Freitag, 15. Januar 2021

Anlagekommentar Dezember 2020 - Das Marktumfeld bleibt positiv – angesichts weiterer Impfstoffneuigkeiten und trotz zweiter Welle

 Während die zweite Welle der Corona-Pandemie über die Welt schwappt, kann in den USA gemessen an den Neuinfektionen und Todesfällen, bereits von einer dritten Welle gesprochen werden. Da stellt sich die Frage: Wird das Jahr 2021 ein „Back to Normal“, ein Zurück zur Normalität bringen? Dies kann im Kampf gegen das Coronavirus mehr als zu hoffen sein. Die beste Nachricht dazu ist, dass bereits Impfstoffe gefunden wurden, die über das nächste Jahr hinweg ausgeliefert werden können. Bei der Konjunktur ist dagegen mehr Skepsis angebracht, zumindest wenn man unter Normalität das Wachstumsniveau von vor dem Ausbruch der Pandemie versteht.

Denn schon vor Beginn der Pandemie war der Konjunkturpfad brüchig. Vom einem weiteren Verlauf ist mehr ein umgekehrtes Wurzelzeichen, was heißt Erholung, aber keine dauerhafte und sofortige Rückkehr auf das vorherige Niveau als eine V-förmige, schnelle Erholung zu erwarten. Der Konjunkturpfad sollte sich entsprechend in den kommenden Monaten abflachen. Unsicherheiten durch die Corona-Pandemie bleiben - trotz massiver geldpolitischer und fiskalischer Gegenmaßnahmen.

Entwicklung der Anlagemärkte
Die Zulassung des Corona-Impfstoffs von BioNTech in den USA, Großbritannien und der EU, die Zulassung der Vakzine von Moderna in den USA und von AstraZeneca in Großbritannien sorgten für den Aufschwung an den weltweiten Aktienmärkten. Dazu rundeten positive politische Nachrichten das Bild ab. So einigte sich die EU auf einen neuen Haushalt, eine Grundsatzeinigung zwischen China und der EU über ein Investitionsabkommen wurde getroffen und sprichwörtlich in letzter Sekunde kam doch noch ein Brexit-Abkommen zwischen der EU und Großbritannien zustande. Dazu gab es starke Konjunkturdaten aus China und eine gute globale Stimmung im Industriesektor gaben der Aufwärtsbewegung ihr makroökonomisches Fundament.

So markierten in den USA die drei großen Börsenindizes S&P 500 Index mit +3,7 Prozent, dem Dow Jones Industrial Average Index mit +3,3 Prozent und dem NASDAQ 100 Index mit +5,1 Prozent neue Rekordstände. Europas Börsen sind in der Monatsbilanz ebenfalls positiv vertreten, allerdings mit einer breiten Streuung der Ergebnisse. So konnte sich der deutsche DAX Index, der kurz vor Jahresschluss mit 13.790 Punkten ein neues Allzeithoch erreichte, mit einem Plus von 3,2 Prozent aus dem Corona-Jahr verabschieden. Portugals Portuguese Stock Index 20 schoss sogar zweistellig in die Höhe, der Eurostoxx 50 Index kam auf +1,7 Prozent und der britische FTSE 100 Index schaffte +3,1 Prozent. Schwächer waren dagegen die Börsenindizes der großen süd-europäischen Länder. So blieb Spaniens IBEX 35 Index unverändert, Frankreichs CAC 40 Index schaffte 0,6 Prozent Zuwachs und Italiens FTSE MIB Index gewann 0,8 Prozent hinzu. Der japanische NIKKEI 225 Index legte immerhin 3,8 Prozent zu, obwohl der japanische Yen deutlich aufwertete. Dies verhalf auch dem MSCI World (EUR) zu einem Zuwachs von 9,7 Prozent.

DAX Entwicklung

An den Rentenmärkten trieb die Sorge vor steigenden Preisen die langfristigen Zinsen nach oben. So beschleunigte der kräftige Fiskalimpuls die Abwertung des Dollars zum Euro, hob die US-Inflationserwartungen über die Zwei-Prozent-Marke und sorgte für einen Renditeanstieg auf 0,91 Prozent für zehnjährige US-Staatsanleihen. In der Eurozone blieb die Rendite der zehnjährigen Anleihe dagegen unverändert, wofür vor allem die Ausweitung des EZB-Anleihekaufprogramms um 500 Mrd. Euro verantwortlich gewesen sein dürfte. Eine positive Wirkung entfaltete das lang ersehnte Fiskalpaket auch auf die Rohstoffpreise, so dass die Notierungen für Gold, Kupfer und Rohöl kräftig zulegten .

Es ist kein struktureller Anstieg der Inflation zu erkennen
Die ausgewiesenen Inflationsraten sind derzeit aufgrund der Verwerfungen in der Wirtschaft teilweise verzerrt. Die Inflationserwartungen befinden sich nach einem starken Rückgang während der Lockdowns nun wieder etwa auf den Vorkrisenniveaus. Die globalen Rahmenbedingungen stützen weiterhin die These einer mittelfristig moderaten Inflation. Zwar ist die Versorgung mit Notenbankgeld überaus reichlich, dem stehen aber, wie schon in den letzten Jahren, ausreichend globale Produktionskapazitäten und Wettbewerbsdruck gegenüber.

