Freitag, 23. April 2021

Anlagekommentar März 2021 - US-Präsident Joe Biden legt ein hohes Tempo vor und treibt damit die Börsen zu neuen Höchstständen an

 Im Eiltempo nahm das US-Fiskalpaket in Höhe von 1,9 Billionen Dollar zur Bekämpfung der Pandemiefolgen die gesetzlichen Hürden. Neue 1.400 US-Dollar-Schecks für Bürger mit einem Jahresverdienst unter 80.000 US-Dollar und die Verlängerung der zusätzlichen Arbeitslosenunterstützung bis September dürften den Konsum kräftig beflügeln. Zudem enthält das Paket monetäre Hilfsleistungen für Bundesstaaten und Kommunen und Milliardensummen für die Impfkampagne und Teststrategien. Kurz nach der Unterzeichnung kündigte US-Präsident Joe Biden dann seinen Plan an, in den kommenden Jahren zwei Billionen US-Dollar für die Modernisierung der Infrastruktur und die Energiewende investieren zu wollen. Zur Finanzierung dieser Mammutaufgabe sollen die Unternehmenssteuer kräftig erhöht und internationale Gewinne künftig höher besteuert werden.

Entwicklung der Anlagemärkte im März 2021

Obwohl der März 2021 etwas holpriger als erwartet verlief, ist insgesamt die Monatsperformance aber durchaus ansprechend. Zwischenzeitliche Turbulenzen durch milliardenschwere Aktienverkäufe, die durch die Schieflage eines US-Hedgefonds ausgelöst wurden, sorgten zwischenzeitlich für heftige Kursverluste einiger amerikanischer und chinesischer Technologie- und Medientitel.

Der deutsche zyklisch geprägte DAX Index konnte angesichts seines hohen Gewichts an Automobilwerten 8,9 Prozent dazugewinnen. Im Eurostoxx 50 Index sorgen Banken- und Energiewerte für einen Anstieg um 7,8 Prozent. In den USA konnte der industriegewichtete Dow Jones Industrial Average Index erstmals die 33.000 Punkte-Marke überspringen und entwickelte sich besser als der marktbreite S&P 500 Index mit +4,2 Prozent. Dagegen hatten die Technologie- und niedrig kapitalisierten Werte das Nachsehen. Der NASDAQ 100 Index kam nur auf 1,4 Prozent Zuwachs und der deutsche TecDAX Index schloss den März mit 1,5 Prozent Anstieg nur unwesentlich besser ab. Im europäischen Markt konnte sich der britische FTSE 100 Index +3,6 Prozent auch gut behaupten. In Japan gab es dagegen auch nur einen geringen Zuwachs des japanischen NIKKEI 225 Index von nur +0,7 Prozent. Dagegen konnte sich der weltweite MSCI World Index dem positiven Trend mit einem Zugewinn von 6,5 Prozent anschließen.

DAX Entwicklung

Dagegen setzte an den Rohstoffmärkten eine Konsolidierung ein. Von Sorgen eines Nachfrageeinbruchs durch die Verlängerung der europäischen Lockdowns wurde die Marktstimmung belastet und der Ölpreis sank dadurch. Die überraschende OPEC-Entscheidung über einen Verzicht auf Fördermengenerhöhungen sorgte dann für eine Stabilisierung. Der Komplex der Industriemetalle notierte überwiegend schwächer, wobei Kupfer mit einem Preisrückgang von fast 4 Prozent die Liste anführte. Auch bei Gold und Silber ging es bergab und beide setzten ihren Abwärtstrend der Vormonate fort. Ein Ende der Konsolidierungsphase ist derzeit noch nicht absehbar.

