Freitag, 11. Februar 2022

Anlagekommentar Januar 2022 - Westliche Zentralbanken schlagen zur Zinspolitik und Inflationsentwicklung ungewohnt schärfe Töne an

 Die amerikanische Federal Reserve System (Fed) und die Europäische Zentralbank (EZB) haben zur Zinspolitik und Inflationsentwicklung deutliche aggressivere Töne an den Tag gelegt. So sorgen die zunehmenden geopolitischen Spannungen zwischen Russland und der Ukraine für kräftig steigende Energiepreise bei Öl und Gas. Auch zunehmend knappe Lagerbestände bei den sechs wichtigsten Industriemetallen sind ein weiterer Preistreiber. Mehrere US-Notenbanker äußerten sich besorgt über den Anstieg der amerikanischen Inflationsrate auf den höchsten Wert seit 40 Jahren von 7,5 Prozent und brachten so ein schnelleres und stärkeres Anheben der Leitzinsen wieder auf die aktuelle Agenda.

Mit knapp 5 Prozent im Vorjahresvergleich blieb auch in der Eurozone die Inflation weiter hoch, obwohl die meisten Analysten mit einer abnehmenden Inflationsrate gerechnet hatten. So hat sich auf die europäische Zentralbank der Druck erhöht, früher als erwartet mit Zinserhöhungen gegenzuhalten. Diese Umstände führten zu deutlich steigenden Renditen bei kurzlaufenden Staatsanleihen und sorgten für vorsichtige Ausblicke der berichtenden Industrieunternehmen. Dadurch gab es bei den Aktienmärkten die schlechteste Monatsentwicklung seit der Finanzkrise im Jahr 2009.

Entwicklung der Anlagemärkte im Januar 2022

Im Zuge dieser Entwicklung gab der globale MSCI World Index -5,3 Prozent ab, wobei amerikanische Werte überproportional verloren. So verlor der marktbreite S&P 500 Index -5,3 Prozent und der US-Technologieindex NASDAQ Composite Index kam sogar auf -9 Prozent Rückgang. Auch in Asien gab es eine Dominanz mit tiefroten Vorzeichen: Der japanische NIKKEI 225 Index verlor -6,2 Prozent und der SSE Composite Index beendete sogar mit -7,7 % den Monat. Dagegen konnten sich die eher zyklischen europäischen Aktienmärkte besser schlagen. So kam der DAX Index nur auf - 2,6 Prozent und Frankreichs CAC 40 Index auf -2,2 Prozent. Großbritanniens FTSE 100 Index konnte sich sogar gegen den Trend stemmen und um +1,1 Prozent zulegen.

DAX Entwicklung

An den Rentenmärkten waren die deutlich steigende Renditen kurzlaufender Staatsanleihen das beherrschende Thema. Vor allem ein möglicher großer Zinsschritt um 50 Basispunkte bei der nächsten Sitzung der US-Zentralbank Federal Reserve System (Fed) besorgte die Marktteilnehmer. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen sprang in diesem Zuge um 0,27 auf 1,78 Prozent nach oben. Durch den Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB), früher als erwartet mit Zinserhöhungen gegenzuhalten, nahm ebenfalls zu. Dies sorgte dafür, dass zehnjährige deutsche Staatspapiere erstmals seit drei Jahren wieder im positiven Bereich rentierten. Für Rentenfonds bedeutete dies einen Kursrückgang, wobei mittelfristig durch die nun wieder zu erzielenden Renditen über die Ausschüttungen eine Kompensation erfolgt.

Die Rohstoffmärkte profitierten dagegen von den geopolitische Spannungen zwischen Russland und der Ukraine. So konnte ein Fass Brent-Öl einen Zuwachs von +18 Prozent verbuchen, was den höchsten Stand seit dem Jahr 2014 markierte. Dagegen konnte der Goldpreis davon nicht profitieren, er verlor infolge des Zinsausblicks und der starken US-Währung -1,8 Prozent.

