Donnerstag, 23. Juni 2022

Anlagekommentar Mai 2022 - Konjunkturdaten sorgen bei Substanzwerten für Erholung, Wachstumswerte bleiben dagegen schwach

Der starke Inflationsschub der letzten Monate resultiert hauptsächlich aus dem starken Anstieg der Energiepreise und einem anhaltenden Aufwärtstrend bei den Güterpreisen. Auf der anderen Seite ist die Konjunktur insgesamt robust und auch die Arbeitslosenraten sind in Europa und den USA historisch sehr tief. Ein solches Umfeld begünstigt steigende Löhne und die Weitergabe der Kosteninflation von Unternehmen an die Konsumenten. Da sich in den letzten Wochen durch stabile Energiepreise eine Entspannung anbahnt, lässt die Energiekomponente als Inflationstreiber langsam nach.

Dadurch dürfte in der Summe die Gesamtinflation langsam den Höchststand erreicht haben. Zumindest in den USA sieht es danach aus und Europa hingt diesen Trends ja immer etwas hinterher. Trotz einer rückläufigen Gesamtinflation werden für die Zentralbanken und die Kapitalmärkte die monatlichen Inflationsdaten, besonders die Kerninflation, weiter zentral bleiben.

Entwicklung der Anlagemärkte im Mai 2022

Die Kapitalmärkte zeigten sich im Mai zweigeteilt: Die zyklisch geprägten Aktienmärkte Europas und Asiens sowie Substanzwerte erholten sich von ihren kräftigen Verlusten der Vormonate. So legte der Eurostoxx 50 Index um +1,0 Prozent zu und der deutsche DAX Index gehörte mit einem Zuwachs von +3,4 Prozent zu den Top-Performern. Andere europäische Werte folgten diesem Trend, was sich beim spanischen IBEX 35 Index mit +3,1 Prozent, dem britischen FTSE 100 Index mit +2,2 Prozent oder österreichischem Austrian Traded Index (ATX) mit +1,2 Prozent wieder spiegelte. In Asien waren die chinesischen Aktien die Top-Performer und sorgten beim SSE Composite Index für einen Zuwachs von +3,4 Prozent, wogegen der Hang Seng Index mit +1,5 Prozent und der japanische NIKKEI 225 Index mit +1,6 Prozent etwas zurück lagen.

Dagegen entwickelten sich globale Wachstumswerte weiter schwach. Der NASDAQ Composite Index verlor -1,7 Prozent, der Dow Jones Industrial Average Index bewegte sich mit + 0,0 Prozent auf der Nulllinie und der marktbreite amerikanische S&P 500 Index begrenzte seinen Zuwachs bei +0,6 Prozent. Für den USA-lastigen MSCI World hatte dies dann auch Folgen, so dass dieser mit -1,7 Prozent nach unten ging.

Auch an den Anleihemärkten wurde die Zweiteilung sichtbar: In den USA zeichnete sich eine Plateaubildung bei den Teuerungsraten ab – in Europa konnte von einem überschrittenen Inflationshöhepunkt keine Rede sein. Wie erwartet hob die US-Zentralbank Federal Reserve System (Fed) ihren Leitzins um 0,5 Prozent an. Die langfristigen US-Zinsen sackten allerdings mit zunehmenden Wachstumssorgen auf 2,73 Prozent merklich ab. EZB-Präsidentin Christine Lagarde kündigte für den Juli 2022 die erste Zinserhöhung der Eurozone seit einer Dekade an. Viele Marktteilnehmer erwarten, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ab Sommer deutlich aggressiver vorgehen muss. In der Eurozone zogen die Renditen daraufhin an. Für zehnjährige deutsche Staatspapiere wurden 1,05 Prozent gezahlt und italienische Papiere rentierten erstmals seit 2020 höher als ihre US-Pendants.