Die Steuersenkungen in den USA hatten zwar eine leicht deflationäre Wirkung, wobei ein nachlassender deflationärer Druck noch keinen säkularen Anstieg der Inflation bedeuten würde. Obwohl dies nicht unserer Annahme entspricht, könnte die während der Pandemie aufgestaute Nachfrage das Produktangebot im laufe des Jahres 2021 vorübergehend übersteigen und zu höheren Preisen führen. Die strukturellen Argumente gegen eine niedrige Inflation sind, dass die Kräfte wie Demografie und Globalisierung, die die Inflation in den letzten Jahrzehnten in Schach gehalten haben nicht länger wirken. Alterung bedeutet ein geringeres Wachstum des Arbeitsangebots. Auch die Globalisierung befindet sich auf dem Rückzug. Diese Trends haben sich allerdings bereits vor fast einem Jahrzehnt gewandelt. Wann sie sich, wenn überhaupt, auf die Inflation auswirken, ist nahezu unmöglich vorherzusagen. Alles in allem spricht damit vieles für ein fortgesetztes Tiefinflationsumfeld.

Unternehmensanleihen aus den Schwellenländern bieten ein interessantes Potenzial
Durch die Corona-Pandemie wurde auch die Wirtschaft in den Schwellenländern vor große Herausforderungen gestellt. Dennoch sollte deren wirtschaftliche Erholung und damit auch das Aufholpotenzial von Unternehmensanleihen aus diesem Bereich nicht unterschätzt werden. Die Rendite bei hochverzinslichen Unternehmensanleihen aus den Schwellenländern liegt im Jahresvergleich bei etwas über 2 Prozent (J.P. Morgan Corporate EMBI Broad Diversified High Yield Index). Sie verzeichnen damit zwar ebenfalls eine positive Wertentwicklung, dennoch fällt diese im Vergleich zu anderen Anlageklassen geringer aus. Dabei stehen diese Titel nicht unbedingt schlechter da als die anderer Märkte.

Schwellenländer sind krisenerprobt und flexibel
Es ist zu beobachten, dass Unternehmen aus Schwellenländern im Vergleich zu ihren Pendants in den entwickelten Industrieländern im Umgang mit Rezessionen und politischen Eskalationen relativ erfahren und somit krisenerprobter sind. So handelten viele Unternehmen in Schwellenländern schnell und passten sich mit Kostenprogrammen, Liquiditätsbeschaffung, usw. schnell und gut an die neuen Gegebenheiten an. Beispielsweise erlitt Unigel, ein brasilianischer Petrochemie-Produzent, zwar im zweiten Quartal 2020 einen Einbruch um 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, konnte jedoch den Cash-Bestand durch Priorisierung des Working Capital Managements, unter anderem durch die Schließung von drei Werken sowie dem Wechsel von lokalen auf internationale Lieferanten aufgrund besserer Zahlungsbedingungen aufrechterhalten. Entsprechend senkten die Analysten von J.P. Morgen bereits die Schätzungen der Ausfallraten im hochverzinslichen Segment für das Jahr 2020 von anfangs 4,8 Prozent auf 3,5 Prozent. Für das US-amerikanische Gegenstück wird in diesem Jahr hingegen von den Analysten  J.P. Morgens mit einer Ausfallrate von 6,5 Prozent gerechnet. Zudem wurden aufgrund der mangelnden Aufmerksamkeit der Investoren und fehlender Liquidität auch Unternehmen preislich abgestraft, die fundamental sehr gut aufgestellt und nur wenig von der Corona-Pandemie betroffen waren.

Positive Wirtschaftsentwicklung erwartet
Während die Ökonomen für das Jahr 2020 eine globale Kontraktion des wirtschaftlichen Wachstums von 4-5 Prozent erwarten, liegt die Einschätzung für Schwellenländer mit 3 Prozent darunter. Für das Jahr 2021 wird sogar mit einer deutlichen Erholung in Höhe von ca. 6 Prozent gerechnet. Bereits jetzt befinden sich die Exportvolumen aus Schwellenländern wieder auf einem ähnlichen Niveaus wie vor der Corona-Pandemie. Auch die Preisentwicklung an den Rohstoffmärkten trägt zu einer positiven Einschätzung bei. Nicht nur Edelmetalle, sondern auch viele Basismetalle (Kupfer, Eisenerz usw.) und Agrarprodukte (Sojabohnen, Protein) befinden aktuell auf einem Mehrjahreshoch.

Für viele Schwellenländer sind Rohstoffexporte weiterhin wichtige Wachstumstreiber. So setzten sich zum Beispiel 2019 zwei Drittel aller Exporte Brasiliens aus Rohstoffen zusammen. Die positive Preisdynamik wird sich hier durch die gesamte Wertschöpfungskette bemerkbar machen und das GDP-Wachstum dürfte positiv überraschen. Auch der Ölmarkt dürfte sich 2021 weiter erholen. Bei den aktuellen Ölpreisen von knapp über 40 USD pro Barrel bleibt das Angebot immer noch relativ limitiert, da es sich für viele Fracking-Unternehmen in den USA nicht lohnt, die Produktion in dieser Preislage wieder hochzufahren. In der Folge sank die Anzahl der aktiven US-Bohranlagen gemäß Baker Hughes von 680 im März 2020 auf aktuell ca. 200.