Dagegen gab es an den Rentenmärkten keine nennenswerten Veränderungen. Alle wichtigsten Notenbanken der Welt blieben bei ihrer derzeitigen Strategie, so dass weiter keine Zinserhöhungen zur Debatte stehen. Auch das Ansteigen der Inflation bleibt weiter im Sinne der Notenbanken und erfordert derzeit keine geldpolitischen Gegenmaßnahmen. Aus der derzeitigen Sicht bleibt ein nachhaltiger Anstieg der Inflation weiter sehr unwahrscheinlich. Wenn beispielsweise die Inflation in den USA für einen gewissen Zeitraum lediglich auf etwas über 2 Prozent steigt, was der Absicht der Notenbank entspricht, dürfte der Einfluss auf die Börse überschaubar bleiben.

Corona-Impfungen sorgen für Rückenwind an den Aktienmärkten

Im März spiegelten gute Konjunkturindikatoren die Zuversicht wider, mit den fortschreitenden Impferfolgen in China und in den USA die Einschränkungen der Corona-Pandemie bald hinter sich lassen zu können. Dadurch bekamen die Aktienmärkten in Europa und in den USA Rückenwind. Auch das Corona-Hilfspaket der USA in Höhe von 1,9 Billionen US-Dollar wurde von den Marktteilnehmern begrüßt.

Der März 2021 konnte sich sehr erfreulich entwickeln, da die meisten Aktienmärkte mit wenigen Ausnahmen wie China und Hongkong zum Teil deutlich zulegen konnten. Der deutsche Aktienindex DAX erzielte ein Plus von 8,9 Prozent und notierte zum ersten Mal über der markte von 15.000 Punkten. Auch der breit aufgestellte europäische Index Stoxx Europe 600 konnte um 6,1 Prozent zulegen und der US-amerikanische Index S&P 500 stieg um 4,2 Prozent. Dagegen konnte der Hang-Seng-Index aus Hongkong seinen Wert nur um 0,48 Prozent steigern und der weltweite MSCI World Index legte um 6,5 Prozent zu.

Die guten Konjunkturindikatoren sorgten an den Aktienmärkten in Europa und in den USA für Rückenwind. So sprang der deutsche ifo-Geschäftsklima-Index von 92,4 auf 96,6 Punkte, und der Einkaufsmanagerindex für die deutsche Industrie stieg von 60,7 auf 66,6 Punkte, obwohl die deutsche Industrieproduktion im März um -2,5 Prozent gegenüber dem Vormonat zurückging. Beide Indikatoren spiegeln die Zuversicht wider, mit den fortschreitenden Impferfolgen in China und in den USA die Einschränkungen der Corona-Pandemie bald hinter sich lassen zu können. Auch beim deutschen Einkaufsmanagerindex für Dienstleistungen gab es einen Anstieg im März mit 50,08 Punkten und notierte damit zum ersten Mal seit einigen Monaten wieder über der Marke von 50, was eine expandierende Wirtschaft anzeigt.

So fiel auch in den USA die Arbeitslosenquote und das Verbrauchervertrauen stieg an. Der ISM-Einkaufsmanagerindex für die Industrie konnte den höchsten Stand seit drei Jahren erreichen. Vor allem aber begrüßten die Marktteilnehmer Die Verabschiedung eines Corona-Hilfspakets in Höhe von 1,9 Billionen US-Dollar durch den US-Kongress, welches zu einem großen Teil als Helikoptergeld an die US-Amerikaner ausgezahlt wird, sorgte allerdings für die größte Begeisterung bei den Marktteilnehmern. Wenn es nach der Regierung von US-Präsident Joe Biden geht, so soll noch ein weiteres Paket in Höhe von 2 Billionen US-Dollar folgen, um hauptsächlich notwendige Infrastrukturprojekte anzuschieben, beziehungsweise umzusetzen. Für die Gegenfinanzierung dieser Ausgaben ist bereits die erste größere Steueranhebung in den USA seit 1993 im Gespräch, wobei die Unternehmenssteuern von aktuell 21 Prozent auf bis zu 28 Prozent steigen sollen. Auch die US-Notenbank versprüht Optimismus und korrigierte ihre Wachstumsprognose für 2021 von 4,2 auf 6,5 Prozent nach oben.