An den Rohstoffmärkten gab es ebenfalls starke Ausschläge: So stieg der Ölpreis um fast 12 Prozent auf über 110 US-Dollar je Fass an, nachdem die Europäische Union (EU) ein Importverbot russischen Öls diskutierte und sich dann darauf einigte, 90 Prozent der russischen Ölimporte mit Sanktionen zu belegen. Durch die Blockade der ukrainischen Getreideexporte über den Seeweg, kam es beim Weizenpreis zu einer Preissteigerung von knapp 10 Prozent. Dagegen korrigierten die Preise für Industriemetalle mit den zunehmenden Konjunktursorgen, wodurch Aluminium - 5,4 Prozent nach gab und Kupfer 2,4 Prozent günstiger erworben werden konnte. An den Devisenmärkten sorgte die abnehmende Zinsdifferenz zwischen den Währungsräumen für eine kräftige Aufwertung des Euro zum US-Dollar.

Die aktuellen Ereignisse in Europa und ihre Auswirkungen auf Anlagemöglichkeiten im Energiesektor

Durch den Einmarsch Russlands in die Ukraine hat sich die Sicherheit in Europa destabilisiert, eine humanitäre Krise ausgelöst und die Finanzmärkte in Aufruhr versetzt. Europa importiert derzeit die Hälfte seines Erdölbedarfs und 30-40 Prozent seines Erdgasbedarfs aus Russland. Deshalb wirft die Invasion die Frage auf, mit welchem Energiemix Europa aktuell und langfristig verlässlich, erschwinglich sowie klimafreundlich mit Energie versorgt werden kann.

Europa hat in den vergangenen Jahrzehnten eine beträchtliche Abhängigkeit von russischem Erdöl und Erdgas entwickelt. Die Invasion der Ukraine durch die russische Armee hat den Kontinent daher in eine schwierige Lage gebracht. Einerseits sind die Energiepreise in die Höhe geschnellt, andererseits wächst der Druck auf Europa, wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland zu verschärfen. Daher wird wieder intensiver über den Energiemix in Europa, die Auswirkungen höherer Energiekosten und eine Beschleunigung der Energiewende diskutiert.

Das politisch ohnehin schon heikle Thema Energie wird durch die steigenden Energiekosten noch komplizierter. So muss die Politik einerseits Energie kurzfristig erschwinglich halten und andererseits langfristig in alternative Energiequellen investieren. Die EU-Kommission hält es für möglich, die gefährliche, übermäßige Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland bereits deutlich früher als 2030 zu beenden. Dafür sind allerdings Maßnahmen an mehreren Stellen erforderlich.

Verbrauch fossile Brennstoffe weltweit und Verbrauch Erdgas in Europa

Welche Bedeutung hat diese Situation für die Anleger?

Die Entwicklung von sauberen Technologien macht rasche Fortschritte und dafür werden Investitionen benötigt

Schon bevor das Thema Energie wegen der Lage in der Ukraine hochaktuell wurde, spielten Investitionen in saubere Technologien eine wichtige Rolle im Umgang mit der Klimakrise. So konnten Unternehmen, welche zum Klimaschutz beitragen oder die Anpassung an den Klimawandel erleichtern, in hohem Maße von Europas Energiewende profitieren. Dabei handelt es sich um Unternehmen, welche an sich schnell entwickelnden Technologien, wie Energiespeicherung, grüner und blauer Wasserstoff und Netzwerktechnologie oder auch auf dem Gebiet bekannter erneuerbare Energien wie Solar- und Windenergie tätig sind.

