Mittwoch, 27. Juli 2022

Geldanlagen im 2. Quartal 2022 - Durch die Eskalation der Ukraine-Krise wird in der Ökonomie und an den Finanzmärkten die Lage verschärft

 Im zweiten Quartal 2022 war die Eskalation der Ukraine-Krise das prägende Thema, was sowohl vielfältige Auswirkungen in der Politik, Wirtschaft und an den Finanzmärkten als auch in der Zentralbankpolitik mit sich brachte. Die Ukraine-Krise ist und bleibt derzeit das beherrschende Thema für diese vier Sektoren.

Politisch zeigte sich im Verlauf eine zunehmende Teilung der Welt

Westlich orientierte Länder, bzw. Regionen wie Nordamerika, Europa, Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland verstärkten das Sanktionsregime gegenüber Russland als Reaktion auf die russische Aggression gegenüber der Ukraine. Die restliche Welt, was ca. 85 Prozent der Weltbevölkerung entspricht, die nicht an Sanktionen teilnimmt, erfreut sich dank Versorgungssicherheit und Preisabschlägen bei Rohstoffimporten aus Russland verbesserter Wirtschafts- und Investitionsbedingungen, leidet aber gleichzeitig an globalen Konjunkturdynamikverlusten und Lieferengpässen. In der EU wird derzeit das siebte Sanktionspaket gegen Russland seitens der Ukraine eingefordert.

Inflationsrate in der Ukraine 1993 bis 2021

Die Weltwirtschaft war im 2. Quartal 2022 von Dynamikverlusten geprägt. Das gilt allen voran für Länder, die der westlichen Hemisphäre angehören. So senkte der Internationale Währungsfonds im April 2022 im World Economic Outlook die BIP-Prognose für die Weltwirtschaft per 2022 unter dem Titel „Der Krieg verlangsamt die Erholung“ von zuvor 4,4 Prozent (Januar 2022) auf 3,6 Prozent. Ein entscheidender Hintergrund für die negative Anpassung war und ist der erhöhte Preisdruck, der durch das westliche Sanktionsregime forciert wurde, der Kosten in der Weltwirtschaft erhöhte und der Investitionsunsicherheit begründete. Auch das Thema Versorgungssicherheit mit Energie und Rohstoffen belastete die Weltwirtschaft. Zusätzlich wirkte sich die rigorose Corona-Politik in China, welche die ohnehin gegebenen Lieferkettenprobleme verschärfte, negativ aus.

Die Finanzmärkte reagierten im 2. Quartal 2022 in einer grundsätzlichen Betrachtung mit erhöhter Risikowahrnehmung auf die Dynamikverluste der Weltwirtschaft und die gleichzeitigen Kostensteigerungen durch Rohstoffpreise, Zinskosten sowie einer drohenden Preis-Lohn Spirale. In der Folge sank der deutsche Aktienindex DAX von 14.529 Punkten am 4. April 2022 auf zuletzt unter 13.000 Punkte im Juni 2022. Dazu kam, dass Zinserhöhungen im 2. Quartal 2022 verstärkt einsetzten. Die US-Notenbank erhöhte im 2. Quartal den Leitzins von 0,25 Prozent - 0,50 Prozent auf derzeit 1,50 Prozent - 1,75 Prozent und kündigte weitere Zinsschritte an. Die EZB ließ verlauten, den Leitzins im Juli voraussichtlich von 0,00 Prozent auf 0,25 Prozent anzuheben. Auch hier stehen weitere Zinserhöhungen an.

Westeuropa bleibt Verlierer der Krise

Mangels autarker Rohstoffversorgung ist Europa von der Krise am stärksten betroffen. Ergo wirken sich die Themen Versorgungsunsicherheit und hohe Preisniveaus der Rohstoffe belastend aus. Aktuelle Einkaufsmanagerindizes der Eurozone indizieren eine markante Abschwächung der Konjunkturlage. So sank der von Standard & Poors ermittelte Einkaufsmanager Index für die Gesamtwirtschaft (Composite Index) im Berichtsmonat Juni 2022 auf 51,9 Punkte (Vormonat 54,9). Das war der niedrigste Wert seit März 2021. Unter 50 Punkten impliziert der Index eine Kontraktion der Wirtschaft. Die Preisinflation erklomm in der Eurozone mit 8,1 Prozent das höchste Niveau in der Historie der Eurozone und setzt Politik und Zentralbank unter Druck.