Auch in China konnten sich die Einkaufsmanagerindizes nach oben entwickeln, vor allem der für Dienstleistungen. So legten Chinas Exporte im Januar und Februar um 61 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu, die Industrieproduktion konnte um 35 Prozent zulegen und der Einzelhandel stieg um 34 Prozent. Für das laufende Jahr 2021 peilt die chinesische Regierung ein Wirtschaftswachstum von 6 Prozent an. Analog zu dieser Entwicklung konnte auch die OECD ihre Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft von 4 auf 5,6 Prozent erhöhen.

Auf der anderen Seite der Medaille beschleunigte sich aber auch die Inflation angesichts der in Schwung kommenden Konjunktur. So stieg diese im Euroraum gegenüber dem Vorjahr von 0,9 auf 1,3 Prozent, wofür allerdings vor allem steigende Energie- und Nahrungsmittelpreise verantwortlich waren. Die Kerninflationsrate (ohne Energie und Nahrung) ging dagegen von 1,1 auf 0,9 Prozent zurück. In den USA gab es eine ähnliche Entwicklung, bei der die Inflationsrate um 30 Basispunkte auf 1,7 Prozent stieg und die Kerninflationsrate um 10 Basispunkte auf 1,3 Prozent sank. In dieser Folge erhöhten die Notenbanken des Euroraums mit der Europäische Zentralbank (EZB) und der USA die Federal Reserve System (Fed) ihre Inflationserwartungen für das aktuelle Gesamtjahr auf 1,5 Prozent beziehungsweise 2,4 Prozent. Angesichts dieser Entwicklungen geriet der US-Rentenmarkt unter Druck und die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen erhöhte sich von 1,40 auf 1,74 Prozent. Dagegen konnten die deutschen Pendants mit -0,29 Prozent um drei Basispunkte niedriger rentierten.

Bei den Rohstoffen gab es gegensätzliche Befürchtungen, welche die Preise für Öl und Gold beeinflussten. So verbilligte sich Öl leicht von 66 auf 64 US-Dollar pro Fass, aus der Sorge heraus, dass die neuen Lockdown-Beschlüsse die Nachfrage beeinträchtigen würden. Auch der Goldpreis fiel von 1.727 auf 1.705 US-Dollar pro Feinunze weiter, vor dem Hintergrund steigender Zinsen und der sich belebenden Konjunktur.

Bei all den Wachstumszahlen, darf man nicht vergessen, dass diese aus dem "herunterfahren" des wirtschaftlichen Lebens durch die Corona-Pandemie resultieren. Es wird hier nur ein Nachholbedarf abgebildet, der sich wieder normalisieren wird. Dies betrifft die Wachstumszahlen, wie auch die Inflationsraten. Die geldpolitischen Probleme, welche bereits vor der Corona-Pandemie vorherrschten, sind bislang noch nicht gelöst und werden irgendwann wieder die Tagesordnung beherrschen.

Ein Blick auf die aktuellen Anlagestrategien

Die Volkswirtschaften in Europa bleiben zwar von andauernden Lockdowns geprägt, in der für die Kapitalmärkte wichtigen US-Wirtschaft zeichnet sich aber der Beginn einer Normalisierung gegen Ende des zweiten Quartals ab. Als Risikofaktor für die Kapitalmärkte ist ein zu erwartender recht deutlicher Anstieg der Inflation in den kommenden Monaten zu nennen, während höhere Anleihe-Renditen als Einflussgröße in aller Regel überschätzt werden. Die Aussicht auf eine Normalisierung der US-Wirtschaft dürfte möglichen negativen Inflationseffekten allerdings entgegenwirken.

So sprechen mittelfristig in einem weiter anhaltenden Nullzinsumfeld die Dividendenrenditen und Ertragsaussichten für Aktien für Erfolg. Aufgrund des aktuellen Wirtschaftsszenarios werden konjunktursensitive Werte und damit auch das Segment kleinerer und mittelgroßer Unternehmen auf Erholungskurs bleiben. Aber auch bei Value-Aktien gibt es weiterhin Potenzial und auch defensive Unternehmen mit einer soliden Dividendenhistorie sollten besser abschneiden als Unternehmensanleihen mit Anlagequalität.