Ausblick auf die zukünftige Kapitalmarktentwicklung

Für die Kapitalmärkte bleibt die wirtschaftliche Normalisierung das Kernthema. Dies impliziert eine positive Grundtendenz. Nach der ausgeprägten Aktien-Rallye seit den ersten Lockdowns 2020 stehen in den kommenden sechs bis zwölf Monaten sicherlich tiefere Erträge an, da sich das Wirtschaftswachstum vom gegenwärtig immer noch überdurchschnittlich hohen Niveau auf normale Zuwachsraten verlangsamen wird. Letzteres dürfte aber vor allem ein Thema für die zweite Jahreshälfte oder gar 2023 sein. Damit sind auch eher Korrekturen zu erwarten, wobei Rückschläge als Einstiegsmöglichkeit genutzt werden können.

Auf der politischen Agenda stehen unter anderem die Präsidentschaftswahlen in Frankreich im April, die Zwischenwahlen in den USA im November sowie mögliche Ereignisse im Zuge des noch ungelösten Ukraine-Konflikts. Eine zentrale wirtschaftliche Unwägbarkeit bleibt die Inflationsentwicklung in den USA. Seit Monaten gibt es  angebotsseitige Störungen, wie ein starker Anstieg der Erdgaspreise, Engpässe und Lieferverzögerungen bei Komponenten, Zwischenprodukten und im Transportwesen, was die Weltwirtschaft insgesamt und ausgewählte Unternehmen belasten. Allerdings werden die positiven Grundtrends dadurch nicht in Frage gestellt.

Kurzfristig hat eine gewisse Entspannung an den Energiemärkten, bei den Transportkosten und in den Lieferketten leicht positive Auswirkungen. Die Güterpreisinflation, die vor allem in den USA präsent ist und sich auch global auswirkt, wird die Märkte noch einige Zeit beschäftigen. Selbst bei anhaltend hoher Güterpreisinflation wäre eine markante Straffung der US-Geldpolitik unwahrscheinlich, da damit in der Wirtschaft insgesamt erheblicher Schaden entstehen würde. In der Summe bleibt die Anlagestrategie weiter vorwiegend auf Aktien und Unternehmensanleihen ausgerichtet. Regional sollte man aktienseitig auf Europa und die USA weiterhin fokussiert bleiben. Die Risiken im aufstrebenden Asien haben abgenommen, auch was die Marktstimmung betrifft. Dadurch kann man dort in den kommenden Monaten mit einem ähnliches Ertragsprofil wie in westlichen Industrieländern rechnen.

Anlagemärkte Entwicklung

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Dieser Bericht dient ausschließlich zu Informationszwecken und die Angaben wurden mit Sorgfalt zusammengestellt. Für die Richtigkeit kann jedoch keine Gewähr übernommen werden. Allein verbindliche Grundlage für den Erwerb von Investmentfondsanteilen sind die jeweiligen Verkaufsprospekte und die jährlichen Rechenschaftsberichte. Diese sind Grundlage für die steuerliche Behandlung der Fondserträge. Die auf Fondsebene anfallenden Kosten (z.B. die Verwaltungsvergütung) wurden berücksichtigt. Die auf Kundenebene anfallenden Kosten (Ausgabeaufschlag und Depotkosten) sind ggfs. nicht berücksichtigt. Bei Fremdwährungen kann die Rendite infolge von Währungsschwankungen steigen oder fallen.

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Erläuterungen zu den Berechnungsgrundlagen:
Die Entwicklungen bzw. Endbeträge und Volatilitäten werden auf EUR-Basis berechnet.
Grundlage für die Berechnung der Volatilität: Monatliche Returns, logarithmiert, annualisiert. Eventuelle Ausschüttungen bei Investmentfonds werden wieder angelegt. Die Wertentwicklung basiert auf 100 Prozent des Kapitaleinsatzes, die Wertentwicklungen p.a. und Volatilitäten werden aus dem gesamten der Auswertung zugrundeliegenden Zeitraum (wie angegeben) bestimmt.