Innerhalb Europas ist Deutschland mit seiner stark auf Produktion und Export geprägten Wirtschaft ungleich schwerer betroffen als Länder wie Italien und Frankreich, die eine stärkere Binnenwirtschaft vorzuweisen haben. Außerhalb der Eurozone bleibt die Ukraine der größte Verlierer innerhalb Europas. Sowohl Russlands Datensätze als auch BIP-Prognosen unterlagen dagegen positiven Anpassungen, jedoch von sehr niedrigen Niveaus ausgehend. So wurde die BIP-Prognose zuletzt von -9,2 Prozent auf -7,5 Prozent angepasst. Per Mai kam es zu einem signifikanten Rückgang des Anstiegs der Erzeugerpreise von circa 31 Prozent auf circa 19 Prozent im Jahresvergleich. Die erhöhten Rohstoffpreise führen zu unerwartet hohen Einnahmen. Der Rubel bewegt sich in der Folge gegenüber dem USD auf dem höchsten Niveau seit 2015.

USA: Konjunkturfissuren nehmen zu – Fed reagiert auf Inflation

Nachdem es im 1. Quartal 2022 unerwartet zu einer Kontraktion der Wirtschaftsleistung kam (-1,5 Prozent in der auf das Jahr hochgerechneten Fassung) ergaben sich im 2. Quartal 2022 divergierende Signale. Laut dem Barometer der Federal Reserve Atlanta, die alle verfügbaren Daten des Quartals berücksichtigt, liegt die Prognose für das 2. Quartal 2022 bei 0,00 Prozent (Stand 17. Juni). Anders als in Europa haben die Vereinigten Staaten Versorgungssicherheit. Die hohen Preise der Rohstoffe wirken sich analog zu Europa belastend aus. Die Verbraucherpreise legten zuletzt im Jahresvergleich um 8,6 Prozent zu. Das war der höchste Anstieg seit 1981.

In der US-Wirtschaft spielt Kredit eine größere Rolle als in Europa. So legte die Konsumverschuldung in den letzten beiden Berichtsmonaten markant um circa insgesamt 90 Mrd. USD zu (Durchschnitt zuvor circa 45 Mrd. USD für Zweimonatsperioden). Das Verbrauchervertrauen nach Lesart der Universität Michigan (vorläufiger Wert) sank per Juni 2022 auf den tiefsten Wert in der bis 1980 zurückreichenden Historie. Entsprechend ist das bremsende Potenzial von Zinserhöhungen auf die Konjunkturlage voraussichtlich erheblicher als in stärker vom Einkommen getriebenen Volkswirtschaften (Europa).
Der Chef der US-Notenbank Fed spricht vor dem Hintergrund der verfügten und der angekündigten Zinserhöhungen von einer starken und widerstandsfähigen US-Konjunktur. Die Strukturdaten weisen Fissuren auf. Die Konjunkturdaten zeigten im 2. Quartal 2022 keine Einheitlichkeit.

Schwellenländer: Ein buntes Bild

Die Dynamikverluste der Weltwirtschaft wirkten und wirken sich in den Schwellenländern belastend aus. Die Schwellenländer nehmen weit überwiegend jedoch nicht am westlichen Sanktionsregime teil und schaffen damit ohne eigene Aktivität im relativen Vergleich zu westlichen Ländern verbesserte wirtschaftliche Rahmenbedingungen hinsichtlich Versorgungssicherheit und Preisniveau in der Rohstoffversorgung. Dennoch belasten die vom Westen verfügten Sanktionen bezüglich der Agrarrohstoffe Probleme allen voran bei ärmeren Ländern, insbesondere in Afrika. Asien zeigt sich widerstandsfähig und profitiert aus der Konstellation. So steigt die Investitionstätigkeit ausländischer Unternehmen in China weiter im zweistelligen Bereich. Auch sind diese Länder einem geringeren Inflationsdruck ausgesetzt. In China nahmen die Verbraucherpreise zuletzt um 2,1 Prozent im Jahresvergleich zu. Nach einer leichten Zinssenkung im 1. Quartal in China um 0,15 Prozent sind weitere Zinssenkungen möglich. Gleichzeitig formiert sich die BRICS-Gruppe in Richtung Erweiterung und Emanzipation von dem vom Westen dominierten Wirtschafts- und Finanzsystem.