Nach der derzeitigen längeren Phase eines insgesamt positiven Börsentrends sind Gewinnmitnahmen weiter wahrscheinlicher geworden. Ohne signifikante negative Nachrichten sind Korrekturphasen jedoch meist von kurzer Dauer und würden eher weiter Einstiegsmöglichkeiten zum Nachkaufen bieten. Anlagestrategisch sprechen in einem anhaltenden Nullzinsumfeld die Dividendenrenditen und Ertragsaussichten für weiter Aktien. Die Verteilung von Impfstoffen hat sich mittlerweile verbessert, aber die neuen Mutationen des Coronavirus bleiben vermehrt im Fokus. Die aktuelle Datenlage zu den Impfstoffen spricht allerdings derzeit nicht dafür, dass das wirtschaftliche Erholungsszenario gefährdet wäre. Die Wirtschafts- und Börsentrends werden aber auf jeden Fall nicht geradlinig verlaufen.

Trotz einer möglicherweise hohen Marktvolatilität in den kommenden Monaten, sollte man sich als Anleger zunehmend auf eine weitgehende Normalisierung der wirtschaftlichen Aktivität in den kommenden 12-24 Monaten einstellen. Zu berücksichtigen gilt auch, dass sich die relevanten Stellen, wie Regierungen, Gesundheitssysteme, Einzelpersonen und Unternehmen seit Monaten viel dazu gelernt haben, mit der Situation umzugehen. In der aktuellen Phase sind Unternehmen zu bevorzugen, die sich bisher in wirtschaftlich schwierigen Zeiten bewährt haben und eine solide Bilanz aufweisen.

Weiterhin sorgen dennoch Dividendenwerte für gute Erträge und der regionale Fokus im Aktienbereich bleibt weiter auf Europa und den USA gerichtet. Als interessantes langfristiges Thema zur Depotbeimischung kann der Fokus auf eine „Alternde Gesellschaft“ gelegt werden und über unterschiedliche Anlagemöglichkeiten abgebildet werden. Auch globale Immobilienaktienfonds können zur Depotdiversifikation beitragen, denn stabile Dividendenzahlungen durch regelmäßige Mieterträge und die Partizipation an aussichtsreichen Langfristtrends zeichnen diesen Anlagebereich aus. Da die Renditen für Staatsanleihen in Europas Kernländern bei kurzen bis mittelfristigen Laufzeiten oft negativ sind, bleibt das Umfeld für Anleihen-Investoren weiter eine Herausforderung. Auch nach dem die Kreditaufschläge in der letzten Zeit zurückgegangen sind, bleiben die Unternehmensanleihen weiterhin die bessere Ertragsperspektive als die Staatsanleihen. In diesem Umfeld sollten Unternehmensanleihen aus dem gesamten Euroraum weiter den Vorzug bekommen.

Anlagemärkte Entwicklung

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Erläuterungen zu den Berechnungsgrundlagen:
Die Entwicklungen bzw. Endbeträge und Volatilitäten werden auf EUR-Basis berechnet.
Grundlage für die Berechnung der Volatilität: Monatliche Returns, logarithmiert, annualisiert. Eventuelle Ausschüttungen bei Investmentfonds werden wieder angelegt. Die Wertentwicklung basiert auf 100 Prozent des Kapitaleinsatzes, die Wertentwicklungen p.a. und Volatilitäten werden aus dem gesamten der Auswertung zugrundeliegenden Zeitraum (wie angegeben) bestimmt.