Externe Quellen:

  • Kategorie-Durchschnitte: monatliche Berechnung durch EDISOFT GmbH über das Fondsuniversum der FVBS-Datenbank
  • Zinsen (Festgeld, Sparbuch): monatliche Durchschnittswerte der Dt. Bundesbank aus Meldungen deutscher Kreditinstitute
  • Inflation: monatliche Zahlen des Statistischen Bundesamts
  • Goldpreis: offizieller Feinunzen-Preis/London

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Schwellenländer - Wieder ein zuversichtlicher Blick für die Geldanlage

 

Für die Schwellenländer lief das Jahr 2021 eher durchwachsen. Allen voran die Regulierungswelle im chinesischen Technologiesektor setzte den Märkten ebenso zu wie die Probleme im Immobiliensektor - ganz zu schweigen von den politischen Spannungen mit Hongkong und Taiwan. Im neuen Jahr sehen Experten aber auch in China wieder Aufholpotenzial wegen der inzwischen relativ niedrigen Bewertungen. Wir richten aber auch einen Blick nach Brasilien und Indien.

Es sprechen unterschiedliche Gründe dafür, den Weg der Schwellenländer ins Jahr 2022 mit Optimismus zu betrachten. In den Aktienbewertungen scheint viel Vorsicht eingepreist zu sein, weshalb sie auf einen attraktiven langfristigen Wert hindeuten. Die Bewertungen des chinesischen Marktes dürften sich einem Tiefpunkt nähern und sollten sich davon ausgehend nach den negativen Meldungen im Jahr 2021 wieder erholen. Zwar könnten die kurzfristigen Belastungen durch die regulatorische Ungewissheit und die „Null-Covid“-Strategie bis ins Jahr 2022 anhalten, doch die politischen Entscheidungsträger sind bereit dazu, das Wirtschaftswachstum bei Bedarf zu stabilisieren.

Es herrscht ein gemäßigter Optimismus

2021 war ein schwieriges Jahr für die Schwellenländer. Durchwachsene Impffortschritte in den einzelnen Ländern trugen zu Fehlentwicklungen bei der Überwindung der Pandemie bei. Die wirtschaftliche Wiederbelebung in den Schwellenländern und die Wiederaufnahme des Handels an ihren Aktienmärkten blieben folglich hinter dem Tempo in den Industrieländern zurück. Vor allem China bereitete Sorgen: Eine straffere Fiskal- und Geldpolitik, die Kampagne „Allgemeiner Wohlstand“ mit regulatorischen Änderungen in vielen Branchen und eine Null-Covid-Politik dämpften die Anlegerstimmung. Sorgen angesichts der Inflation und des geldpolitischen Kurses in den USA rückten ebenfalls in den Vordergrund. Wichtige Schwellenländer wie Brasilien, Mexiko, Russland und Südkorea kamen den Industrieländern mit der Absicht, den Preisdruck zu dämpfen, bei der Anhebung der Zinssätze zuvor.

Entwicklung von ausgewählten Schellenländerfonds

Dennoch gibt es mehrere Gründe, den Weg der Schwellenländer ins Jahr 2022 mit Zuversicht zu betrachten. Beispielsweise scheint in den Aktienbewertungen viel Vorsicht eingepreist zu sein, weshalb sie auf einen attraktiven langfristigen Wert hindeuten. Auch die Aussichten für Anleihen sind ermutigend, da die Realrenditen in den Schwellenländern über jenen der Industrieländer liegen. Auch die Haushalts- und Leistungsbilanzen der Schwellenländer sind in besserer Verfassung als zuvor. Die institutionellen Reformen der letzten Jahrzehnte in wichtigen Schwellenländern haben deren wirtschaftliche Disziplin und Krisenresistenz gestärkt. Die hohen Rohstoffpreise der letzten sind ein zusätzlicher Glücksfall für die Exporteure. Die bessere Finanzlage der Schwellenländer lässt hoffen, dass es keine Wiederholung der extremen Marktspannungen gibt, denen die Schwellenländer in früheren Abschwungphasen ausgesetzt waren.