Märkte: Geopolitik bestimmte und bestimmt

Die Märkte bewegten sich fortgesetzt in der Taktung der Geopolitik, aber jetzt im Unterschied zum 1. Quartal zusätzlich in der Taktung der Inflationsentwicklung und der Zinspolitik. So verlor der japanische Yen stark ob der Verweigerung der Bank of Japan, das Thema Zinserhöhungen anzugehen. Im 2. Quartal bestimmten Risikoaversion und Inflationsanstieg die Finanzmärkte. Während die Hauptwährungen Kaufkraft durch Inflation verloren, deflationierten die Risikoaktiva an den Märkten. Zusammengefasst ergaben sich global aus diesen beiden Konstellationen markante Wohlstandsverluste.

Fazit
Das zweite Quartal 2022 hat beachtliche Turbulenzen auf unterschiedlichsten Ebenen mit sich gebracht. Die regelbasierte Ordnung hat weiter Schaden genommen. Die regelbasierte Ordnung ist sowohl Grundlage des globalen Wirtschaftsverkehrs als auch der internationalen Politik. Das erodierte Vertrauen in das System hat strukturellen Schaden ausgelöst, der das Vertrauen in das System belastet. Die daraus mittel- und langfristigen Folgen werden nicht nur konjunkturell markant sein. Neue Strukturen werden sich in der Politik, der Finanz- und in der Realwirtschaft aus dieser Not heraus etablieren. Diese Veränderungen werden die Charakteristika einer multilateralen Ordnung sein, die zu Lasten der jetzt dominanten Ordnung gehen.

Quartalsbericht Q2 2022

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Freitag, 22. Juli 2022

Anlagekommentar Juni 2022 - Die Leitzinserhöhungen vieler Zentralbanken beunruhigen die Kapitalanleger und sorgen für Rezessionsängste

 Die US-Notenbank Federal Reserve System (Fed) hat wie erwartet den Leitzins um 0,75 Prozent erhöht und auch gleich weitere Zinsanhebungen signalisiert. Die Inflationsrate stieg in den USA stärker als erwartet wurde auf ein 40-Jahreshoch von 8,6 Prozent. In der Eurozone wurde ein gleichstarker Preisanstieg registriert. Dadurch kamen in der Eurozone wieder alte Ängste vor einem Auseinanderbrechen der Währungsgemeinschaft auf. Denn der Kreditaufschlag für das stark verschuldete Italien erhöhte sich so stark, dass die Rendite langlaufender italienischer Staatspapiere kurzzeitig die 4 Prozent-Marke überschritten hatte. Auch Spaniens zehnjährige Staatspapiere rentierten mit 3 Prozent ebenfalls deutlich höher als bisher.

Die Europäische Zentralbank (EZB) beraumte wegen der derzeitigen Situation kurzfristig eine Notfallsitzung ein. Als Resultat stellt die EZB ein neues Anti-Fragmentierungstool zur Dämpfung übermäßig starker Ausweitungen der Kreditaufschläge vor. Von den Marktteilnehmern wurde diese Maßnahme jedoch nicht als nachhaltig angesehen. Im Juli 2022 soll es eine erste Zinserhöhung der EZB geben, gefolgt von einem potenziell größeren Zinsschritt im September 2022. Mit diesen Ankündigungen folgt man der britischen Zentralbank , die den Leitzins auf 1,25 Prozent anhoben hat und der Schweizer Notenbank, die ihren Leitzins überraschend um 0,5 Prozent auf minus 0,25 Prozent erhöhte.

Entwicklung der Anlagemärkte im Juni 2022

Die Kapitalmärkte wurden im Juni von starken Verlusten geprägt. Die Ängste vor einer globalen Rezession, unvermindert steigende Inflationsraten, der aggressive geldpolitische Kurs der westlichen Zentralbanken und der andauernde Krieg in der Ukraine ließen Aktien-, Anleihen- und Rohstoffmärkte einbrechen.

In diesem Zuge kam der weltweite MSCI World Index mit -8,8 Prozent in US-Dollar gerechnet unter die Räder und in Euro umgerechnet lag der Verlust bei nur bei -6,4 Prozent. Dies lag daran, dass die US-Währung infolge der aggressiven Zinserhöhung von der amerikanischen Zentralbank Federal Reserve System (Fed) und der zögerlicheren Haltung der Europäischen Zentralbank (EZB) gegenüber dem Euro kräftig aufwertete. Sowohl in Nordamerika als auch in Europa sind die Verluste bei den Aktienwerten massiv ausgefallen. So verlor der marktbreite US-S&P 500 Index -8,4 Prozent und der europäische Stoxx Europe 600 Index gab um -8,2 Prozent nach.