Ein Blick auf die aktuellen Anlagestrategien
Im Herbst 2020 war einiges an Skepsis vorherrschend, ob die von den Distanzierungsregeln stark betroffenen Marktbereiche, insbesondere Reisen und Freizeit, in absehbarer Zeit wieder an den Geschäftsverlauf vor der Corona-Pandemie anknüpfen können. Dies änderte sich im November 2020, da aufgrund der überraschend guten Wirksamkeit von Impfstoffen eine weitgehend Covid-19-freie Wirtschaft absehbar wurde. Obwohl dieses Szenario in den Kursen von Aktien und Unternehmensanleihen mittlerweile zu einem guten Teil eingepreist ist, dürfte auf dem Weg in Richtung wirtschaftlicher Normalität noch Kurspotenzial bestehen. Vor diesem Hintergrund spielen die derzeit in Europa und teilweise auch in den USA verschärften Distanzierungsregeln für die Kapitalmärkte lediglich eine untergeordnete Rolle.

Die Wirtschafts- und Börsentrends werden auf jeden Fall nicht geradlinig verlaufen. Anlagestrategisch sprechen in einem anhaltenden Nullzinsumfeld die Dividendenrenditen und Ertragsaussichten für Aktienanlagen. Die US-Wahlen haben, mit einem vermutlich gespaltenen Kongress, das von den Marktteilnehmern bevorzugte Szenario hervorgebracht. Welche Partei im Senat die Mehrheit hat, wird allerdings erst mit einer Stichwahl im Bundesstaat Georgia am 5. Januar 2021 entschieden. Allerdings kommt der neue Präsident Joe Biden bei der Wirtschaft bisher gut an. Auch die Auswahl der neuen Finanzministerin, der ehemaligen Fed-Chefin Janett Yellen ist an den Kapitalmärkten positiv aufgenommen worden.

Trotz einer möglicherweise hohen Marktvolatilität in den kommenden Monaten, sollte man sich als Anleger zunehmend auf eine weitgehende Normalisierung der wirtschaftlichen Aktivität in den kommenden 12-24 Monaten einstellen. Zu berücksichtigen gilt auch, dass sich die relevanten Stellen, wie Regierungen, Gesundheitssysteme, Einzelpersonen und Unternehmen seit Monaten viel dazu gelernt haben, mit der Situation umzugehen. Daher sollte eine Anlagestrategie defensiv gestaltet sein. Gleichzeitig ergeben sich aber besonders bei Aktien auch Chancen für mittelfristig und langfristig agierende Anleger. In der aktuellen Phase sind Unternehmen zu bevorzugen, die sich bisher in wirtschaftlich schwierigen Zeiten bewährt haben, eine solide Bilanz aufweisen. Stärkere Rückschläge können als Möglichkeit zum Aufbau von neuen Positionen erachten werden, wenn diese in eine längerfristige Anlagestrategie passen.

Weiterhin sorgen dennoch Dividendenwerte für gute Erträge und der regionale Fokus im Aktienbereich bleibt weiter auf Europa und den USA gerichtet. Als interessantes langfristiges Thema zur Depotbeimischung kann der Fokus auf eine „Alternde Gesellschaft“ gelegt werden und über unterschiedliche Anlagemöglichkeiten abgebildet werden. Auch globale Immobilienaktienfonds können zur Depotdiversifikation beitragen, denn stabile Dividendenzahlungen durch regelmäßige Mieterträge und die Partizipation an aussichtsreichen Langfristtrends zeichnen diesen Anlagebereich aus. Da die Renditen für Staatsanleihen in Europas Kernländern bei kurzen bis mittelfristigen Laufzeiten oft negativ sind, bleibt das Umfeld für Anleihen-Investoren weiter eine Herausforderung. Auch nach dem die Kreditaufschläge in der letzten Zeit zurückgegangen sind, bleiben die Unternehmensanleihen weiterhin die bessere Ertragsperspektive als die Staatsanleihen. In diesem Umfeld sollten Unternehmensanleihen aus dem gesamten Euroraum weiter den Vorzug bekommen.

Anlagemärkte Entwicklung

wichtiger Hinweis:
Dieser Bericht dient ausschließlich zu Informationszwecken und die Angaben wurden mit Sorgfalt zusammengestellt. Für die Richtigkeit kann jedoch keine Gewähr übernommen werden. Allein verbindliche Grundlage für den Erwerb von Investmentfondsanteilen sind die jeweiligen Verkaufsprospekte und die jährlichen Rechenschaftsberichte. Diese sind Grundlage für die steuerliche Behandlung der Fondserträge. Die auf Fondsebene anfallenden Kosten (z.B. die Verwaltungsvergütung) wurden berücksichtigt. Die auf Kundenebene anfallenden Kosten (Ausgabeaufschlag und Depotkosten) sind ggfs. nicht berücksichtigt. Bei Fremdwährungen kann die Rendite infolge von Währungsschwankungen steigen oder fallen.