Vielfältige Triebkräfte in den Emerging Markets

Die Bewertungen des chinesischen Marktes scheinen sich einem Tiefpunkt zu nähern und dürften sich davon ausgehend nach den negativen Meldungen im Jahr 2021 wieder erholen. Zugegebenermaßen könnten sich manche kurzfristigen Belastungen allerdings bis ins Jahr 2022 hineinziehen. Es steht zu erwarten, dass China seine Null-Covid-Strategie bis weit in das neue Jahr hinein beibehalten wird, um den Erfolg der Olympischen Winterspiele und des 20. nationalen Parteitags der Kommunistischen Partei Chinas nicht zu gefährden. Beschränkungen des internationalen Reiseverkehrs und sonstige Mobilitätseinschränkungen werden die Wirtschaftstätigkeit bremsen.

Auch die regulatorische Ungewissheit könnte andauern. So sind die jüngsten regulatorischen Änderungen zum Teil auf den politischen Zyklus in China zurückzuführen, der im 20. nationalen Parteitag seinen Höhepunkt erreichen dürfte. Wenn sich der politische Wirbel gelegt hat, dürfte wie in den vergangenen politischen Zyklen endlich wieder Klarheit über die Rechtsvorschriften herrschen. Die chinesische Politik hat jedoch erfreulicherweise zum Ausdruck gebracht, dass sie nach wie vor eine starke wachstumsfördernde Agenda verfolgt und nicht die Absicht hat, den Privatsektor mit Vorschriften zu ersticken. China verfügt über die politischen Instrumente zur Stabilisierung des Wachstums und ist bereit, sie bei Bedarf einzusetzen, wie die jüngste Senkung des Mindestreservesatzes im Land gezeigt hat.

In Brasilien sind die Bewertungen auf ein extrem niedriges Niveau gesunken, was interessante Investitionschancen eröffnet. Bedenken in Bezug auf eine mögliche fiskalische Nach Lässigkeit, steigende Zinssätze und die Wahrscheinlichkeit eines Wiedererstarkens linker politischer Kräfte bei den Parlamentswahlen im nächsten Jahr haben zu einem Ausverkauf an den Märkten geführt. Selbst in dieser Situation erscheinen die brasilianischen Fundamentaldaten solider als je zuvor seit der letzten Rezession. In jüngster Zeit haben sich die brasilianische Haushalts- und Leistungsbilanz verbessert, wobei dem Land als Nettoexporteur von Öl die höheren Ölpreise zugute kamen. Die günstigen makroökonomischen Bedingungen machen sich auch auf Unternehmensebene bemerkbar. So konnte beispielsweise der staatliche Ölproduzent Petrobras dank Rationalisierung und steigenden Cashflows, die durch die höheren Ölpreise ermöglicht wurden, seine Schulden in den letzten Jahren deutlich abbauen.

In Indien ist nach der zweiten Corona-Welle eine Erholung der Wirtschaftstätigkeit zu verzeichnen. Der Kreditzyklus zeigt Anzeichen eines Aufschwungs, und die großen Banken verzeichnen ein gesundes Kreditwachstum. Auch der Wohnimmobilienzyklus nimmt an Fahrt auf, seit Häuser und Wohnungen bezahlbarer geworden sind. Gleiches gilt für den Infrastrukturzyklus im Zuge der von der Regierung eingeleiteten Infrastrukturmaßnahmen. Indiens Konjunkturbelebung geht mit einer soliden Haushalts- und Leistungsbilanz einher.

Langfristige Chancen nutzen

In den Schwellenländern sind weiterhin positive strukturelle Kräfte zu beobachten, die neue Investitionschancen eröffnen dürften. Die Digitalisierung ist ein wichtiges Thema. Indiens florierende Internetwirtschaft zieht Kapital von Anlegern an, die auf der Suche nach neuen Wachstumsbereichen sind, vor allem angesichts des regulatorischen Wandels in China. Der elektronische Zahlungsverkehr, Lebensmittellieferungen und andere disruptive Geschäftsmodelle sind auf dem Vormarsch und veranlassen selbst traditionelle Unternehmen zu Innovationen, um der Konkurrenz standzuhalten. In China gewinnt die Digitalisierung der Industrie an Fahrt, da die Wirtschaft einen Aufstieg in der Wertschöpfungskette anstrebt. Weltweit unterstreicht die anhaltende Halbleiterknappheit die enorme Nachfrage nach Chips aufgrund des technologischen Fortschritts, und so werden starke Gewinne für einige der weltweit größten Halbleiterunternehmen in Märkten wie Taiwan und Südkorea erwartet.