DAX Entwicklung

So gingen besonders in jenen europäischen Volkswirtschaften, die stark vom russischen Gas abhängen, die Leitindizes überproportional in die Knie. Deutschlands (-11,2 Prozent), Italiens (-5,2 Prozent) und Österreichs (-13,4 Prozent) Aktienmärkte haben dadurch prozentual zweistellig verloren. Dagegen konnten sich chinesische Aktien dem Abwärtstrend entziehen. Nach den monatlich fallenden Kursen haben Chinas Aktienindizes scheinbar einen Boden gefunden. Nachdem eine Reihe von Corona-Restriktionen beendet wurden und die chinesische Regierung massive wirtschaftspolitische Unterstützung ankündigte, konnte beispielsweise der Shanghai Composite um +6,7 Prozent ansteigen. Der japanische NIKKEI 225 Index war dagegen mit einem Rückgang von -3,2 Prozent auf der Verliererseite.

An den globalen Rentenmärkten verlief die Entwicklung im Juni 2022 nicht minder dramatisch. So die Rendite der zehnjährigen deutschen Staatsanleihen in der Spitze um 75 Basispunkte auf 1,9 Prozent an und lag dann am Ende des Monats aber nur noch bei 1,3 Prozent. Die Kurse der US-Staatspapiere mit einer langen Laufzeit verloren ebenfalls dramatisch. Die Rendite stieg auf 3,5 Prozent und war dann zum Monatsende bei knapp über der 3 Prozent-Marke. Je risikoreicher die entsprechenden festverzinslichen Anleihen waren, desto stärker fielen die Verluste aus. So verloren amerikanische Unternehmensanleihen mit guter Qualität -3,4 Prozent, die europäischen Pendants gingen mit -3,6 Prozent nach unten. Dazu kam, dass verstärkt durch die Sorgen vor einem wirtschaftlichen Abschwung es bei US-Hochzinsanleihen sogar über -7 Prozent abwärts ging.

Besonders hart wurden die Rohstoffpreise getroffen. Bei den Industriemetallen und Agrarrohstoffen hatten sich im bisherigen Jahresverlauf infolge vielfältiger Angebotsstörungen die Preise bereits auf einem höheren Niveaus positioniert. Jetzt erfuhren diese Anlageklassen aber mit Blick auf eine drohende Rezession und der Erwartung einer einbrechenden Nachfrage massive Abgaben. So verlor der Weizenpreis fast 20 Prozent und der Preis für Kupfer, welcher als Indikator für das Wirtschaftswachstum gilt, brach 12,6 Prozent ein. Das Rohöl notierte mit 5,5 Prozent niedriger und Gold konnte sich dagegen trotz der massiven Aufwertung des US-Dollars mit nur minus 1,6% gut behaupten, weil die geopolitischen Risiken und der Crash der konkurrierenden Kryptowährungen, der Bitcoin sackte unter die Marke von 20.000 US-Dollar, die Suche nach Sicherheit befeuerten.

Die strukturellen Trends sind weiter intakt

Technologiewerte genossen lange ein besonderes Umfeld: Bei äußerst niedrigen Zinsen ließ sich Wachstum leicht finanzieren, Wachstum rangierte vor Profitabilität, und Corona beschleunigte die Digitalisierung ganzer Sektoren und Lebensbereiche. Für die Investoren waren diese in dieser Konstellation die Lieblinge in der Anlagestrategie. Doch seit Anfang 2022 hat sich dies grundlegend geändert. So sind die strukturellen Treiber, vor allem die Digitalisierung, nicht verschwunden, aber der monetäre Rückenwind hat sich durch die Zinswende in Gegenwind verwandelt: Denn das Wachstum zu finanzieren kostet jetzt mehr.

Außerdem bestehen darüber hinaus zunehmend geopolitische Risiken. In dieser Situation geht es vielen Investoren eher um Profitabilität als um Wachstum. Der Markt passt sich somit aktuell an dieses neue Umfeld an. Der NASDAQ 100 Index, welcher die Entwicklung der 100 größten US-Technologieunternehmen abbildet, hat seit Jahresanfang gut -31 Prozent Rückgang hinnehmen müssen und der S&P 500 Index, der Aktienindex der 500 größten US-Unternehmen, musste dagegen „nur“ -21 Prozent verbuchen.