Die Informationen sind unverbindlich und stellen weder eine Anlageempfehlung oder sonstige Beratung, ein Angebot oder eine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder Finanzinstrumenten dar. Sie ersetzen kein persönliches Beratungsgespräch. Eine Anlageentscheidung bedarf der individuellen Abstimmung auf die persönlichen Verhältnisse und Bedürfnisse des Anlegers. Die dargestellten Informationen, Analysen und Prognosen basieren auf dem Wissensstand und der Markteinschätzung zum Zeitpunkt der Erstellung. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Daten sowie das Eintreten von Prognosen wird keine Haftung übernommen. Die frühere Wertentwicklung ist kein verlässlicher Indikator für die künftige Wertentwicklung.

Erläuterungen zu den Berechnungsgrundlagen:
Die Entwicklungen bzw. Endbeträge und Volatilitäten werden auf EUR-Basis berechnet.
Grundlage für die Berechnung der Volatilität: Monatliche Returns, logarithmiert, annualisiert. Eventuelle Ausschüttungen bei Investmentfonds werden wieder angelegt. Die Wertentwicklung basiert auf 100 Prozent des Kapitaleinsatzes, die Wertentwicklungen p.a. und Volatilitäten werden aus dem gesamten der Auswertung zugrundeliegenden Zeitraum (wie angegeben) bestimmt.

Externe Quellen:

  • Kategorie-Durchschnitte: monatliche Berechnung durch EDISOFT GmbH über das Fondsuniversum der FVBS-Datenbank
  • Zinsen (Festgeld, Sparbuch): monatliche Durchschnittswerte der Dt. Bundesbank aus Meldungen deutscher Kreditinstitute
  • Inflation: monatliche Zahlen des Statistischen Bundesamts
  • Goldpreis: offizieller Feinunzen-Preis/London
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Donnerstag, 7. Januar 2021

Anlagekommentar November 2020 - Erfolge bei den Impfstoffen rückten die guten mittelfristigen Aussichten in den Fokus

 Die bedeutsamen Fortschritte bei den Corona-Impfstoffen, der Wahlsieg von Joe Biden bei der US-Präsidentenwahl, dass mögliche Patt-Ergebnis bei den US-Kongresswahlen, sowie der neue Handelsvertrag zwischen 15 asiatisch-pazifischen Ländern und starke chinesische Konjunkturdaten lösten eine kräftige Aufwärtsbewegung an den Aktienmärkten aus. Die Börsen haben vor allem bei der  Erholung zuvor zurück gebliebener Wirtschaftsbereiche profitiert. Damit hat auch die seit längerem im Raum stehende Aufhol-Rallye von "Value-Aktien", wie beispielsweise Finanz- und Energiewerte eingesetzt. Mittelfristig wird das globale Wirtschaftswachstum jedoch verhalten bleiben, womit Wachstumswerte aus strukturellen Gründen sich vergleichsweise gut entwickeln dürften. In der Folge der für das Jahr 2021 erwarteten weiteren wirtschaftlichen Normalisierung, dürfte sich die Growth-Value-Schere etwas schließen.

Entwicklung der Anlagemärkte
Auch wenn die kurzfristige Coronavirus-Situation immer bedrohlicher wirkt, so rücken die Erfolge an der Impffront eher die guten mittelfristigen Aussichten in den Fokus. So zeigten sich die zyklischen Aktienmärkte besonders stark: Der deutsche DAX Index stieg um 15 Prozent, der britische FTSE 100 Index um +12,3 Prozent und der bankenlastige Eurostoxx 50 Index gewann sogar 18,1 Prozent. Japans NIKKEI 225 Index legte 15 Prozent zu und schloss erstmals seit dreißig Jahren über der Marke von 25.000 Punkten. In den USA erreichten sowohl der S&P 500 Index mit +10,8 Prozent als auch der NASDAQ 100 Index mit +11 Prozent neue Allzeithochs. Aus diesen positiven Vorgaben konnte sich auch der MSCI World Index (EUR) um +9,7 Prozent nach oben entwickeln. Die Börsen haben die zweite COVID-19 Welle damit bereits scheinbar abgehandelt und sie richtet nicht das gleiche Börsendesaster an, wie im März 2020. Und da die Börsen stets in die Zukunft blicken, haben diese ihren Blick bereits auf das Jahr 2021 ausgerichtet. Und das sieht aus heutiger Sicht gar nicht so schlecht aus. Allerdings werden die Nachwirkungen der Corona-Pandemie bis weit in das Jahr 2021 ein Thema bleiben. Im Zuge des Pandemieverlaufes haben sich an den Aktienmärkten einige sektorale Umschichtungen ergeben. Wie immer in solchen Situationen gibt es Gewinner und Verlierer und vor allem sind es neue Investment-Themen, die in den Fokus gerückt sind.

DAX Entwicklung

An den Rentenmärkten gab es keine großen Veränderungen zum Vormonat. Dagegen gab es bei den Wechselkursen mehr Dynamik als in den vergangenen Monaten. So mussten Anleger aus der Eurozone, die in den US-Märkten investiert waren, einen Abschlag von fast zweieinhalb Prozent auf der Währungsseite hinnehmen. Die zunehmende Risikobereitschaft und der abnehmende Zinsvorteil der US-Staatsanleihen sorgten für eine kräftige Abwertung der US-Devisenkurse gegenüber den Währungen aller wichtigen US-Handelspartner. Bei den Rohstoffen kam es zu einem gespaltenen Bild. Beim Rohöl kam es zu einer fulminanten Rally - während der Goldpreis abstürzt. Das Gold neigt derzeit deutlich zur Schwäche und die Marke von 2.000 USD ist wohl derzeit kein Thema mehr. Dagegen konnte Kupfer eine deutliche Kurserholung verzeichnen und hinterlässt derzeit einen sehr guten charttechnischen Eindruck. Dies untermauert auch die Annahme, dass sich die globale Wirtschaft grundsätzlich auf einem anhaltenden Erholungskurs befindet. Insgesamt präsentieren sich die Rohstoffmärkte derzeit in einer sehr guten Verfassung.