Externe Quellen:

  • Kategorie-Durchschnitte: monatliche Berechnung durch EDISOFT GmbH über das Fondsuniversum der FVBS-Datenbank
  • Zinsen (Festgeld, Sparbuch): monatliche Durchschnittswerte der Dt. Bundesbank aus Meldungen deutscher Kreditinstitute
  • Inflation: monatliche Zahlen des Statistischen Bundesamts
  • Goldpreis: offizieller Feinunzen-Preis/London
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Quelle: Bereich "Corona-Impfungen sorgen für Rückenwind an den Aktienmärkten" von DJE Kapital AG

Montag, 19. April 2021

Inflationsgespenst ist wieder da - Wird der Aktienmarkt abgewürgt?

 Das Inflationsgespenst ist zurück und mit ihm die Sorge um die Folgen dieser Entwicklung für die Aktienmärkte. Ob die Befürchtungen berechtigt sind, soll in diesem Beitrag unter die Lupe genommen werden. Denn in den letzten Wochen dominierte das Inflationsgespenst an den Finanzmärkten. Aktienmärkte reagierten mit Verunsicherung. Mit dem Jahreswechsel ergab sich ein sprunghafter Anstieg der Verbraucherpreise in der Eurozone von -0,3 Prozent per Dezember 2020 auf +0,9 Prozent per Januar/Februar 2021. Auch die Kernrate der Verbraucherpreise stieg nach der Anomalie bei 0,20 Prozent während des Zeitraums September bis Dezember 2020 auf jetzt 1,1 Prozent per Februar 2021. Die Betrachtung der Kernrate ist von hervorgehobener Bedeutung, da sie den Preisdruck aus der inneren Volkswirtschaft abbildet.

Für die Notenbanken ist die ansteigende Inflation eine Wunscherfüllung

Positiv ist anzumerken, dass damit das Kalkül der Europäischen Zentralbank (EZB) und der weiteren westlichen Zentralbanken aufgegangen ist, den deflationären Druck, der sich aus der Krise ergab, durch massive Maßnahmen in der Zins- und Geldpolitik in der Wirkung zunächst zu nivellieren und am Ende umzukehren. Die Finanzmärkte befürchteten hinsichtlich der veränderten Situation, dass die westlichen Zentralbanken in zeitlicher Nähe in ihrer Geld- und Zinspolitik umsteuern würden. Entsprechend agierten die Marktteilnehmer an den Kapitalmärkten mit einer Neubewertung bei langfristigen Staatsanleihen. In der Folge legte die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe von -0,50 auf bis zu -0,20 Prozent zu, während es in den USA zu einem markanten Anstieg von 0,50 auf bis zu 1,70 Prozent für 10-jährige Treasuries kam.

deutscher Verbraucherindex 2018 bis 2021

Im Rahmen dieser Neubewertung am Kapitalmarkt waren alle westlichen Zentralbanken bemüht, den internationalen Finanzmärkten zu signalisieren, dass kein abrupter Lastwechsel in der Zins- und Geldpolitik anstünde. Der Anstieg der Preisniveaus über das Jahresende kam für die Zentralbanken und professionelle Analysten nicht überraschend, denn der Anstieg der Preisinflation hat sehr viel mit exogenen Effekten zu tun. Da geht es einmal um Basiseffekte und um Rohstoffpreise. Aus diesem Grund haben westliche Zentralbanken hinsichtlich der Bewertung der Inflation lange im Voraus darauf verwiesen, dass man sich nicht an aktuellen Inflationsspitzen, sondern sowohl an langfristigen Durchschnitten der Preisentwicklung orientieren wird als auch ein temporäres Überschießen der Inflation tolerieren würde. Mithin ergibt sich eine Politik der ruhigen Hand bei den westlichen Zentralbanken bis weit in das Jahr 2022 oder sogar darüber hinaus.