Die sinkende Verfügbarkeit von „seltenen Erden“ und anderen Rohstoffen wird zur Herausforderung

Durch die aktuelle Krise wird auch den Zugang zu wichtigen strategischen Metallen und Mineralien erschwert, welche für die Produktion erneuerbarer Energien benötigt werden. So sind seltene Erden für die Nutzung von Windenergie unerlässlich, Magnesium ist ein wichtiger Bestandteil von Brennstoffzellen und wird auch für Wind- und Photovoltaik-Technologie benötigt. Auch Kobalt und natürlich vorkommender Grafit werden für Batterien und Brennstoffzelltechnologie gebraucht. Diese Metalle und Mineralien werden für den Bedarf in der EU hauptsächlich aus China und Russland importiert. Angesichts der anhaltenden geopolitischen Spannungen lässt sich nicht darüber hinwegsehen, dass die Lieferungen unterbrochen werden könnten. Wenn die Preise für diese Rohstoffe steigen, kann es für derzeit stillgelegte Bergwerke in anderen Ländern wieder wirtschaftlich lohnenswert werden, den Betrieb wieder aufzunehmen. Das wäre natürlich nur längerfristig möglich. Aber die Möglichkeiten für die Entwicklung erneuerbarer Energien könnten sich dadurch deutlich verbessern.

CO2-Abscheidetechnologien

Professor Johan Rockström, Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (Deutschland) und einer der einflussreichsten Erdsystemwissenschaftler der Welt, hielt bei den AllianzGI Sustainability Days 2021 auch einen interessanten Vortrag. Er legte dar, wie wichtig Kohlenstoffsenken ist, um die Nettoemissionen tatsächlich auf null zu senken. Erklärung: Als Kohlenstoffsenken werden natürliche oder menschengemachte Systeme bezeichnet, die CO2 binden und speichern. Dementsprechend lohnt es sich gegebenenfalls, in CO2-Abscheidungs- und Speichertechnologien (CCUS) sowie Energiespeicherung zu investieren. Im Jahr 2020 wurde das Volumen des globalen CCUS-Markts auf 1,9 Milliarden US-Dollar geschätzt und bis 2030 könnte dieses auf 7 Milliarden US-Dollar ansteigen.

Durch die aktuelle Krisensituation wurde unmissverständlich ins Blickfeld gerückt, welche Risiken in Bezug auf eine sichere und erschwingliche Energieversorgung und den Ausbau der erneuerbaren Energien vorhanden sind. Gleichzeitig hat sie aufgezeigt, dass die Investitionen in die europäische und globale Energieinfrastruktur, sowie in den Energiemix erhöht werden müssen. Dadurch eröffnen sich für Anleger zahlreiche und attraktive Chancen. Dies beginnt bei CO2-Abscheidung und Energiespeicherung über Technologien für Energieeffizienz bis hin zum Abbau strategisch bedeutsamer Metalle und Mineralien. Viele Lösungen sind bereits vorhanden, aber für einen Einsatz im großen Maßstab wird noch sehr viel Investitionskapital benötigt, woraus sich beträchtliche Wachstumschancen ergeben.

Ausblick auf die zukünftige Kapitalmarktentwicklung

Unmittelbar nach dem Einmarsch von Russland in die Ukraine war die Unsicherheit über die Auswirkungen auf die Kapitalmärkte am größten. Der Fokus hat sich mittlerweile wieder auf die fundamentalen Faktoren, wie Wirtschaftsdynamik, Inflation und Geldpolitik, verlagert. So weisen rekordtiefe Arbeitslosenraten und solide Einkaufsmanager-Index-Daten für April 2022 auf eine insgesamt besser als oft vermutete Weltkonjunktur hin. Gleichzeitig belasten weiter einige Sonderfaktoren, insbesondere hohe Energiepreise, die den Konsum treffen, was in Schwellenländern stärker ist als in Industrieländern. Dazu kommen die Störungen der Lieferketten, welche durch erneute Covid-19-bedingte Lockdowns in China noch verstärkt werden. In der Summe bleibt die Weltkonjunktur recht solide, insbesondere wenn die derzeitigen Belastungsfaktoren wieder abnehmen.