KI (Künstliche Intelligenz) gilt als Schlüsseltechnologie der Zukunft
Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig und dass Wachstumspotenzial ist enorm. So rechnen Marktforschungsunternehmen wie Tractica mit einer Verzehnfachung der Umsätze bis zum Jahr 2025. Durch immer schnellere Rechenleistungen und besserer Datenqualität durch das Internet der Dinge und 5G ist das Fundament des KI-Zeitalters gelegt. Von Maschinen, die der menschlichen Intelligenz das Wasser reichen können, sind wir allerdings noch weit entfernt. Aber: KI-Anwendungen können heute schon spezielle Probleme anhand vorliegender Daten lösen. Anders als bei regelbasierten Systemen geben Programmierer KI-basierten Prozessen nicht vor, wie diese auf die Anwenderschritte reagieren sollen. Sie definieren stattdessen Algorithmen, die selbstständig lernen, Muster zu finden und Entscheidungen zu treffen. Ein KI-System verfügt weder über Intuition, noch Verstand und muss daher anhand vieler Beispiele über enorme große Datenmengen angelernt werden. Das nennt man auch maschinelles Lernen. KI ist den regelbasierten Systemen insofern überlegen, da es auf neue Situationen reagieren und aus Erfahrungen lernen kann.

Nutzungsbereiche Künstliche Intelligenz (KI)

Vom Cloudgeschäft bis zum autonomes Fahren - US-Tech-Unternehmen sind vorn mit dabei
Den Markt für Hochleistungsprozessoren teilen sich die beiden US-Chipentwickler AMD und NVIDIA. Die US-Holding Alphabet besitzt mit dem KI-Chip TPU2 auch einen Hochleistungsprozessor, der zusammen mit dem US-Halbleiterunternehmen Broadcom entwickelt wurde und stark in der Weiterentwicklung von KI engagiert ist. Zudem ist der Alphabet-Ableger Waymo neben Tesla und dem chinesischen Internetunternehmen Baidu führend in der Entwicklung des autonomen Fahrens. Und: Alphabet ist besonders weit in der KI-basierten Spracherkennung und dem Einsatz von KI im Cloudgeschäft. Den Werkstoff, also die Massen an benötigten Daten, liefern u.a. die sozialen Medien, Suchmaschinen und der Online-Handel. Aber auch chinesische Tech-Unternehmen mischen in dem KI-Markt kräftig mit. Dabei war der FinTech-Bereich mit reinen Online-Bezahlsysteme nur der Anfang. Der Online-Bezahldienst PayPal nutzt KI, um Betrugsversuche im Zahlungssystem aufzudecken, und andere Banken und Finanzdienstleister bewerten so Kreditausfallsrisiken. So will beispielsweise das chinesische Tech-Unternehmen Tencent vor allem in seiner Finanzdienstleistungssparte wachsen und ist neben Alibaba bereits heute führend in der Zahlungsabwicklung.

Auch in der Gesundheits- und Pharmabranche dürfte KI enorme Fortschritte möglich machen. Die Entwicklung neuer Medikamente wird immer aufwändiger: Die Entwicklungskosten verdoppeln sich etwa alle 5 Jahre, und 90 Prozent aller Neuentwicklungen werden gar nicht erst zugelassen. Hier könnte ein entsprechendes KI-System in kürzester Zeit eine Vorauswahl treffen, etwa indem es Millionen von Molekülen auf ihre spezifische Eignung als Medikament gegen eine bestimmte Erkrankung hin analysiert. Schon heute sind KI-Systeme wie IBMs Watson in der medizinischen Diagnostik im Einsatz. Es erkennt und klassifiziert beispielsweise Krebszellen. Watson soll auch etablierte Diagnosearten optimieren und die medizinische Grundlagenforschung wie Genetik und Zellentwicklung beschleunigen. KI bringt auch die Genomforschung rasant voran und hat vor allem das Next-Generation-Sequencing, ein Hochdurchsatzverfahren zur Entschlüsselung der DNA, vorwärts katapultiert. Vor nicht einmal 20 Jahren hat die vollständige Sequenzierung des ersten menschlichen Genoms drei Milliarden Euro verschlungen und 13 Jahre gedauert. Heute entschlüsselt man Genome innerhalb von Tagen.