Börsenwerte von IBM, Microsoft, Google und Apple 2009 und 2022 im Vergleich

Für Techunternehmen gilt jetzt die Wachstumserwartungen herunterzuschrauben

Derzeit macht sich die Kombination aus Inflation und schlechter Verbraucherstimmung in vielen Technologiesegmenten bemerkbar. Unternehmen, welche eine starke Basis aus den Corona-Jahren gebildet hatten und stark gewachsen sind, müssen nun ihre Prognosen für das laufende Jahr zurücknehmen. Hier sind vor allem Unternehmen aus dem E-Commerce-, Social-Media- und Werbesegment zu nennen, deren Wachstumsraten zurückgehen. Deshalb prüfen auch viele Technologiekonzerne und Startups nun erstmals Kostensenkungsoptionen. So werden Neueinstellungen erst einmal aufgeschoben oder einzelne Mitarbeiter werden sogar entlassen.

Bei den Techunternehmen gewinnen Fusionen und Übernahmen an Fahrt

Durch den aktuellen Abverkauf und die somit deutlich günstigeren Bewertungen in einer Branche, in der strukturell zugrundeliegende Trends intakt sind, könnten sich nun Fusionen und Übernahmen häufen. Auf dem Höhepunkt der Dotcom-Blase hatten die Technologiewerte im S&P 500 ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 62,3, das heutige KGV im Nasdaq 100 liegt dagegen bei 24,1. Dieser Vergleich zeigt, dass die Tech-Werte besser aufgestellt sind als früher und durch die wirtschaftlich guten Jahre auch gewisse Cash-Polster aufgebaut haben, um in schlechteren Zeiten Liquidität für Aktienrückkäufe, Dividenden oder Zukäufe zu haben.

Die Nachfrage nach Cybersicherheitslösungen wächst stark an

Unternehmen, welche sich auf Cybersecurity spezialisiert haben, sind im Technologiesektor besonders attraktiv. Denn durch die wachsende Digitalisierung der Unternehmen und dem aktuellen Ukraine-Konflikt hat sich weltweit auch die Anfälligkeit für Cyber-Attacken erhöht. Früher mussten Unternehmen in einen analogen Werkschutz investieren, um ihr Warenlager zu schützen, dagegen brauchen sie heute digitale Sicherheitssysteme. Deshalb wird die Nachfrage an Cyber-Security-Lösungen mindestens genauso so stark steigen wie die Digitalisierungsrate in den Unternehmen, um einfach das geistiges Eigentum zu schützen.

Der Cloud- und Softwaresektor boomt

Auch für Cloud- und Software-Anbieter gibt es aktuell spannende Investitionsmöglichkeiten, da sich diese oft durch hohe Margen und wiederkehrende Umsätze auszeichnen. Der Trend zur Cloud ist weiter ungebrochen und hat sich zuletzt sogar noch einmal beschleunigt. Früher haben Unternehmen ihre Server oft selbst betrieben, heute greifen sie nun für die Cloud fast ausschließlich auf externe Anbieter zurück. Dies bietet den Vorteil, dass Kapazitäten nicht lokal bereitgestellt werden müssen und bei Bedarf einfach angepasst werden können. Die Kosten für das Betreiben oder die Anschaffung der eigenen Server entfallen, wodurch auch Softwarewerte weiter Potenzial haben könnten.

Dazu kommt, dass die Umstellung vom Kaufen aufs Abonnieren von Software – Stichwort „Software as a Service“ (SaaS) – eine der großen Veränderungen der vergangenen Jahre war. Die Kunden haben früher individuell eine Softwarelizenz gekauft und lokal installiert. Heute nutzen Unternehmen oder Privatpersonen eine Anwendung über das Internet und zahlen für die Nutzung, nicht für das Programm selbst. Updates und Wartung der Software entfallen, und das Unternehmen, das SaaS-Service zur Verfügung stellt, erhält eine monatliche Gebühr. Die Vorteile sind kalkulierbare, wiederkehrende Einnahmen, ein stabiler Cashflow und dauerhafte Kundenbindungen, aber auch eine gewisse Abhängigkeit.

Einige Softwareunternehmen, darunter Adobe, Salesforce, Intuit oder Autodesk können über 90 Prozent ihrer Umsätze als wiederkehrend verbuchen. Solche verlässlichen Einnahmen sind für Investoren gerade dann interessant, wenn die konjunkturelle Lage ungewiss ist.