Die Entwicklung der Inflation und damit das Ausmaß der geldpolitischen Straffung bleiben derzeit die zentralen Unwägbarkeiten. Aufgrund der verzögerten Wirkung der Geldpolitik auf die Wirtschaft und die Inflation, dürfte die Inflationsthematik an den Kapitalmärkten bis mindestens dem kommenden Jahr präsent bleiben. Bei stabilen Energiepreisen wird der Inflationsdruck in den kommenden Monaten nachlassen, wobei die zugrundeliegenden Inflationsrisiken aufgrund der angespannten Arbeits- und Gütermärkte vergleichsweise hoch bleiben. Mittelfristig sollte die Inflation in den führenden westlichen Volkswirtschaften im Rahmen der Notenbankzielsetzungen von 2 Prozent liegen und sich das derzeitige Inflationsumfeld nicht mit den 1970er-Jahren vergleichen lässt.

In der Summe kann derzeit neutrale Aktienallokation als angemessen angesehen werden, zumal sich Phasen schwacher Börsen und Erholungsrallyes in diesem Jahr etwa die Waage halten dürften. Bezüglich den Marktsegmenten spricht das Makroszenario für eine leicht defensive Branchen-Allokation und zumindest eine Marktgewichtung der Value-Branchen. Dazu zählen u.a. Finanzwerte, mit einem Fokus auf Versicherungen, Energie, Telekommunikation sowie generell Unternehmen mit überdurchschnittlicher Dividendenrendite.

Da die Korrektur bei den Wachstumstiteln bereits weit fortgeschritten ist, scheint der zentrale negative Faktor für die Börsenentwicklung in den vergangenen Monaten allmählich nachzulassen. Somit sind die Erholungschancen für die Börsen intakt, wobei die Aussichten für Europa und die USA ähnlich sind. Im Zuge der zu erwartenden Verknappung des weltweiten Rohstoffangebots durch die Russland-Sanktionen dürften die Energiepreise noch für einige Zeit hoch bleiben, wobei ein weiterer deutlicher Anstieg nicht als Hauptszenario anzusehen ist. Der Trend bei den Anleiherenditen bleibt in der Tendenz nach oben gerichtet, wobei steigende Renditen allmählich Anlagechancen eröffnen.

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Erläuterungen zu den Berechnungsgrundlagen:
Die Entwicklungen bzw. Endbeträge und Volatilitäten werden auf EUR-Basis berechnet.
Grundlage für die Berechnung der Volatilität: Monatliche Returns, logarithmiert, annualisiert. Eventuelle Ausschüttungen bei Investmentfonds werden wieder angelegt. Die Wertentwicklung basiert auf 100 Prozent des Kapitaleinsatzes, die Wertentwicklungen p.a. und Volatilitäten werden aus dem gesamten der Auswertung zugrundeliegenden Zeitraum (wie angegeben) bestimmt.

Externe Quellen:

  • Kategorie-Durchschnitte: monatliche Berechnung durch EDISOFT GmbH über das Fondsuniversum der FVBS-Datenbank
  • Zinsen (Festgeld, Sparbuch): monatliche Durchschnittswerte der Dt. Bundesbank aus Meldungen deutscher Kreditinstitute
  • Inflation: monatliche Zahlen des Statistischen Bundesamts
  • Goldpreis: offizieller Feinunzen-Preis/London
  • Quelle: Bereich “Die aktuellen Ereignisse in Europa und ihre Auswirkungen auf Anlagemöglichkeiten im Energiesektor“ von  Allianz Global Investors GmbH

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Mittwoch, 15. Juni 2022

Steigende Zinsen - Was bedeutet dies für die Aktienmärkte?