Aufstellung der Bevölkerung in wichtigen Industrie- und Schwellenländern

Die Dekarbonisierung ist ein weiterer Trend, den es zu beobachten gilt. Die Zusagen der großen Schwellenländer, CO2-Neutralität zu erreichen, dürften die Initiativen rund um Elektrifizierung und erneuerbare Energien verstärken und damit auf mehrere Jahre hinaus für eine Belebung in den betreffenden Branchen sorgen. Wir haben erlebt, wie sich das Wachstum südkoreanischer Hersteller von Elektrofahrzeugbatterien und chinesischer Solarenergieunternehmen stark beschleunigt hat und sie dadurch zu weltweit führenden Unternehmen aufgestiegen sind.

Widerstandsfähigkeit inmitten von Risiken

Bestimmte Risiken könnten den Gesamtausblick für die Schwellenländer verändern, wenngleich sie nicht Teil des Basisszenarios sind. So könnte beispielsweise ein plötzlicher und starker Anstieg der US-Leitzinsen eine Marktvolatilität auslösen. Umgekehrt könnte eine unerwartet lockere US-Politik den Schwellenländern helfen, die Industrieländer zu überflügeln. Gleichzeitig könnten gefährlichere COVID-19-Varianten auftauchen. Die Marktschwankungen, die auf die jüngste Entdeckung der Omikron-Variante folgten, erinnern an die nach wie vor bestehenden Ungewissheiten, auch wenn die bisherigen Anzeichen darauf hindeuten, dass die Symptome der Variante milder ausfallen könnten als befürchtet. Auch die Beziehungen zwischen China und Taiwan gilt es im Auge zu behalten, da sich die Spannungen zwischen den beiden Ländern zuspitzen. In dem sich weiterentwickelnden Anlageumfeld ist in den Schwellenländern vor allem auf die Widerstandsfähigkeit ihrer Volkswirtschaften und Unternehmen zu
achten.

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Freitag, 4. Februar 2022

Bei Immobilienbewertungen rücken ESG-Risiken in den Fokus

 

In Europa entfallen nach Schätzungen der EU-Kommission rund 40 Prozent des Energieverbrauchs auf Gebäude. Deshalb kann der Immobiliensektor durch entsprechende Maßnahmen viel zum Klimaschutz beitragen. Immobilienunternehmen stehen zunehmend in der Pflicht, nachhaltige Kriterien bei Umweltschutz, Sozialstandards und guter Unternehmensführung (ESG) stärker als bisher zu beachten.

Klimawandel ruft bei Immobilien die Politik auf den Plan

Immobilienunternehmen sind schon heute dazu angehalten, für mehr Nachhaltigkeit beim Bau und Betrieb von Gebäuden zu sorgen. Die neue Bundesregierung wird ihre Anstrengungen zum Klimaschutz weiter forcieren. Nach Einschätzung von Benita Schneider, Leiterin des europäischen Immobilien Asset Managements der DWS, kommt zunächst nichts völlig Unerwartetes auf die Branche zu. Denn Nachhaltigkeit bei Immobilien ist schon seit Jahren ein Thema. Was stärker wiegt, ist das gestiegene Bewusstsein, dass der Klimawandel ein gemeinsames und inzwischen vor allem ein rasches Handeln fordert. Das hat über die Jahre vermehrt die Politik auf den Plan gerufen und Forderungen nach einem stärkeren ordnungspolitischen Rahmenwerk vergrößert.