Weltwirtschaft erholt sich trotz Corana-Pandemie weiter

Fakt ist, dass sich die Weltwirtschaft trotz anhaltender Corona-Pandemie erholt. Das gilt vor allen Dingen den industriellen Sektor. Aber auch der Dienstleistungssektor gewinnt global deutlich an Fahrt. Selbst in der Eurozone erreichten uns diesbezüglich jüngst positive Überraschungswerte, beispielsweise bei dem Markit Einkaufsmanagerindex, aber auch bei dem Verbrauchervertrauen der Eurozone. Die Corona-Problematik sollte im Jahresverlauf abnehmen und entsprechend Wachstumskräfte freisetzen. Die geplanten Wirtschaftsprogramme, die global aufgesetzt sind oder noch aufgesetzt werden (US-Infrastrukturprogramm Volumen circa 3 Billionen USD) werden Wachstum auf die nächsten drei bis vier Jahre forcieren. Damit wird das globale Wachstum in den kommenden Jahren überproportional ausfallen. Entsprechend fallen auch die BIP-Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) für die Jahre 2021/2022 mit 5,5 Prozent/4,2 Prozent überdurchschnittlich aus. Eine derartige konjunkturelle Entwicklung wird von zunehmenden Inflationsdruck geprägt sein. Diesbezüglich ist auf jetzt bereits bestehende Engpässen bei Halbleitern und im Stahlsektor verwiesen, die Preisüberwälzungsspielräume eröffnen.

Entscheidend ist die Amplitude des voraussichtlichen Ausschlags. Für die Eurozone ist ein vorübergehender Anstieg auf Größenordnungen um 2,5 Prozent realistisch. Dann sollte es zu einer Anpassung in Richtung 1,5 Prozent - 2,0 Prozent kommen. An dieser Stelle ist ein Exkurs erforderlich, der deutlich macht, dass das Niedrigzinsniveau für westliche Länder und Wirtschaftsräume unverzichtbar ist. Die Krisen seit 2007 haben dafür gesorgt, dass die öffentlichen Haushaltslagen in vielen Ländern prekär sind. Anders ausgedrückt können sich diese Länder oder Wirtschaftsräume kein Marktzinsniveau wie vor 2007 leisten, da der Zinseszinseffekt ansonsten diskretionäre Politikgestaltung mangels finanzieller Mittel vereitelte. Das Risiko von Staatsbankrotten stünde im Raum. Die Finanzmärkte sind gut beraten, davon auszugehen, dass die repressive westliche Zentralbankpolitik nicht aufgegeben wird. Das heißt nicht, dass es auf nominaler Basis nicht zu leicht steigenden Zinsen kommen kann. Die Wirkung einer Zentralbankpolitik in einem Negativ-, Null- oder Niedrigzinsniveau hängt am Realzins. Der Realzins ist der Nominalzins abzüglich des Verbraucherpreises.

Realzinsen im Negativ-, Null- oder Niedrigzinsniveau

Sinkende Realzinsen sorgen für ökonomische Wirkung

An dem Beispiel wird deutlich, dass der Realzins seit Dezember 2020 von -0,20 Prozent auf zuletzt -1,20 Prozent gesunken ist. Der Realzins bei -1,20 Prozent erzielt, sofern dauerhaft verankert, eine deutlich höhere ökonomische Wirkung als ein Realzins bei -0,20 Prozent in einem Niedrigzinsregime. Hinsichtlich der Staatsverschuldung ist ein negativer Realzins Labsal. Die Staatsschulden haben grundsätzlich eine Durchschnittslaufzeit von circa 8 Jahren (Duration). Als Beispiel bietet sich Deutschland an. Vor der Lehman-Krise finanzierte sich Deutschland mit einem Durchschnittszins von 3,8 Prozent. Jetzt liegt der Durchschnittszins faktisch um 0 Prozent. Diese Zahl berücksichtigt Negativzinsen. Der Staat verbucht sie als Einnahmen. Damit sind Negativzinsen in der offiziellen Zinskostenstatistik unberücksichtigt. Inflation entwertet das reale Gesamtvolumen der Schulden (aktuell 2.172 Mrd. EUR). Auch wenn Zinsen steigen, unterläge nur die Neuverschuldung und die zu ersetzende Altverschuldung erhöhter Zinsbelastungen. Liegt der Durchschnittszins, der auf die Staatsschuld zu zahlen ist, unterhalb der Preisinflation, ergibt sich eine reale Entschuldung.

