zu dieser Entwicklung beigetragen.

Auch in Europa, insbesondere in Deutschland, könnten die Nebenwerte vor einem Comeback stehen. Der MDAX, der Index für mittelgroße Unternehmen, und der SDAX für kleinere Unternehmen haben seit Mitte 2022 deutlich schlechter abgeschnitten als der Leitindex DAX. Doch diese Unterbewertung könnte jetzt Chancen bieten.

So erfolgreich sind deutsche Familienunternehmen

Insgesamt scheinen die Vorzeichen für ein Comeback der Small Caps in Europa und den USA damit günstiger denn je. Die Kombination aus günstigen Bewertungen, möglichen Zinssenkungen und konjunkturellen Hoffnungen könnte das lang ersehnte Revival der kleinen und mittelgroßen Unternehmen einläuten. Besonders interessant sind in diesem Segment familiengeführte Unternehmen, da sie durch einige vorteilhafte Charakteristika auszeichnen.

Nebenwerte sind nicht alle gleich - Manche haben Aufholpotenzial und manche nicht

Gerade Deutschland ist für die Vielzahl seiner „Hidden Champions“ bekannt, also für Weltmarktführer in Nischenmärkten, und Familienunternehmen spielen dabei eine zentrale Rolle. Diese Unternehmen sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft: Rund 90 Prozent aller Unternehmen sind hierzulande inhaber- oder familiengeführt und sie machen etwa 40 Prozent der börsennotierten Unternehmen aus. Die größten 1000 Familienunternehmen in Deutschland erzielen einen Jahresumsatz von beeindruckenden 2,06 Billionen Euro, wobei 253 dieser Unternehmen jeweils über eine Milliarde Euro umsetzen.

Familienunternehmen zeichnen sich durch eine langfristige Ausrichtung und eine konservative Finanzstrategie aus, was sie besonders interessant für Anleger macht. Im Gegensatz zu managergeführten Firmen, die oft kurzfristige Quartalsergebnisse im Blick haben, verfolgen Familienunternehmen eine nachhaltige Wachstumsstrategie. Dies führt oft zu einer stabileren Kursentwicklung an den Börsen, da diese Unternehmen weniger anfällig für kurzfristige Marktschwankungen sind und sich besser auf wirtschaftliche Turbulenzen einstellen können.

Studien belegen diese Eigenschaften und den daraus resultierenden Erfolg: Im Zeitraum von 2009 bis 2018 stiegen die Erlöse von Familienunternehmen um 122 Prozent, während Nicht-Familienunternehmen lediglich ein Plus von 50 Prozent verzeichneten.

Hohe Eigenkapitalquote bringt in Krisenzeiten Familienunternehmen Vorteile

Auch die Eigenkapitalquote ist bei Familienunternehmen im Durchschnitt deutlich höher, was ihnen in Krisenzeiten zugutekommt. Diese Unternehmen neigen weniger zu hohen Verschuldungen und verfolgen meist organisches Wachstum, was eine potenzielle Schieflage verhindert. Der DAXplus Family 30, ein Index der 30 größten familiengeführten Unternehmen in Deutschland, zeigt deutlich, wie erfolgreich diese Unternehmen sein können. Über einen Zeitraum von zehn Jahren erzielte dieser Index 59 Prozent mehr Ertrag als der DAX. Dies unterstreicht, dass ein Investment in Familienunternehmen nicht nur eine konservative, sondern auch eine gewinnbringende Strategie sein kann.

Für Anleger, die in familiengeführte Unternehmen investieren möchten, bieten sich verschiedene Möglichkeiten. Sie können entweder in einzelne Aktien investieren oder sich für spezialisierte Fonds oder ETFs entscheiden, die in solche Unternehmen investieren. Diese Investmentstrategie kann besonders in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit vorteilhaft sein, da Familienunternehmen in der Regel widerstandsfähiger gegenüber Marktschwankungen sind und langfristig eine bessere Performance erzielen.

Fazit

Insgesamt sind familiengeführte Unternehmen und Small Caps nicht nur für die Wirtschaft unverzichtbar, sondern bieten auch für Anleger interessante Möglichkeiten. Ihre geringere Korrelation zu Large Cap-Aktien erhöht die Diversifikation im Portfolio und senkt damit das Gesamtrisiko im Depot. Außerdem sind sie weniger von internationalen Märkten abhängig, wodurch das Portfolio gegenüber globalen Risiken abgeschirmt wird. Besonders hervorzuheben sind in diesem Segment familiengeführte Unternehmen, deren langfristige Ausrichtung, finanzielle Stabilität und die enge Verbindung zwischen Eigentümern und Unternehmen gerade in unsicheren Zeiten von Vorteil sind.

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Montag, 16. September 2024

US-Wahl 2024: Trump oder Harris - Die Qual der Wahl für Anleger?