KI wird auch das autonome Fahren möglich machen. Eine Vielzahl von Kameras sowie Lidar- und Radarsensoren erfassen die Daten der Umgebung, und ein Hochleistungsprozessor im Auto verarbeitet sie in Echtzeit. Damit ist autonomes Fahren auf der Autobahn oder im Stau heute schon möglich, ebenso wie das automatische Einparken. Zwar ist man wahrscheinlich noch Jahrzehnte entfernt vom echten autonomen Fahren, jedoch sind die Grundlagen gelegt. Verkehrsflüsse könnten durch das Zusammenwirken von vernetzten Fahrzeugen, Verkehrsbeobachtungssystemen und der Kommunikation von Navigationssystemen untereinander deutlich optimiert werden. Eine Vielzahl von Unternehmen aus der Old- und New-Economy arbeiten dafür aktuell zusammen: Automobilhersteller wie Daimler, BMW und Tesla, Zulieferer wie Continental und Bosch, Halbleiterhersteller wie NVIDIA und Intel und Technologieriesen wie Alphabet und Apple. Dem Ziel eines autonom fahrenden PKWs sind aktuell Alphabet mit Waymo, Baidu und Tesla wohl am nächsten. Bei den Hochleistungsprozessoren scheinen sich die Systeme NVIDIA und Intel durchzusetzen.

Ein Blick auf die aktuellen Anlagestrategien
Die US-Wahlen haben, mit einem vermutlich gespaltenen Kongress, das von den Marktteilnehmern bevorzugte Szenario hervorgebracht. Welche Partei im Senat die Mehrheit hat, wird allerdings erst mit einer Stichwahl im Bundesstaat Georgia am 5. Januar 2021 entschieden. Viel wichtiger waren im November allerdings die Phase-3 Resultate zu mehreren Impfstoff-Herstellern, welche eine, in einem Ausmaß kaum zu erwartende hohe Wirksamkeit gezeigt haben. Eine Wirksamkeit von über 90 Prozent macht einen entscheidenden Unterschied, ob Covid-19 nur bis zu einem gewissen Maß eingedämmt oder aus dem Alltagleben weitgehend eliminiert werden kann.

Vor diesem Hintergrund sind die derzeit in Europa und teilweise auch in den USA verschärften Distanzierungsregeln und Teil-Lockdowns für die Kapitalmärkte nur noch am Rande von Bedeutung, da sich die Aussichten auf eine weitgehende Normalisierung des Wirtschaftsgeschehens deutlich verbessert haben. Geradlinig werden die Wirtschafts- und Börsentrends jedoch nicht verlaufen. Die Konjunkturdaten liegen zwar meist über den Erwartungen, es setzt sich aber vermehrt die an sich bekannte Einsicht durch, dass sich die nach wie vor schwachen Branchen, wie Reisen, Gastgewerbe und Events erst erholen, wenn Impfstoffe breit verfügbar werden, was noch einige Monate nicht der Fall sein wird.

Trotz einer möglicherweise hohen Marktvolatilität in den kommenden Monaten, sollte man sich als Anleger zunehmend auf eine weitgehende Normalisierung der wirtschaftlichen Aktivität in den kommenden 12-24 Monaten einstellen. Zu berücksichtigen gilt auch, dass sich die relevanten Stellen, wie Regierungen, Gesundheitssysteme, Einzelpersonen und Unternehmen seit Monaten viel dazu gelernt haben, mit der Situation umzugehen. Daher sollte eine Anlagestrategie defensiv gestaltet sein. Gleichzeitig ergeben sich aber besonders bei Aktien auch Chancen für mittelfristig und langfristig agierende Anleger. In der aktuellen Phase sind Unternehmen zu bevorzugen, die sich bisher in wirtschaftlich schwierigen Zeiten bewährt haben, eine solide Bilanz aufweisen. Stärkere Rückschläge können als Möglichkeit zum Aufbau von neuen Positionen erachten werden, wenn diese in eine längerfristige Anlagestrategie passen.

Weiterhin sorgen dennoch Dividendenwerte für gute Erträge und der regionale Fokus im Aktienbereich bleibt weiter auf Europa und den USA gerichtet. Als interessantes langfristiges Thema zur Depotbeimischung kann der Fokus auf eine „Alternde Gesellschaft“ gelegt werden und über unterschiedliche Anlagemöglichkeiten abgebildet werden. Auch globale Immobilienaktienfonds können zur Depotdiversifikation beitragen, denn stabile Dividendenzahlungen durch regelmäßige Mieterträge und die Partizipation an aussichtsreichen Langfristtrends zeichnen diesen Anlagebereich aus. Da die Renditen für Staatsanleihen in Europas Kernländern bei kurzen bis mittelfristigen Laufzeiten oft negativ sind, bleibt das Umfeld für Anleihen-Investoren weiter eine Herausforderung. Auch nach dem die Kreditaufschläge in der letzten Zeit zurückgegangen sind, bleiben die Unternehmensanleihen weiterhin die bessere Ertragsperspektive als die Staatsanleihen. In diesem Umfeld sollten Unternehmensanleihen aus dem gesamten Euroraum weiter den Vorzug bekommen.

Anlagemärkte Entwicklung

wichtiger Hinweis:
Dieser Bericht dient ausschließlich zu Informationszwecken und die Angaben wurden mit Sorgfalt zusammengestellt. Für die Richtigkeit kann jedoch keine Gewähr übernommen werden. Allein verbindliche Grundlage für den Erwerb von Investmentfondsanteilen sind die jeweiligen Verkaufsprospekte und die jährlichen Rechenschaftsberichte. Diese sind Grundlage für die steuerliche Behandlung der Fondserträge. Die auf Fondsebene anfallenden Kosten (z.B. die Verwaltungsvergütung) wurden berücksichtigt. Die auf Kundenebene anfallenden Kosten (Ausgabeaufschlag und Depotkosten) sind ggfs. nicht berücksichtigt. Bei Fremdwährungen kann die Rendite infolge von Währungsschwankungen steigen oder fallen.