 In vielen Regionen der Welt steigen derzeit die Inflationsraten. Daraus ergibt sich für Anleger:innen unter anderem die Frage, wie die unterschiedlichen Kapitalmärkte darauf reagieren werden und wie sie sich als Anleger:innen vor einem realen Kaufkraftverlust schützen können. Die zunächst gehegte Hoffnung, es könnte sich bei der steigenden Inflation um eine kurzfristige Folge steigender Rohstoffpreise handeln, weicht der Vermutung, dass uns eine erhöhte Inflationsrate auch mittel- und eventuell sogar langfristig beschäftigen wird. Im Folgenden werden die aktuellen Entwicklungen beleuchtet und der Frage nachgegangen, ob Aktien als Anlageklasse an Relevanz verlieren werden.

Federal Reserve System (Fed) und Europäische Zentralbank (EZB) planen weitere Leitzinsanpassungen noch in diesem Jahr

Die Federal Reserve System (Fed) hat es schon getan, die Europäische Zentralbank (EZB) wartet (noch) ab. Leitzinserhöhungen sind das Mittel der Wahl für die Notenbanken, um sich der stark gestiegenen Inflation entgegenzustemmen. Die Vorgehensweisen in den USA und in Europa weichen dabei aber stark voneinander ab. Woran das liegt und was die Zinsanpassungen für die Aktienmärkte bedeutet, wollen wir in diesem Newsletter näher beleuchten. Angesichts einer Inflation von immer noch 8,5 Prozent in den USA, sah sich die US-Zentralbank zum Handeln gezwungen. Am 4. Mai 2022 erhöhte die Federal Reserve den Leitzins um 0,5 Prozent. Die stärkste Anhebung seit 20 Jahren. Einen Schritt, den sich die US-Amerikaner wohl erlauben können. Trotz Corona und Ukraine-Krieg läuft die Wirtschaft gut, die Arbeitslosenzahlen sind relativ gering und die Löhne zogen zuletzt an.

Die 20 Länder mit der höchsten Inflationsrate im Jahr 2021

Diese Faktoren haben in den Vereinigten Staaten allerdings eine Spirale in Gang gesetzt: Steigende Löhne sorgen für höhere Preise, die wiederum zu höheren Lohnforderungen führen. Die Federal Reserve versucht durch Ihre Zinspolitik nun genau diese „Lohn-Preis-Spirale“ zu stoppen. An den Terminmärkten wird zum Jahresende daher fest mit einem Zinsniveau von mindestens 2,75 Prozent gerechnet. Gleichzeitig soll die auf rund neun Billionen Dollar aufgeblähte Bilanz schrittweise abgebaut werden. Der Beginn dieser monumentalen Aufgabe ist bereits der Juni 2022. Anders als beispielsweise in Europa ist die Inflation in den Vereinigten Staaten nachweislich weniger durch die steigenden Energiepreise nach oben getrieben worden. Rechnet man die Preise für Energie und Nahrungsmittel aus der Betrachtung heraus, erhält man für die USA immer noch einen Wert von 6,5 Prozent. Diese „Kerninflation“ liegt in Europa bei 3,5 Prozent.

Wege zur Inflationsbekämpfung in den USA und Europa unterscheiden sich

Der im Vergleich zu den USA hohe Anteil von Energiekosten für Verbraucher in Europa, vergrößert aber auch das Dilemma für die EZB. Eine Erhöhung der Zinsen würde nämlich nicht nur hochverschuldete Staaten wie Italien oder Portugal in Bedrängnis bringen, sie hätte mittelfristig auch keinen entscheidenden Einfluss auf die hohen Energiekosten. Der „Zinseffekt“ auf die Inflation könnte also geringer ausfallen als gehofft. Nichtsdestotrotz hat die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, kürzlich klargestellt, dass die Zinsen erst dann steigen werden, wenn das Anleihekaufprogramm beendet ist.