Ausblick auf die zukünftige Kapitalmarktentwicklung

Auf der Grundlage eines mittelfristigen konstruktiven Szenarios für die Weltwirtschaft, wie tiefe, aber positive reale Wachstumsraten und einer Inflationsrate im Rahmen der Ziele führender Zentralbanken von 2 Prozent, bietet sich für mittelfristig orientierte Anleger aktuell eine etwa neutrale Aktienallokation mit einem Depotanteil 50-60 Prozent an. Allerdings ist für die kommenden 6 bis 12 Monate das Szenario der Bandbreite wesentlich größer als üblich. Insbesondere scheinen aus heutiger Sicht die Rückschlagsrisiken mindestens ebenso ausgeprägt zu sein wie die Erholungschancen, was für kurzfristig orientierte Anleger eine gewisse Zurückhaltung bedeutet.

Ebenso sollten Neuanlagen gestaffelt getätigt werden, nach Rückschlägen kann zugekauft werden. So dürfte sich die US-Börse mittel- und längerfristig gut entwickeln, derzeit besteht aber eine gewisse Präferenz für Europa. Katalysatoren für eine Outperformance der Schwellenländer Asiens oder Japans sind derzeit kaum erkennbar. Bezüglich Marktsegmente spricht viel für eine leicht defensive Branchenallokation und zumindest eine Marktgewichtung der Value Branchen (u.a. Finanzwerte, mit einem Fokus auf Versicherungen, Energie, Telekommunikation und generell Unternehmen mit überdurchschnittlicher Dividendenrendite).

Bei Rentenpapieren sollte man nicht weiter untergewichtet sein, da sich mit den gestiegenen Renditen Chancen und Risiken nun etwa die Waage halten. Mittlerweile sind auch in Europa und in fast allen Märkten und Laufzeitensegmenten, die Renditen positiv. Aufgrund konjunktureller Unsicherheiten und positiver Renditen bei Staatsanleihen sollten Unternehmensanleihen gegenüber Staatsanleihen nicht mehr bevorzugt werden. Aktuell muss man weiterhin von hohen Rohstoff- und Energiepreise ausgehen, wobei ein erneuter deutlicher Anstieg nicht dem Hauptszenario entspricht. Der Rohstoffsektor, beispielsweise Aktien von Erdöl- und Erdgasunternehmen, bieten sich weiterhin zur Diversifikation der Anlagestrategie an.

Anlagemärkte Entwicklung

wichtiger Hinweis:
Dieser Bericht dient ausschließlich zu Informationszwecken und die Angaben wurden mit Sorgfalt zusammengestellt. Für die Richtigkeit kann jedoch keine Gewähr übernommen werden. Allein verbindliche Grundlage für den Erwerb von Investmentfondsanteilen sind die jeweiligen Verkaufsprospekte und die jährlichen Rechenschaftsberichte. Diese sind Grundlage für die steuerliche Behandlung der Fondserträge. Die auf Fondsebene anfallenden Kosten (z.B. die Verwaltungsvergütung) wurden berücksichtigt. Die auf Kundenebene anfallenden Kosten (Ausgabeaufschlag und Depotkosten) sind ggfs. nicht berücksichtigt. Bei Fremdwährungen kann die Rendite infolge von Währungsschwankungen steigen oder fallen.

Die Informationen sind unverbindlich und stellen weder eine Anlageempfehlung oder sonstige Beratung, ein Angebot oder eine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder Finanzinstrumenten dar. Sie ersetzen kein persönliches Beratungsgespräch. Eine Anlageentscheidung bedarf der individuellen Abstimmung auf die persönlichen Verhältnisse und Bedürfnisse des Anlegers. Die dargestellten Informationen, Analysen und Prognosen basieren auf dem Wissensstand und der Markteinschätzung zum Zeitpunkt der Erstellung. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Daten sowie das Eintreten von Prognosen wird keine Haftung übernommen. Die frühere Wertentwicklung ist kein verlässlicher Indikator für die künftige Wertentwicklung.

Erläuterungen zu den Berechnungsgrundlagen:
Die Entwicklungen bzw. Endbeträge und Volatilitäten werden auf EUR-Basis berechnet.
Grundlage für die Berechnung der Volatilität: Monatliche Returns, logarithmiert, annualisiert. Eventuelle Ausschüttungen bei Investmentfonds werden wieder angelegt. Die Wertentwicklung basiert auf 100 Prozent des Kapitaleinsatzes, die Wertentwicklungen p.a. und Volatilitäten werden aus dem gesamten der Auswertung zugrundeliegenden Zeitraum (wie angegeben) bestimmt.