Die Informationen sind unverbindlich und stellen weder eine Anlageempfehlung oder sonstige Beratung, ein Angebot oder eine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder Finanzinstrumenten dar. Sie ersetzen kein persönliches Beratungsgespräch. Eine Anlageentscheidung bedarf der individuellen Abstimmung auf die persönlichen Verhältnisse und Bedürfnisse des Anlegers. Die dargestellten Informationen, Analysen und Prognosen basieren auf dem Wissensstand und der Markteinschätzung zum Zeitpunkt der Erstellung. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Daten sowie das Eintreten von Prognosen wird keine Haftung übernommen. Die frühere Wertentwicklung ist kein verlässlicher Indikator für die künftige Wertentwicklung.

Erläuterungen zu den Berechnungsgrundlagen:
Die Entwicklungen bzw. Endbeträge und Volatilitäten werden auf EUR-Basis berechnet.
Grundlage für die Berechnung der Volatilität: Monatliche Returns, logarithmiert, annualisiert. Eventuelle Ausschüttungen bei Investmentfonds werden wieder angelegt. Die Wertentwicklung basiert auf 100 Prozent des Kapitaleinsatzes, die Wertentwicklungen p.a. und Volatilitäten werden aus dem gesamten der Auswertung zugrundeliegenden Zeitraum (wie angegeben) bestimmt.

Externe Quellen:

  • Kategorie-Durchschnitte: monatliche Berechnung durch EDISOFT GmbH über das Fondsuniversum der FVBS-Datenbank
  • Zinsen (Festgeld, Sparbuch): monatliche Durchschnittswerte der Dt. Bundesbank aus Meldungen deutscher Kreditinstitute
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Montag, 4. Januar 2021

US-Wahl-Ausgang: Bidenomics voraus - Sehen die Märkte blau?

 Das amerikanische Volk hat mit einer beeindruckenden Wahlbeteiligung einen neuen Präsidenten und ein neues Parlament gewählt. Die derzeitigen Rückzugsgefechte des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump dürften die Märkte allerdings noch einige Zeit in Atem halten. Von den Plänen seines Nachfolgers Joe Biden werden sich langfristig die Börsen aber kaum beirren lassen. Zumal der Demokrat für seine Politik erst Mehrheiten finden muss.

Oops, he did it again?
Nicht wirklich, aber zumindest ist es Donald Trump gelungen, die Demoskopen nach 2016 erneut Lügen zu strafen, indem er „schockierend stark“ (DIE ZEIT) aus dem Rennen um die US-Präsidentschaftswahl hervorgegangen ist. Entgegen den Prognosen deutete lange alles auf eine Pattsituation hin, die noch Gerichte beschäftigen und Stimmennachzählungen bedeuten könnte. Damit war exakt das eingetreten, was die Märkte am meisten fürchten: Unsicherheit. Und der S&P 500? Drehte ins Plus.

Stellt sich die Frage: Was war da los?
Die Antwort: Die Märkte waren mit dieser Wette auf die Zukunft ihrer Zeit mal wieder ein gutes Stück voraus. Während Trump noch seinen Sieg verkündete, hatten sie bereits erkannt, dass Joe Biden genug Wahlmänner für den Einzug ins Weiße Haus zusammenbekommen, seine Demokratische Partei aber nicht die Kontrolle über den Senat würde übernehmen können. Dieses Divided-Government-Szenario aus einem Präsidenten, der schnell eine Stimulus Bill für die notleidende Wirtschaft verabschieden will, und einem Senat, der die Pläne Joe Bidens für höhere Steuern einengen dürfte, gilt unter Beobachtern als sogenannter Sweet Spot für die Märkte, als wirksamste Konstellation, um eben diese Steuererhöhungen zu verhindern und das nächste Hilfspaket auf den Weg zu bringen.

Vorläufige Anzahl der gewonnenen Wahlmänner und Wahlfrauen in der US-Wahl 2020

Daran zeigt sich, wie pragmatisch die Märkte auf politische Veränderungen reagieren. Die beispiellose Machtfülle der US-Präsidenten könnte zwar vermuten lassen, ein Wechsel an der Spitze der größten Volkswirtschaft der Erde sei maßgeblich für ihre langfristige Entwicklung. Der Wahlkampf hat sein Übriges getan, diesen Eindruck noch zu verstärken. Immer wieder hat die Kampagne Donald Trumps vor dem „Sozialisten“ Joe Biden gewarnt, der die USA durch höhere Steuern, wachsende Staatsausgaben und schärfere Regulierung in den Abgrund führen werde. Für nicht wenige Republikaner an der Wall Street steht der Demokrat denn auch unverändert für eine feindliche Übernahme durch die radikale Linke.