Hinsichtlich der Verschuldungsdynamik liefern die USA das kritischste Bild: US-Notenbankchef Jerome Powell rechnet mit einem Wirtschaftswachstum in Höhe von 6,5 Prozent per 2021. Die Prognose wird in der Grundtendenz quantitativ richtig sein, weil die US-Politik wie kein anderes Land Helikoptergeld in historisch einmaligem Maße verteilt und zusätzlich weitere Programme auf der Agenda hat. Die USA spielen das Modell „pimp my economy“ in einer nie zuvor dagewesenen Form. Lassen wir Zahlen sprechen: 6,5 Prozent Wachstum entspricht einer Größenordnung von 1.352 Mrd. USD. Laut Internationalem Währungsfonds (IWF) wird die öffentliche Neuverschuldung ohne Berücksichtigung des 1,9 Billionen USD Hilfspakets bei 11,8 Prozent des BIP liegen. Das sind 2.454 Mrd. USD. Inkludiert man dieses Programm ist eine Größenordnung von 18 Prozent des BIP realistisch. Das wären 3.744 Mrd. USD. Für einen Output von 1.352 Mrd. USD 3.744 Mrd. USD auszugeben, ist meines Erachtens kein Ausdruck von realer Stärke, sondern von massiver Schwäche struktureller Natur. Wegen dieser massiven US-Verschuldungsdynamik ist die Fortsetzung der alimentierenden Fed-Politik und die Verankerung eines Niedrigzinsregimes für die USA von elementarer Bedeutung.

Ergo argumentiert die Federal Reserve System (Fed): Die Konjunkturerholung sei bei weitem noch nicht abgeschlossen. Die Fed würde die Wirtschaft so lange stützen, wie es nötig sei. Die Federal Reserve System (Fed) rechne mit einem Anziehen der Inflation, doch seien das voraussichtlich nur vorübergehende Effekte. Der Umfang der monatlichen Wertpapierkäufe in Höhe von 120 Mrd. USD würde beibehalten. Das ist das Skript, dem auch die EZB folgen wird. Würde die Europäischen Zentralbank (EZB) sich von dieser US-Repression unabhängig machen, käme es zu einer markanten Aufwertung des Euros. Damit würden deflationäre Impulse gesetzt und die Konkurrenzfähigkeit der Eurozone würde an internationalen Märkten beschädigt. Das will man weder im EZB-Rat noch in süd-, aber auch nordeuropäischen Gefilden.

Fazit

Als Fazit lässt sich ziehen, dass die globale Wirtschaft stark laufen wird, dass es zu weiteren nominalen Anpassungen am Kapitalmarkt unter Schwankungen kommen wird und dass das Niedrigzinsregime mit größtenteils negativen Realzinsen uns noch lange begleiten wird. Ein derartiges Szenario kann Aktienmärkte kurzfristig verschrecken und in Korrekturen zwingen. Es erscheint jedoch ungeeignet, um eine Trendumkehr einzuleiten, denn das BIP-Wachstum als auch die Inflation liefern positive Skaleneffekte in Umsatz und Gewinn für die Unternehmen.

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Quelle: Folker Hellmeyer, Chefanalyst bei Solvecon-Invest

Freitag, 2. April 2021

Die expansive Geldpolitik und die Folgen für die Aktienmärkte

 Im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus ziehen die Regierungen und die Zentralbanken weltweit alle Register. Allerdings ist dies noch mit ungewissem Ausgang. Welches Szenario am wahrscheinlichsten ist und was Anleger bis dahin tun können, soll in in diesem Artikel beleuchtet werden.