Externe Quellen:

  • Kategorie-Durchschnitte: monatliche Berechnung durch EDISOFT GmbH über das Fondsuniversum der FVBS-Datenbank
  • Zinsen (Festgeld, Sparbuch): monatliche Durchschnittswerte der Dt. Bundesbank aus Meldungen deutscher Kreditinstitute
  • Inflation: monatliche Zahlen des Statistischen Bundesamts
  • Goldpreis: offizieller Feinunzen-Preis/London
  • Bereich “Die strukturellen Trends sind weiter intakt“ von  DJE Kapital AG

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Mittwoch, 20. Juli 2022

Gold - Schützt das Edelmetall vor steigender Inflation und geopolitischen Krisen?

 Die aktuellen Börsenturbulenzen und die steigende Inflation lassen Kapitalanleger nach einem sicheren Hafen Ausschau halten. Als ein aussichtsreicher Kandidat für viele Investoren und Experten ist Gold. Der Wert des Edelmetalls ist immerhin über die Jahrhunderte sehr stabil geblieben und konnte gerade in Krisenzeiten immer wieder die Aktienmärkte schlagen. Ob sich Gold auch aktuell als Schutz vor Krisen und Inflation eignet und welche Anlagemöglichkeiten es gibt, soll in diesem Artikel näher beleuchtet werden.

Gold wird häufig als die härteste Währung der Welt bezeichnet

Schaut man sich die Entwicklung über vergangene Jahrhunderte oder gar Jahrtausende an, scheint da etwas dran zu sein. Egal ob im Jahr 2022, 1900 oder sogar zur Zeit von Christi: Für ein Gramm Gold kann oder konnte man sich etwa die gleiche Menge Brot kaufen. Schaut man hingegen auf Euro oder Dollar, verloren diese schon innerhalb weniger Jahrzehnte einen großen Teil ihrer Kaufkraft. Gleichzeitig sollte man aber nicht verschweigen, dass auch Gold über kürzere Zeiträume stark schwanken kann. Laut einer Studie des Ökonomen Campbell Harvey von der Duke University behält Gold nur über Zeiträume von mehr als 100 Jahren verlässlich seine Kaufkraft. Einen Anlagehorizont den wohl kaum ein Anleger anstrebt.

historisches Hoch für den Goldpreis

In Krisenzeiten an den Börsen konnten sich Edelmetalle aber immer wieder hervortun. Während die Aktienmärkte nach dem Zusammenbruch der Dotcom-Blase in 2000 oder in der Finanzkrise ab 2007 deutliche Verluste verzeichneten, konnten Gold und Silber
sogar zulegen. Betrachtet man den Zeitraum seit der Jahrtausendwende, konnte Gold die Aktienmärkte insgesamt abhängen. Über die letzten knapp 22 Jahre stieg der Goldpreis jährlich um etwa 9 Prozent, der Aktienmarktindex „MSCI World“ aber nur um etwas mehr als 5 Prozent.

Ist Gold also das Mittel der Wahl, um im aktuellen Marktumfeld zu bestehen

Immerhin haben der Ukraine-Krieg und steigende Leitzinsen die Aktienkurse seit Jahresbeginn stark schwanken lassen. Die Inflation liegt in den USA inzwischen bei 8,6 Prozent und in der EU bei 8,1 Prozent. Schaut man nur auf das aktuelle Jahr, konnte Gold die Inflation jedenfalls nicht ausgleichen. Der Goldpreis liegt über die letzten 6 Monate zwar leicht im Plus und schlug damit die meisten Aktienmärkte, einen Inflationsausgleich
konnte aber auch das Edelmetall nicht liefern. Diese Entwicklung passt zu langfristigen
Studien zum Verhältnis von Gold und Inflationsraten. Betrachtet man hierzu die letzten 50 Jahre, zeigt sich, dass es nahezu keine Beziehung zwischen den beiden Werten gab. Steigt die Inflation, bedeutet dies also nicht notwendigerweise eine Überrendite von Edelmetallen. Als Einzelanlage für eine kurzfristige Absicherung gegen die Geldentwertung ist Gold damit zu unzuverlässig und volatil.