Dies könnte womöglich schon im Juli der Fall sein, kündigte EZB-Direktorin Isabel Schnabel an. “Wir sehen eine Verbreiterung des Inflationsdrucks”, warnt Schnabel. Sie hält sogar die Entstehung einer Lohn-Preis-Spirale wie in den USA für möglich. „Es steht außer Zweifel, dass höhere Lohnforderungen kommen würden, wenn die Inflation längere Zeit hoch bleibt“, meint Schnabel. Deshalb “müssen wir verhindern, dass sich die hohe Inflation in den Erwartungen festsetzt.“ Es ist aber durchaus vorstellbar, dass sich Lagarde mit einem Zinsschritt bis zum Herbst Zeit lässt – vor allem, wenn der Ukraine-Krieg weiter eskaliert und die europäische Wirtschaft belastet. Ökonomen rechnen derzeit mit drei kleinen Zinserhöhungen in diesem Jahr. Den Prognosen zufolge könnten die Leitzinsen bis zum Jahresende bei 0,75 Prozent liegen. Wer etwas über die unmittelbaren Folgen steigender Zinsen auf einzelne Aktienmärkte erfahren möchte, braucht sich nur den US-Markt über die letzten Monate anzuschauen.

Technologie-Branche ist derzeit am meisten betroffen - "langweilige" Basiswerte bleiben stabiler

Zunächst fällt dabei auf, dass insbesondere Technologie-Werte, aber auch Kryptowährungen, negativ betroffen waren. Der techlastige Index „Nasdaq 500“ fiel allein seit Jahresanfang um beinahe 30 Prozent. Zum Vergleich: Der deutsche Aktienindex DAX ging im gleichen Zeitraum „nur“ um weniger als die Hälfte zurück! Hintergrund der starken Verluste ist die große Abhängigkeit der Bewertungen von den traditionell hohen Gewinnerwartungen der Technologie-Branche. In einem Umfeld steigender Zinsen fallen diese weniger stark ins Gewicht und die Bewertungen der schnell wachsenden Unternehmen fallen. Nach der gleichen Logik gehören insbesondere Value-Titel oft zu den Gewinnern eines Zinserhöhungszyklus. Im Gegensatz zu Wachstums-Aktien sind deren Bewertungen nicht so stark von Zinserhöhungen abhängig und werden daher auch weniger von Notenbankentscheidungen beeinflusst. Als besonders robust gegen steigende Zinsen haben sich auch Branchen wie Banken, Versicherungen, Energie, Infrastruktur, Reisen und Rohstoffe gezeigt. Einige davon wurden zuletzt zu den Pandemieverlierern gezählt und könnten nun einen doppelten Kursschub erhalten.

MSCI World Entwicklung von 1970 bis 2022

Betrachtet man die historische Entwicklung von Aktienkursen nach den  Zinserhöhungsschritten der letzten 30 Jahre, relativiert sich der Einfluss der Notenbank-Entscheidungen für Aktieninvestments grundsätzlich: Im Durchschnitt fiel der breit aufgestellte „MSCI World“ als Reaktion auf Fed-Leitzinserhöhungen für etwa 30 Tage. Bereits nach 50 Tagen waren diese Verluste aber schon wieder aufgeholt und die Märkte legten in der Folge deutlich zu. Zinserhöhungen bedeuten also nicht zwingend eine Zäsur für die Aktienmärkte, sondern lösten in der Vergangenheit nur kurzfristig Pessimismus bei Anlegern aus. Auch für dieses Jahr zeichnet sich ab, dass der weitere Verlauf des Krieges in der Ukraine der wichtigere Treiber für die Aktienkurse sein wird. Eine Entspannung des Konflikts und sinkende Rohstoffpreise würden sicherlich die Kurse beflügeln, aber auch Druck von der Europäischen Zentralbank nehmen und voraussichtlich zu einer langsameren Zinswende führen. Die Märkte bewegen sich in 2022 damit weiter in der Taktung der Geopolitik.