Wie Regierungen und Zentralbanken alle Register ziehen

Zwischen Aktienmärkten und Zentralbanken besteht eine besondere Beziehung. Zwar schauen beide auf dieselben Wirtschaftsindikatoren. Indem die Zentralbanken die Zinsen festlegen, nehmen sie im Unterschied zu den Märkten jedoch Einfluss auf die Wirtschaft. Aktien wiederum zeichnen sich im Wesentlichen durch zwei Merkmale aus: Sie preisen erstens zukünftige Unternehmensgewinne und damit Wirtschaftswachstum ein. In extremen Phasen des Konjunkturzyklus weichen Aktienkurse daher von der Konjunkturentwicklung ab. Tatsächlich ist der Aktienmarkt einer der Frühindikatoren, auf die Zentralbanken achten. Zweitens verstärken Aktien die Signale, die den Markt erreichen, was insbesondere die Signale der Zentralbanken gilt.

MSCI im Vergleich mit Fair Value

Merkmale des aktuellen Zyklus

Gegenwärtig sind die Zinsen so niedrig wie nie zuvor. In Europa und Japan sind sie inzwischen unter die Marke von 0 Prozent gefallen, in manchen Fällen sogar bei langen Laufzeiten. Um die Auswirkungen dieses Szenarios beurteilen zu können, hilft ein kurzer Abriss der jüngeren Vergangenheit: Zu Beginn der Achtzigerjahre setzte eine Disinflation ein, die sich nach der Finanzkrise des Jahres 2008 zu einem Deflationsrisiko entwickelte.

Auf die Dotcom-Krise im Jahr 2000 reagierten die Zentralbanken mit Zinssenkungen, die Subprime-Krise im Jahr 2008 veranlasste sie zu unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen. Die Corona-Pandemie indes wird durch eine Kombination aus Haushalts- und Geldpolitik bekämpft. In gewisser Weise kann man dies als letztes Gefecht gegen mit den Regierungen das Wachstum anzukurbeln die Deflation betrachten, in jedem Fall werden Regierungen und Zentralbanken nach Ansicht von Fachleuten alle Register ziehen.

Frühere bedeutende Zyklen haben gezeigt: Um eine positive Entwicklung anzustoßen, müssen die Inflationserwartungen steigen.

Welches Szenario aus Anlegersicht am wahrscheinlichsten ist und die damit verbundenen Risiken

Die aktuelle Krise ist in ihrer Art beispiellos. Sollte die Pandemie zu einem natürlichen Ende kommen, etwa durch ein Medikament oder einen Impfstoff, können wir mit deutlich steigenden Konsumausgaben und einem wirtschaftlichen Aufschwung rechnen. Davon würden sowohl zyklische Aktien, Small Caps und sogar Value-Aktien profitieren, deren Bewertungslücke zu Growth-Aktien zwischenzeitlich ein Rekordniveau erreicht hatte.

MSCI im Vergleich mit Value ompensite Premium

Darüber hinaus haben Regierungen und Zentralbanken ihre Entschlossenheit unter Beweis ge-stellt, die Wirtschaft zu stützen. Falls nötig, dürften sie ihre Konjunkturprogramme nochmals ausbauen. Erneute Volatilitätsausschläge sind möglich. In Anbetracht mangelnder Alternativen dürften Anleger mit langfristigem Horizont diese nutzen, um ihre Aktienpositionen auszubauen.

Fazit zum Thema: Die expansive Geldpolitik und ihre Folgen für die Aktienmärkte

Die Zentralbanken haben nun die Aufgabe, gemeinsam und die Inflationserwartungen zu stärken. Ihre Funktion mag sich wandeln, doch Zentralbanken bleiben die wichtigste Stütze des Anlagezyklus. Solange die Krise anhält, dürften sie für Liquidität sorgen und die Zinsen niedrig halten.

Bei Bedarf könnten sie sogar noch weiter gehen und die Zinsen am langen Ende kappen, wie sie es während des Zweiten Weltkriegs getan haben, um die Kriegsausgaben zu finanzieren. Dieser „Put“ der Zentralbanken sollte einen Absturz der Aktienkurse verhindern, sollten diese pandemiebedingt wieder fallen oder die Märkte nicht länger auf Hilfe der sehr viel langsameren Regierungen warten wollen.

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Quelle: Thomas Kruse, Amundi