Wie überzeichnet dieses Bild ist, zeigt jedoch schon der Blick des linken Flügels der Demokratischen Partei auf den 77-Jährigen: Ihm wiederum gilt Joe Biden als schwache Figur, deren ohnehin wenig ambitionierten Pläne von einem widerspenstigen Kongress und konservativen Richtern vereitelt werden dürften. Tatsächlich hat Joe Biden unter anderem angekündigt, den Unternehmenssteuersatz von aktuell 21% wieder auf 28% anheben und die Wirtschaft stärker regulieren zu wollen. Gelänge ihm das, könnten die Gewinne je Aktie im S&P 500 laut Schätzungen der Investmentbank Goldman Sachs kommendes Jahr um rund 20 US-Dollar sinken. Wohl-gemerkt: könnten.

Denn die Erfahrung lehrt etwas anderes
„Die Partei an der Macht hat nur wenig Einfluss auf die Wirtschaft und Gewinner und Verlierer einer Erholung“, sagte der New Yorker Analyst Christopher Marangi zur Nachrichtenagentur Reuters. Philipp Vorndran nennt im Gespräch mit Netfonds-Vorstand Peer Reichelt das Kind beim Namen: „Den Märkten ist eigentlich egal, wer US-Präsident wird“, so der Kapitalmarktstratege von Flossbach von Storch. Neu ist diese Erkenntnis nicht, im Gegenteil, gehört doch die Börsenweisheit, wonach politische Börsen kurze Beine haben, zu den ältesten überhaupt.

„Die vergangenen Jahrzehnte haben den Anlegern zur Genüge Anschauungsmaterial gegeben, dass es grundsätzlich ratsam ist, als Investor politische Risiken deutlich tiefer zu hängen, als die Schlagzeilen vermuten lassen“, stellte Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege von J.P. Morgan Asset Management schon 2018 fest. Selbst wenn Tilmann Galler damals Griechenland, Nordkorea, die Ukraine oder Syrien im Sinn hatte, gilt seine Beobachtung auch für mit Unsicherheit behaftete US-Präsidentschaftswahlen: „Trotz dieser Krisen haben die Aktienmärkte nach einer jeweils kurzen Phase der Verunsicherung ihre Aufwärtsbewegung fortgesetzt“. Bleibt die Frage, wie kurz diese Phasen beziehungsweise die Beine letztlich ausfallen. Wie konkret der S&P 500 sich im Umfeld vergangener US-Wahlen verhalten hat, zeigt der folgende Chart von GAM Investment Management.

Wie wirken US-Wahlen auf die amerikaniche Börse

Demzufolge hat sich der Index meist kurz geschüttelt, um seinen Kurs bald unbeirrt fortzusetzen. Selbst die Hängepartie zwischen George W. Bush und Al Gore im Jahr 2000 konnte ihn nicht nachhaltig verunsichern, allein zur Finanzkrise 2008 fiel der Verlauf aus dem Rahmen. Und 2020 ist nicht 2008: Heute werden die Kurse stetig angeschoben von einer enormen Menge Liquidität, unentwegt in den Markt gepumpt von der Federal Reserve System (Fed).

Viel wichtiger als jedes Parteiprogramm ist angesichts der epochalen Krise, die das Land durch Covid-19 meistern muss, ohnehin der Kampf gegen die Seuche. Der weitere Verlauf an den Märkten wird stark davon abhängen, wie schnell der neue Präsident die nächste Stimulus Bill verabschieden und zugleich wirksame Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus durchsetzen kann. Und selbst, wenn die Pandemie einmal eingegrenzt ist, dürfte es der Biden-Administration schwerfallen, Steuererhöhungen umzusetzen, die das zarte Pflänzchen Wachstum womöglich komplett abwürgen.

Trotz angekündigter Änderungen sorgen Wechselwirkungen auch positiv auf bestehende Wirtschaftszweige
Wie wenig herkömmliche Kategorien aktuell greifen, offenbart das Beispiel der Ölindustrie. Seit Biden in Aussicht gestellt hat, die Klimapolitik im Rahmen eines Green New Deal auf erneuerbare Energien auszurichten, gilt sie als logischer Verlierer des Machtwechsels. Von einer weiteren staatlichen Geldspritze für die US-Wirtschaft dürfte jedoch gerade sie durch die allgemeine Konjunkturbelebung mit am stärksten profitieren. Selbst die Waffenindustrie, wegen der Rufe der Demokraten nach schärferen Waffengesetzen ebenfalls erbitterter Gegner des Biden-Lagers, verdient: Jeder Vorstoß für eine Verschärfung treibt die Waffenverkäufe zuverlässig in die Höhe, weil sich viele vor dem möglichen Aus noch einmal eindecken wollen.

Da es für Biden schwer wird, die Unternehmenssteuern heraufzusetzen und von Donald Trump deregulierte Bereiche wieder strengeren Regeln zu unterwerfen, dürften vor allem Technologie- und Finanzbranche sowie das Gesundheitswesen erleichtert reagieren. Auch sonst spricht Bidens Sieg weniger für gesamtwirtschaftliche Auswirkungen, als vielmehr für eine Sektorrotation. Seine Pläne für einen Green New Deal, also Investitionen in saubere Energien und grüne Infrastruktur, würden Investitionsströme weg von fossilen Brennstoffen, hin zu erneuerbaren Energieträgern lenken. Ein höheres Haushaltsdefizit könnte die Anleiherenditen steigen lassen, maßgeblich sollte hier allerdings weiterhin die Federal Reserve System (Fed) bleiben.

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