Kühle Luft - Energieverbrauch für die Raumkühlung in Wohn- und Geschäftsgebäuden

Immobilienunternehmen beachten ESG-Risiken stärker als bisher

Langfristig orientierte Anbieter von Immobilienfonds fungieren schon längere Zeit als eine Art Risikomanager, die auch die sogenannten ESG-Risiken ins Kalkül ziehen. Die Nichtbeachtung von ökologischen, sozialen Aspekten sowie Kriterien der Unternehmensführung, birgt zusätzliche Risiken im Investmentprozess.
Da ist zunächst das Carbon Transition Risk, das sich durch die Umstellung einer Gesellschaft auf eine kohlenstoffarme Wirtschaft ergibt. Daneben besteht das Physical Climate Risk. Dabei werden die physischen Auswirkungen des Klimawandels auf einen bestimmten Immobilienstandort betrachtet, beispielsweise bei Gebäuden in Küstennähe oder – ganz aktuell – im Überschwemmungsbereich von Flüssen. Schließlich darf man das Social Norms Risk nicht aus den Augen verlieren. Auch die Immobilienwirtschaft kann sich nicht der sozialen Verantwortung entziehen, die sich aus den geänderten Ansprüchen der Gesellschaft, von Mietern und Investoren in Bezug auf Klimawandel und Nachhaltigkeit ergeben.
Diese Risiken werden im Management von Immobilienfonds bereits heute berücksichtigt, indem festgelegt werde, bei welchen Immobilien Maßnahmen ergriffen werden müssen, um deren CO2-Fußabdruck zu verringern. Schließlich ist eine der Aufgaben eines treuhänderischen Verwalters von Immobilienfondsvermögen, die Objekte auf dem neuesten Stand der Technik zu halten, um deren Attraktivität für die Mieter und deren Werthaltigkeit für die privaten und institutionellen Anleger zu erhalten beziehungsweise im Idealfall zu steigern.

Noch keine verbindlichen Standards

Wohn- und Gewerbeimmobilien gelten wegen ihres hohen Energieverbrauchs als einer der Schlüsselfaktoren, um die Erderwärmung zu begrenzen und die EU bis 2050 kohlenstoffneutral zu stellen. Den einen verbindlichen Standard, die Energieeffizienz im Bestand zu steigern, gibt es nicht, aber viele Wege dorthin. So kann man bei einem Neubau statt einer Gasheizung eine Wärmepumpe oder statt einer Klimaanlage Kühldecken einbauen oder eine sonnenabweisende Fassade planen. Beim Bestand kann man zumindest für die Allgemeinflächen auf Anbieter grüner Energieformen zurückgreifen, oder mit einer extern entwickelten Software an das Gebäudeleitsystem einer Immobilie ankoppeln. Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz können so Ineffizienzen aufgedeckt und die Energieeffizienz des Gebäudebetriebes nachhaltig erhöht werden. Das hilft nicht nur, CO2-Emissionen zu reduzieren, sondern ermöglicht auch Energie- und Kosteneinsparungen in den Gebäuden. Das ist auch für die Mieter ein großes Plus, wenn dadurch die Nebenkosten sinken.
Beim Neuerwerb von Immobilien sollten Fondsgesellschaften die Möglichkeit nutzen, die zuvor erwähnten drei ESG-Risiken im Rahmen des Due Diligence Prozesses zu bewerten und somit zu analysieren, ob ein Objekt bezüglich des Rendite-Risiko-Profils den eigenen Erwartungen und denen ihrer Anleger entspricht.

Neue Firmenzentrale von Atlassian - Ein 180-Meter-hoher-Holzhybridbau

Möglicher Wertverfall durch Umweltauflagen

Zudem besteht die Möglichkeit, anhand des europäischen Carbon Risk Real Estate Monitors (CRREM) zu prüfen, ob und wann ein Wertverfall des Gebäudes infolge strengerer Umweltauflagen droht, wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird. Anhand dieser Indikation und der Kalkulation möglicher Kosten kann der Fondsmanager dann entscheiden, ob ein Objekt für den Kauf in Frage kommt oder nicht.
Die von der EU geforderte Klimaneutralität bezieht sich nicht nur auf die CO2-Emissionen, die durch den Gebäudebetrieb entstehen. Auch Baumaterialien selbst haben unterschiedliche CO2-Fußabdrücke, so stellt sich die Frage, wie sich diese Treibhausgase im Immobilienbaumanagement berücksichtigen lassen. Hier wird in der Praxis zwischen Neubau und Sanierung unterschieden. Bei Sanierungen entsteht CO2 auf unterschiedlichen Wegen, etwa beim Abriss durch Transport und Entsorgung von Schutt oder beim Wiederaufbau durch den Einsatz von Zement. Daher sollte sorgfältig abgewogen und geprüft werden, inwieweit Gebäudesubstanz erhalten werden kann. Zum anderen kann mit alternativen Materialien wie Holz gebaut werden, die CO2 sogar langfristig binden, oder auf Baustoffe zurückgegriffen werden, die mittels CO2-armer Prozesse hergestellt werden.