 US-Präsidentschaftswahlen haben in der Regel immer eine ganz eigene Dramatik. Dies gilt insbesondere für bevorstehende Wahl in diesem Jahr: Ein versuchtes Attentat und ein Kandidatenrückzug innerhalb weniger Tage. Heftige verbale Attacken und eine gespaltene US-Gesellschaft. Das Ergebnis der Wahl ist dabei noch vollständig offen, wird aber unabhängig vom Wahlsieger in jedem Fall auch Auswirkungen auf Europa und die Börsen haben. Daher soll in diesem Beitrag ein Blick auf die möglichen Folgen einer Trump- oder Harris-Präsidentschaft für die Anleger geworfen werden.

Kandidatenwechsel der Demokraten sorgt für Spannung

Mit dem Verzicht von Präsident Joe Biden auf eine erneute Kandidatur rückt Kamala Harris, die derzeitige Vizepräsidentin der USA, als neue Kandidatin der Demokraten ins Rampenlicht. Der Aufstieg von Harris zur Präsidentschaftskandidatin könnte weitreichende Auswirkungen auf verschiedene Wirtschaftssektoren haben, insbesondere auf die Technologiebranche. Ihre engen Verbindungen zu Silicon Valley, ihre politische Agenda sowie ihre früheren Handlungen als Generalstaatsanwältin von Kalifornien können Hinweise auf die wirtschaftlichen Konsequenzen ihrer Präsidentschaft geben.

Wie

Technologie und Big Tech: Eine enge Beziehung mit Vor- und Nachteilen

Kamala Harris hat sich im Laufe ihrer politischen Karriere ein umfangreiches Netzwerk in der Technologiebranche aufgebaut. Führende Tech-Investoren wie Reid Hoffman (LinkedIn-Mitgründer) und Ron Conway haben ihre politischen Ambitionen früh unterstützt. Harris' tiefe Wurzeln in der Bay Area und ihre Verbindungen zu Schlüsselfiguren der Branche könnten Technologieaktien zugutekommen. Analysten prognostizieren, dass ihre Präsidentschaft den Tech-Sektor weiter beflügeln könnte.

Die Märkte haben bereits positiv auf die Aussicht einer Harris-Kandidatur reagiert. Nach Bidens Rückzugsankündigung stiegen die Kurse von Tech-Giganten wie Alphabet, Meta und Nvidia um etwa 2 Prozent. Dies deutet darauf hin, dass Investoren auf eine Fortsetzung des positiven Trends spekulieren sollten, sollte Harris ins Weiße Haus einziehen.

Trotz ihrer engen Beziehungen zur Tech-Industrie hat Harris auch für strengere Regulierungen der Branche plädiert. Als Generalstaatsanwältin von Kalifornien verklagte sie Unternehmen wie eBay wegen wettbewerbswidriger Praktiken und zwang das Startup Houzz, einen Datenschutzbeauftragten einzustellen. Zudem setzte sie sich gegen das Verbreiten von „Rachepornos“ in sozialen Medien ein, was dazu führte, dass Unternehmen wie Meta und Google teure Maßnahmen ergreifen mussten, um entsprechende Inhalte zu entfernen.

Die Unterstützung von Harris für strengere Regulierungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) zeigt sich in ihrer Unterstützung für eine Verordnung von Biden, die einen stärkeren Schutz der Verbraucher vorsieht. Bei Treffen mit führenden Technologiemanagern warnte sie vor den potenziellen Gefahren der KI und betonte die moralische Verpflichtung der Unternehmen, Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Steuerpolitik: Höhere Abgaben für Reiche und Unternehmen

Eine Präsidentschaft von Harris könnte darüber hinaus zu höheren Steuern für Topverdiener und Unternehmen führen. Harris hat bereits in ihrer Präsidentschaftskampagne 2019 eine Anhebung des Unternehmenssteuersatzes auf 35 Prozent gefordert und plant, Kapitalerträge zu regulären Einkommensteuersätzen zu besteuern. Diese Maßnahmen könnten die Gewinne einiger Unternehmen belasten, jedoch auch Investitionen in Infrastruktur und Sozialprogramme finanzieren.
Ein zentraler Punkt ihrer wirtschaftspolitischen Agenda ist die Einführung einer Finanztransaktionssteuer zur Finanzierung von „Medicare for All“.

Konkret sieht ihr Plan vor, Aktientransaktionen mit einem Steuersatz von 0,2 Prozent zu belegen. Diese Steuer stößt jedoch auf heftigen Widerstand an der Wall Street, da sie Kleinanleger und Sparer benachteiligen könnte und negative Auswirkungen auf die Marktliquidität und die Markteffizienz befürchtet werden.