Trotzdem gibt es Argumente, warum Gold auch aktuell eine attraktive Beimischung für Anlegerportfolien sind

Hervorzuheben ist hierbei die erwartete Nachfragesteigerung aus Schwellen- und Entwicklungsländern. Diese haben im Vergleich zu den Industrienationen (gemessen
am Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt) noch relativ geringe Goldbestände aufgebaut. Laut einer Umfrage des „World Gold Council“ aus London gehen Zentralbanken aus den Emerging Markets von einer Ausweitung der Reserven über die nächsten Jahre aus.
Dies könnte den Goldpreis weiter beflügeln. Setzt man als Anleger auf diese Preissteigerungen oder zunehmende Turbulenzen an den Aktienmärkten, bleibt noch
die Wahl des passenden Mittels. Eine Möglichkeit ist der Kauf von Goldbarren oder
Goldmünzen über Banken und spezialisierte Edelmetallhändler. Der physische Kauf hat dabei den Vorteil, das Gold auch tatsächlich in den eigenen Händen zu halten. Allerdings obliegt dann auch die Aufbewahrung dem Anleger selbst. Ob zu Hause oder im kostenpflichtigen Bankschließfach.

Nachteil ist die schwierigere Handelbarkeit der Barren und Münzen

Einige Banken verkaufen zwar Gold an ihre Anleger, kaufen dieses aber nicht zurück – oder nur mit deutlichen Abschlägen. Da Goldhändler auch keine besondere Zulassung benötigen, ist die Wahl des richtigen Anbieters nicht einfach. Das Risiko an einen unseriösen Goldhändler zu geraten, ist nicht zu vernachlässigen. Die Unterstützung durch einen Berater kann hier im wahrsten Sinne des Wortes „Gold wert sein“. Unkomplizierter ist der Handel mit Goldfonds, Gold-ETCs oder Goldzertifikaten. Diese sollen den Goldpreis möglichst exakt nachbilden und können jederzeit über die Börse gehandelt werden. Die höhere Liquidität ist aber in der Regel auch mit Kosten verbunden. Je nach Produkt können Gebühren für das Fondsmanagement, die Börsen oder Transaktionen anfallen. Zudem besteht bei ETCs und Zertifikaten auch immer ein Emittentenrisiko. Sollte der Produktanbieter zahlungsunfähig werden, kann dies also einen Totalverlust für Anleger bedeuten.

Eine eher indirekte Möglichkeit von steigenden Goldpreisen zu profitieren, ist ein Investment in Goldminen-Aktienfonds. Man beteiligt sich dabei an Unternehmen, die Minen besitzen und selbst Gold schürfen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Korrelation zwischen den Kursen von Goldaktien und dem Goldpreis zwar hoch, aber nicht perfekt ist. Gibt es Probleme in der Produktion oder arbeitet ein Goldförderer nicht profitabel, können entsprechende Aktien auch fallen, obwohl die Goldpreise im gleichen Zeitraum steigen. Findet gerade ein genereller Ausverkauf an den Aktienmärkten statt, kann dies ebenfalls Goldminen-Aktien in Mitleidenschaft ziehen. Dies gilt allerdings auch mit umgekehrten Vorzeichen. Die Kosten von Goldminen-Aktienfonds entsprechen den üblichen Gebühren. Die Anlageform bringt aber auch den Vorteil des Status als „Sondervermögen“ mit sich. Ein Emittentenrisiko wird damit ausgeschlossen.

Auch eine weitere Schwäche von direkten Gold-Investments hat diese Anlagemöglichkeit nicht: Gold an sich erwirtschaftet keine regelmäßigen Ausschüttungen. Minenunternehmen zahlen hingegen Dividenden, die an Investoren ausgeschüttet werden und einen Risikopuffer darstellen. Grundsätzlich ist es aber für Anleger schwierig einzuschätzen, ob Goldaktien im Vergleich zum Edelmetallpreis mittel bis langfristig günstig bewertet sind und damit einen Vorteil zu direkten Goldinvestments darstellen können. Die Entscheidung sollte daher ausführlich mit einem Berater besprochen werden.

Fazit
Betrachtet man sehr lange Zeiträume von mehr als 100 Jahren, konnte Gold seinen Status als härteste Währung der Welt bestätigen. Über kürzere und für Anleger relevantere Zeithorizonte, kann der Preis allerdings auch stark schwanken und bietet nicht in jedem Umfeld einen verlässlichen Schutz vor Krisen oder Inflation. Trotz der aktuell historisch hohen Bewertung von jenseits der 1.800 US-Dollar pro Unze kann Gold aber ein wichtiger Bestandteil eines jeden Portfolios sein. Die Unabhängigkeit von den Aktienmärkten und der Status als „sicherer Hafen“ machen Gold zu einem wichtigen Instrument für eine breite Diversifikation im Portfolio. So bieten sie eine passende Ergänzung zu anderen Depotbestandteilen, die üblicherweise der Absicherung dienen, wie Anleihen, Liquidität oder Immobilienfonds.

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