Die Einbindung von Mietern

Ein wichtiges Instrument, um ESG-Kriterien in „grünen“ Mietverträgen für einen nachhaltigen Gebäudebetrieb zu implementieren, ist die Einbindung von Mietern in Maßnahmen zu mehr Nachhaltigkeit. In vielen Ländern etwa ist der Mieter nicht verpflichtet, Verbrauchsdaten mit dem Vermieter zu teilen. Aber je mehr solcher Daten zur Verfügung stehen, desto besser lässt sich ein Gebäude analysieren. Weitergehende Vereinbarungen lassen sich etwa bezüglich des Einkaufs sogenannter grüner Energie, der Reduzierung von Abfällen oder der Verwendung von umweltschonenden Putzmitteln bei der Reinigung in den verwalteten Immobilien treffen. Um eine nachhaltige Nutzung und Bewirtschaftung der Immobilie zu erreichen ist der Besitzer der Immobilie auf die Kooperation der Mieter angewiesen, dies kann nicht einseitig durchgesetzt werden.

Regelmäßige energetische Überprüfungen

Jede Nutzungsart hat ihre Besonderheiten in Bezug auf Energieverbrauch und Energiemix. Die genaue Erfassung und Auswertung von Daten ist wesentlich, um den Nachhaltigkeitserfolg zu bewerten. Dies wird in der Regel innerhalb eines Immobilienportfolios sichergestellt, indem beispielsweise für jeden Fonds ein Strategie entworfen wird, die das Ziel verfolgt , die CO2-Emissionen und den Energieverbrauch der Fondsimmobilien zu reduzieren. Darin ist aufzuführen, welche Maßnahmen für welche Immobilien eingeleitet und welche weiteren Maßnahmen darüber hinaus noch erforderlich sind. Auch sollten die Bestandsobjekte im regelmäßigen Abstand einiger Jahre einer energetischen Prüfung unterzogen. Im Zentrum dieser Überprüfung steht die Frage: Entspricht die Gebäudetechnik dem aktuellen Stand und was wäre nötig, um die Energieeffizienz des Gebäudes weiter zu verbessern? Neben der damit verbundenen Einsparung von Energie- und anderen Betriebskosten wirkt sich dies auch positiv auf die Gebäudezertifizierung aus, was wiederum ein bestimmtes Maß an Verantwortungsbewusstsein signalisiert, für Nachhaltigkeitsaspekte sensibilisiert und die Wettbewerbsfähigkeit eines Gebäudes erhöht.

Gesundheit und Wohlbefinden in Immobilien

Eine weitere Frage ist, inwieweit sich Zertifizierungen auf die Vermietbarkeit von Gebäuden auswirken. Schon heute sind Zertifizierungen ein gutes Argument, ihre Bedeutung wird weiter zunehmen. Das gelte auch auf Mieterseite, Stichwort „Carbon Transition Risk“ beim Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft. Denn Mieter werden zunehmend energieeffiziente Gebäude nutzen wollen, nicht nur weil deren Betriebskosten niedriger sind, sondern weil sie selbst als Unternehmen ihren Beitrag zum Umweltschutz leisten wollen. Einen immer höheren Stellenwert nimmt auch das Thema Gesundheit und Wohlbefinden in Immobilien ein. Das Installieren von Plasma-Luftreinigungssysteme in den Aufzugskabinen der Fahrstühle sind nur ein Beispiel, um Viren und andere schädliche Partikel zu eliminieren und die Nutzung von Fahrstuhlkapazitäten selbst in Corona-Zeiten wieder auf Normalniveau zu bringen.

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