Klima und Energie: Priorität auf saubere Energie

Harris teilt Bidens Positionen zu Klima und Energie, wobei sie saubere Energie und Umweltgerechtigkeit priorisiert. Als Generalstaatsanwältin von Kalifornien führte sie Klagen gegen die Ölindustrie und unterstützte Maßnahmen zum Umweltschutz. Ihre Teilnahme an internationalen Klimaverhandlungen und ihre Zusage von drei Milliarden Dollar für den Grünen Klimafonds unterstreichen ihr Engagement für den Klimaschutz.

Mit Ihren politischen Zielen bietet sie aber auch Angriffsfläche für die Republikaner. Ex-Präsident Donald Trump kritisiert die wirtschafts- und finanzpolitischen Pläne von Harris scharf, besonders ihre Steuererhöhungen. Er wird die höheren Unternehmensabgaben als jobfeindlich und wachstumsschädlich anprangern, da sie Arbeitsplätze vernichten und Investitionen bremsen könnten. Auch die vorgeschlagene Finanztransaktionssteuer wird bereits als Angriff auf die Altersvorsorge der Mittelschicht dargestellt.

Trump bezeichnet die Pläne in seinen letzten Ansprachen als Teil einer "linksradikalen" Agenda und behauptet, sie verfolgen einen "sozialistischen" Kurs, der die US-Wirtschaft untergräbt. Ihre engen Verbindungen zur Tech-Branche und zu China bieten ihm weitere Angriffsflächen, um sie als zu nachgiebig gegenüber Peking darzustellen. Er selbst wird voraussichtlich die Politik aus seiner ersten Amtszeit fortführen.

Handelskonflikte: Risiken für deutsche Wirtschaft und Autoindustrie

Trumps "America First"-Doktrin könnte ein Wiederaufleben der Handelskonflikte nach dem Muster seiner ersten Amtszeit bedeuten. Besonders die deutsche Autoindustrie müsste sich auf mögliche Strafzölle einstellen, die laut ifo-Institut die deutsche Wirtschaft rund 5 Milliarden Euro kosten könnten. Simulationen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigen, dass ein 10-prozentiger Zoll auf alle US-Importe das deutsche BIP-Niveau bis 2028 um 1,2 bis 1,4 Prozent senken könnte, was kumulierte BIP-Verluste von 120 bis 150 Milliarden Euro bedeuten würde.

Unternehmenssteuern: Entlastung für Firmen geplant

Trotz dieser Risiken wird eine Trump-Regierung auch wirtschaftsfreundliche Maßnahmen ergreifen, wie Steuersenkungen, von denen auch deutsche Firmen mit US-Töchtern profitieren könnten. Während seiner ersten Amtszeit stieg der S&P 500 immerhin um 70 Prozent, was auf eine positive Marktreaktion auf seine Steuer- und Deregulierungspolitik hinweist.

Regulierung: Einfluss auf Sektoren und Tech-Welt

Trump wird voraussichtlich eine lockerere Regulierung und höhere Handelszölle anstreben. Der Energie- und Finanzsektor könnte von weniger Regulierung profitieren, während europäische Banken Wettbewerbsnachteile befürchten müssen. Gleichzeitig könnten höhere Militärausgaben in Europa Unternehmen in dieser Branche zugutekommen.

Ein besonderer Fokus vom möglichen Vizepräsidenten J.D. Vance liegt auf der Regulierung der großen Tech-Unternehmen wie Google, Apple und Amazon, die er als zu mächtig betrachtet. Trumps Haltung gegenüber TikTok und anderen Tech-Giganten könnte ebenfalls zu einer strengeren Regulierung und sogar möglichen Zerschlagungen führen.

Auswirkungen auf die Halbleiterbranche

Die Aussicht auf Trumps Wahlsieg hat bereits die Aktien der großen Halbleiterkonzerne wie Nvidia und AMD unter Druck gesetzt. Trumps Zweifel an der Verteidigung Taiwans im Falle eines chinesischen Angriffs und seine Erwägung neuer Strafzölle auf Ausfuhren aus China könnten die Halbleiterbranche empfindlich treffen. Taiwan ist ein zentraler Akteur in der globalen Chipproduktion, und Unsicherheiten in dieser Region könnten massive Auswirkungen auf die Technologieindustrie haben.

Fazit

Anleger sollten mit Blick auf die US-Wahl nicht die anderen Faktoren für die globale Wirtschaftsentwicklung aus den Augen verlieren. So dominant der Kampf um das „Weiße Haus“ in den Medien auch sein wird, für die Aktienmärkte sind die Wahlergebnisse in der Regel von geringerer Bedeutung. Wahljahre waren in der Historie sogar eher von geringeren Schwankungen geprägt. Auch in diesem Jahr werden die Entscheidungen der Notenbanken zu weiteren Zinssenkungen, Inflationserwartungen und Geopolitik eine entscheidendere Rolle spielen und die Richtung an den Börsen vorgeben.

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