Fazit

Die Zinserhöhungen der Notenbanken sind überfällig und bei den aktuellen  Verbraucherpreisen auch nicht mehr vermeidbar. Für Anleger sollte dies allerdings kein
Grund sein, um überstürzt Aktienquoten in den Portfolios zu verringern. Im Vergleich zu anderen Anlageklassen (Tages-, Festgeld, Kryptowährungen oder Anleihen) bleibt der Ausblick für Aktien weiter attraktiv. Bei der Auswahl von Regionen und Branchen sollte
die Zinsentwicklung aber trotzdem eine Rolle spielen. Gerade die stärkere Gewichtung von Value-Titeln sowie eine breite Streuung auf verschiedene Regionen mit unterschiedlichem
Zinsumfeld halten wir aktuell für eine vielversprechende Strategie.

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Mittwoch, 8. Juni 2022

Investmentfonds und Steuern - Ihre Gebrauchsanweisung für 2022

 Es ist nicht entscheidend, wie hoch ihr angelegtes Vermögen ist und wie erfahren Sie im Umgang mit Fonds bereits sind: Die steuerliche Seite ihrer Geldanlage sollte man als Anleger kennen und verstehen. Durch die Investmentsteuerreform hat sich die Besteuerungssystematik bei Investmentfonds mit der Wirkung zum 1. Januar 2018 grundlegend geändert. Wesentlich ist hierbei die Abkehr vom bisher geltenden Transparenzprinzip mit dem Ziel, die Besteuerung für Fondsanleger einfacher und nachvollziehbarer zu gestalten. Dies soll durch ein sogenanntes pauschales Besteuerungssystem bei Investmentfonds erreicht werden. Deshalb sollte sich jeder Anleger auch mit der steuerlichen Seite seiner Geldanlage befassen.

Der Fondsanbieter Allianz Global Investors stellt ihnen eine aktualisierte, verständliche und anschauliche Broschüre zu dem Thema "Investmentfonds und Steuern 2022" für Privatanleger zur Verfügung. Eines der wichtigsten Anliegen war es, dem Verbraucher das zweifelsohne nicht immer ganz einfache Steuerrecht in einer verständlichen Form nahezubringen.

Steuerregeln für Investmentfonds

Dort finden Sie interessante Informationen zu:

  • Eine Art Gebrauchsanweisung für Investmentfonds
  • Investmentfonds und Steuern auf einen Blick
  • Abgeltungssteuer auf Fondserträge
  • Übergangsvorschriften 2017/2018
  • Befreiung von der Abgeltungssteuer
  • Fondserträge in der Einkommensteuererklärung 2021
  • So füllen Sie die Anlage KAP und KAP-INV für die Einkommensteuererklärung 2021 aus
  • Beantragen der Arbeitnehmer-Sparzulage
  • Beantragen der staatlichen „Riester-Förderung“
  • Potenzielle Meldepflichten aus der Fondsanlage
  • Häufig gestellte Fragen
  • Steuer-ABC
Das PDF-Dokument für Privatvermögen 2022 können Sie hier herunterladen.

Broschüre für Privatvermögen herunterladen

Ebenfalls erhältlich ist eine Broschüre für Investmentfonds im Betriebsvermögen. Diese möchte inländischen Firmenkunden die Prinzipien der Fondsbesteuerung und die damit verbundenen Bilanzierungsgrundsätze nach den Regeln des deutschen Handelsgesetzbuches (HGB) erläutern.

Das PDF-Dokument für Betriebsvermögen 2022 können Sie hier herunterladen.

Broschüre für Betriebsvermögen herunterladen

Die steuerliche Behandlung von Kapitalerträgen hängt von den persönlichen Verhältnissen des Anlegers ab und kann künftig Änderungen unterworfen sein. Für Einzelfragen, insbesondere unter Berücksichtigung seiner individuellen steuerlichen Situation, sollte man sich an seinen persönlichen Steuerberater wenden. Bei einer Anlageentscheidung ist auch die persönliche außersteuerliche Situation des Anlegers zu berücksichtigen.

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